YACHT-Redaktion
· 21.01.2023
YACHT-Woche – Der Rückblick
Liebe Leserinnen und Leser,
die Zeit des Wartens ist vorbei. Das Ocean Race läuft – und wie!
Da ist sie wieder, diese ansteckende Leidenschaft der Protagonisten für ihren Meeresmarathon. Ein großer Wettbewerb zur See, der uns in seinen Bann zieht. Tag für Tag mehr. Der Blick auf den Tracker noch vor dem ersten Kaffee am Morgen, der schnelle Check der über Nacht eingegangenen Nachrichten. Wer führt? Geht es allen gut? Was hat sich getan? Was kommt?
Eine Woche lang haben wir die Teams vor dem Start in Alicante begleitet, Interviews geführt und die Hightech-Geschosse der jüngsten Imoca-Generation studiert. Als Reporter vor Ort haben wir für Sie und Euch Stimmen und Stimmungen eingefangen und dabei besondere Menschen und Momente erlebt.
Was mich vor langer Zeit per Zufall als Sportjournalistin von anderen Sportarten zum Segelsport wechseln und so gern hat bleiben lassen, ist weiter gültig: Regattasegler – Frauen wie Männer – sind intelligente, hochinteressante und offene Persönlichkeiten. Das Ocean Race beweist es mit seiner Magie und beherzten Mannschaften trotz kleiner Flotte einmal mehr.
Ich bin nicht sicher, ob ein Lewis Hamilton oder ein Max Verstappen mich mal so eben ihre Formel-1-Boliden fahren lassen würden. Paul Meilhat hat mir die Pinne seiner „Biotherm“ zwei Tage vor dem Ocean-Race-Start einfach in die Hand gedrückt. Ihm war sicher nicht klar, wie mutig das gewesen ist. Ich bin im Gegensatz zu allen meinen YACHT-Kollegen keine erfahrene Seglerin, sondern Sportreporterin. Die Chance zum Steuern von „Biotherm“ habe ich trotzdem ergriffen. Einfach tapfer genickt, als er fragte, ob ich wüsste, was ich tue. Dem Raketenstart des für mich hübschesten Imoca im Ocean-Race-Feld konnte man zwei Tage später entnehmen, dass ich das Boot nicht versenkt, sondern zu Pauls Zufriedenheit auf Kurs gehalten habe.
Das Steuern hat mir Spaß gemacht. Es fühlte sich erstaunlich direkt an, wenn man bedenkt, dass diese Foiler im Ocean Race zu 99 Prozent von Autopiloten gesteuert werden, weil „Superhirne“ es mit Blick auf die einzubeziehenden Datenfluten einfach besser können als die besten Steuermänner oder Steuerfrauen der Welt.
Dass ich mich danach auf „Biotherm“ noch freiwillig zum Grinden gemeldet habe, war natürlich ein Fehler. Nach ein paar Minuten schaute mich Anthony Marchand sehr mitleidig an. Sein Angebot, an der Kurbel zu übernehmen, habe ich dankbar angenommen. Was mir einen Verschnaufplatz in der Cockpitecke bescherte. Von dort aus konnte ich mich in der nach hinten offenen, aber nur 1,45 Meter hohen Cockpit-Kapsel aus einem Meter Entfernung davon überzeugen, wie spielerisch leicht kurze Zeit später Imoca-Ikone Sam Davies und Class-40-Solistin Amélie Grassi die Kurbeln am Grinder fliegen ließen.
Samantha Davies wird Team Biotherm neben Paralympics-Sieger und Vendée-Globe-Skipper Damien Seguin und Allrounder Marchand auf der Königsetappe verstärken. Der mit 12.750 Seemeilen historisch längste Abschnitt wird das Feld über einen Monat nonstop von Kapstadt vorbei an den drei großen Kaps durchs Südmeer ins brasilianische Itajaí führen.
Weil „Biotherm“ der jüngste Neubau der Flotte ist und erst im September fertig wurde, hat Paul Meilhat seine Crew aus gestandenen Solisten zusammengesetzt. „Die sind alle autonom, waren schon allein im Southern Ocean“, erklärt Paul Meilhat seine smarte Strategie, die ohne Teambuilding-Prozess auskommen musste.
Sam Davies kennt „Biotherm“ nicht länger als ich. Wir sind zwei Tage vor dem Ocean-Race-Start gleichzeitig erstmals aufs Boot gestiegen. Die in Frankreich lebende Britin wird Meilhat, mit dem sie schon ein Transat Jacques Vabre gemeinsam bestritt, eine wertvolle Stütze sein. Sie könnte das Geschoss auch allein bändigen.
Ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt im Guyot Environnement – Team Europe ist mit Annie Lush ebenfalls eine Frau. Die Mannschaft um den französischen Co-Skipper Ben Dutreux und den Berliner Co-Skipper Robert Stanjek segelt die mehrfach modifizierte Ex-„Hugo Boss“, mit der Alex Thomson bei der Vendée Globe 2016/2017 Zweiter wurde. Es ist ein gutes Boot, dem auch Boris Herrmann Siegchancen einräumt.
„Guyot“ unterscheidet sich schon durch die Kohlefaserschwärze an und unter Deck vom hellen Neubau „Biotherm“. Ich stelle es mir schwer vor, diese Dunkelheit über vier Wochen im Southern Ocean zu ertragen. Doch eine weiße Lackierung, sagt mir „Robse” Stanjek im Trainingsrennen, würde der bewährten Rennyacht zu viele zusätzliche Kilos bescheren.
Auch dieses Cockpit hat keine Stehhöhe wie Boris Herrmanns in dieser Hinsicht sehr komfortables Deckshaus, in dem sogar ich bei 1,80 Meter Größe im Stehen noch Luft nach oben habe. „Guyots“ Herzkammer kann nur gebückt durchquert werden. Ich mache mich im Rennen einmal nicht krumm genug, übersehe eine Verstärkung im schwarzen Dach, schlage mir den Kopf so heftig daran, dass ich für ein paar Tage zum Einhorn werde.
Dass die „Guyot“-Crew schon länger zusammen trainiert, zeigen die Manöverabläufe um den ruhig und besonnen steuernden Stanjek gut. Auch wenn an diesem Tag neben der Stamm-Crew mit Ben Dutreux, Robert Stanjek, Annie Lush und der spanischen Olympiasiegerin Tamara Echegoyen mit Anne-Claire Le Berre noch eine weitere Ex-Olympionikin und Imoca-Kennerin erstmals zum Team stößt und viel getestet wird.
Als alle drei Frauen eine Weile ruhig im Cockpit zusammenarbeiten, wird glasklar, welches Geschenk die Imocas dem Rennen neben ihren vielen attraktiven Attributen für die Zukunft noch machen: Im Gegensatz zu den physisch teilweise extrem fordernden VO65-Yachten, lassen Imocas Seglerinnen zu ebenbürtigen Mitspielern der Männer auf ganzer Linie werden. Später an Land sagt ein Fan zu Tamara Echegoyen, die den Sieg mit „Mapfre“ im letzten Rennen um die Welt nur knapp verpasst hatte: „Du musst nächstes Mal ein eigenes Team ins Ocean Race führen.“ Tamara lacht und nickt.
Die Frauen im 14. Ocean Race sind ehrgeizig – und ehrlich. Abby Ehler, mit drei Weltumsegelungen erfahrenste aller Seglerinnen bei dieser Auflage, scheut sich nicht zuzugeben, dass sie zuerst gezögert hat, das Angebot des Schweizer Teams Holcim – PRB anzunehmen. „Ich hatte zuerst Angst vor den Geschwindigkeiten und der Beschleunigung dieser Boote, aber Kevin hat mich überredet. Das kann er gut. Wir nennen ihn bei uns im Team den ‚positiven Kevin‘. Für mich ist das jetzt die nächste Stufe meiner persönlichen Herausforderung“, sagt Abby. Und auch das: „Ich liebe dieses Rennen, und es hätte mich unglücklich gemacht, wenn ich nicht dabei gewesen wäre.“ Die Königsetappe überlässt die Britin aber voraussichtlich lieber der furchtlosen Strander Senkrechtstarterin Susann Beucke, die der erhofften Premiere auf Etappe drei entgegenfiebert. Wir freuen uns mit ihr darauf!
Die Vorstartwoche in Alicante steckte auch voller charmanter kleiner Begegnungen. Ich habe im Zeltcamp von Team Malizia an einem der langen Holztische Papierschiffe mit Boris aufgeweckter Tochter Malou gefaltet. Das Erste sollte „Papa“ heißen. Dass Team Malizia sich nicht allein als Rennstall mit Klimamission, sondern auch als große Familie versteht, wird täglich bei den gemeinsamen Essen gelebt, die der französische Team-Koch Thibaut im mobilen Küchenwagen nebenan fröhlich zubereitet. Aktuell können Boris und sein Team das nicht genießen. Es gibt an Bord Gefriergetrocknetes aus der Tüte. Darum beneide ich die Segler nicht.
Wohl aber um ihr großes Abenteuer und den laufenden Wettbewerb – mögen die Imocas heil bleiben, die Segler gesund, die Nachrichten von See freundlich und das beste Team gewinnen. Und nicht vergessen: Abgerechnet wird im Ziel!
Auf bald und eine gute Woche für Sie und Euch
Tatjana Pokorny, YACHT-Sportexpertin
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