Kristina Müller
· 09.11.2022
Nun geht es Schlag auf Schlag. Nachdem die Boote im Golden Globe Race wochenlang nur kleine bunte Punkte im Race-Tracker waren, taucht nun eines nach dem anderen in der Bucht vor Kapstadt auf. Und das zum Teil unmittelbar hintereinander, wie in der vergangenen Nacht Kirsten Neuschäfer und Tapio Lehtinen. Die Positionslichter von Neuschäfers Cape George 36 waren noch nicht wieder in der Dunkelheit verschwunden, als der Finne mit seiner Gaia 36 etwa eine Stunde später als Dritter über die Zwischenziellinie segelte.
Beide verlassen den Südatlantik damit etwa eineinhalb Tage später als der führende Simon Curwen, der am Wochenende den obligatorischen Zwischenstopp absolvierte.
Lange war unklar, ob Neuschäfer oder Lehtinen zuerst in der Granger Bay vor Kapstadt auftauchen würde, wo ein GGR-Team jeden Skipper zum Interview in Empfang nimmt. Alle müssen die Vorsegel bergen, ein Reff ins Groß binden und sich 20 Minuten den Fragen stellen. Sie erhalten allerdings auch Infos über ihre Position in der Regatta und über ihre Konkurrenten. Schließlich war es die 39-Jährige, die die Gewässer vor ihrer Heimatstadt ohne GPS an Bord als Erste ansteuerte.
Gefragt, wie es ihr gehe, sagte Neuschäfer schlicht „I am happy“ – und wirkte weitaus euphorischer als noch beim Stopp vor Lanzarote, wo sie enttäuscht über ihre damals sechste Position im Feld war. Nun habe sie sich von dem Gedanken an die Platzierung gelöst und könne das Segeln viel mehr genießen, so die erfahrene Skipperin. Neuschäfer hat in ihrem Leben schon viele Meilen in hohen südlichen Breiten zurückgelegt und beim Golden Globe zuletzt mehr und mehr Meilen auf den führenden Simon Curwen gutgemacht.
Offenbar spielt das Thema Bewuchs am Rumpf ihrer „Minnehaha“ keine große Rolle. Sie habe auch Pocken am Rumpf und hatte eigentlich vor, beim Zwischenstopp zu tauchen, erzählt sie, doch da die Ankunft nun in die Dunkelheit gefallen sei, wolle sie das lieber auf später verschieben, wenn sie wieder unterwegs ist.
Auch der 64-jährige Finne Tapio Lehtinen wirkte zufrieden. Es ist sein zweites Golden Globe Race. 2019 wurde er Fünfter und gilt nun als einer der Favoriten. Beide, Neuschäfer und Lehtinen, haben bei Leichtwindbedingungen direkt nach dem Stopp die Segel wieder gesetzt und Kurs auf den Indischen Ozean genommen.
Als Vierter wird der Ire Pat Lawless am Mittwochabend erwartet. Noch gut 150 Seemeilen haben Damien Guillou und Abhilash Tomy bis Kapstadt vor dem Bug. Beide könnten am Donnerstagabend die Granger Bay erreichen.
Im hinteren Teil der Flotte legen Michael Guggenberger, Ertan Beskardes, Jeremy Bagshaw und Elliott Smith derzeit etwa 130 Seemeilen am Tag zurück. Die Schlusslichter bilden Ian-Herbert Jones, Arnaud Gaist und Guy Waites in aktuell sehr leichten Winden, die ihre Boote nur gut 60 Meilen am Tag voranbringen.
Nächster Stopp für die führenden Golden-Globe-Skipper ist Tasmanien. Vor ihnen liegt bis dahin einer der härtesten Abschnitte des Rennens: der lange Ritt über den Indischen Ozean.