Kristina Müller
· 16.12.2022
Kirsten Neuschäfer fällt auf unter den Skippern des Golden Globe Race – und das nicht nur, weil sie die einzige Frau ist. Schnell ist sie auf ihrem Schiff, pflügt an Platz zwei durch den Indischen Ozean Richtung Tasmanien, hat den havarierten Tapio Lehtinen aus Seenot gerettet
Neuschäfer segelt eines der schnellsten, aber auch seetüchtigsten und am besten präparierten Schiffe – eine Cape George 36 von 1988. Die 39-Jährige ist ehrgeizig und musste erst lernen, ihren Ehrgeiz dem Rhythmus des Rennens anzupassen. Die Enttäuschung war ihr anzusehen, als sie beim ersten Medienstopp vor Lanzarote erfuhr, dass sie an Position sechs lag. Weitaus entspannter wirkte sie schon, als sie Kapstadt erreichte – und das nicht nur, weil sie sich bereits weit an die Spitze vorgearbeitet hatte.
„Ich genieße das Rennen jetzt viel mehr“, sagte Neuschäfer da. Hochseesegeln ist ihre Passion und ihr Beruf, ihre Vorbereitung war intensiv. Schon vor dem Start haben wir mit der sympathischen Seglerin über ihre Ziele für die Nonstop-Solo-Regatta um die Welt gesprochen.
Kirsten Neuschäfer: Definitiv! Ich bin als 22-Jährige schon mit dem Fahrrad von Deutschland durch ganz Afrika bis zum Kap Agulhas gefahren, das war ein großes Abenteuer. Aber da hätte ich auch jederzeit anhalten und eine Pause einlegen können. Das wird beim Golden Globe Race nicht möglich sein.
Während des Rennens von 2018 bis 2019 habe ich an Bord der „Pelagic Australis“ von Skip Novak gearbeitet. Wir sind Törns nach Südgeorgien, auf die Antarktische Halbinsel, nach Patagonien und zu den Falkland-Inseln gesegelt und haben die dramatischen Geschehnisse des Rennens so gut es ging verfolgt. Ich mag Einhandsegeln und das Segeln im Southern Ocean – daher hat es mich gepackt.
Ich beschäftige mich intensiv mit dem Thema Sturm und Schwerwettersegeln. Und ich präpariere mein Schiff so gut wie möglich dafür.
Es bekommt ein neues Rigg mit einem stärkeren Mast und einen neuen, stabileren Bugspriet. Ich arbeite mit einem Bootsbauer zusammen, und wir verstärken alles am Schiff, so gut es geht. Außerdem wird das Holzdeck überholt und vieles mehr. Mit einem anderen Bootstyp hätte ich mir vielleicht viel Arbeit ersparen können, aber ich wollte unbedingt diesen: Er gilt als schnell und seetüchtig.
Mit der „Pelagic Australis“ war ich oft in der stürmischen Drake-Passage, das wird von großem Nutzen sein. Auf sich gestellt zu sein und improvisieren zu müssen, das kenne ich. Außerdem habe ich auf vielen Überführungstörns neuer Schiffe gelernt, wie man Verschleiß vermeidet. Das ist sehr hilfreich.
So viel wie möglich segeln! Ich brauche auch noch 2.000 Seemeilen auf dem Schiff für die Qualifikation, aber die kommen allein auf der Überführung nach Frankreich zusammen, wo das Rennen starten wird.
Gewinnen! Ich habe mich zwar mit dem Sieger des letzten Rennens, Jean-Luc Van den Heede, ausgetauscht, und er ist der Meinung, dass mein Boot nicht gewinnen kann, da es zu schwer sei. Aber ich bin anderer Meinung. Ich werde auf jeden Fall mein Bestes geben. Das Geheimnis wird sein, die Balance zwischen schnellem und schonendem Segeln zu finden. Auf jeden Fall wird es eine sehr große Sache!