YACHT-Redaktion
· 27.05.2023
YACHT-Woche – Der Rückblick
Liebe Leserinnen und Leser,
es passiert einfach so, ohne Fremdeinwirkung, ohne Änderungen im System, ohne Ankündigung. Der Autopilot reagiert nicht mehr, stellt sich tot. Zum Glück nicht unterwegs, sondern im Hafen beim frühsaisonalen Systemcheck. Nun ist der Segler an sich auch ohne Autopiloten in der Lage zu segeln, aber wenn ein vom versteuerten Privatvermögen teuer bezahlter Ausrüstungsgegenstand nicht mehr funktioniert, ist das mehr als ärgerlich. Und dem seglerischen Komfort durchaus abträglich, ist man vorzugsweise zu zweit oder allein unterwegs. Nichts schöner, als den Knopf zu drücken und das Boot rauscht dahin, während du auf dem Schiff rumläufst oder Segel trimmst.
Nun denn: Keine Reaktion, der satte Schmatzer beim Einschalten der Bordinstrumente fehlt. Fehlersuche, klar, was sonst. Eine Sicherung irgendwo im System? Ein Blick in die Bedienungsanleitung? Die ist im Bordordner nicht vorhanden, wurde auch nicht mit dem Boot übergeben. Eine Mail an die Werft, die tatsächlich antwortet, es könne sich eigentlich nur um die Sicherung des AP-Motors handeln. Die finde ich nach etwas Suche achtern am Piloten unter Deck, sie ist intakt, na klar doch, wäre ja auch zu einfach.
Na gut, dann online in Bedienungsanleitung gucken. Aber um welches Produkt handelt es sich? In der Spezifikation des Bootes ist nur die Rede von einem Autopiloten, keine Marke, kein Typ. Also einfach mal auf den Piloten und den dazugehörigen Rechner gucken? Ha, Fehlanzeige. Der Motor ist zwar gut zugänglich unter einer Klappe im Cockpit einsehbar, aber den Computer muss ich erst suchen. Der ist achtern in Kokernähe angeschraubt, ich finde ihn hinter einer Klappe der Achterkammer. Angucken kann ich ihn nicht richtig, er ist unter dem Cockpitboden eingebaut, der Kopf passt nicht zwischen Bauteil und Rumpf. Also ein Handyfoto. Simrad AC 12 steht drauf. Die Anleitung findet sich im löblichen Webauftritt des Herstellers, prima. Dort ist dann doch die Rede von einer zweiten Sicherung im AP-Rechner.
Der lässt sich öffnen, wenn auch mühselig, die Sicherung ertasten und ziehen, siehe da, der Übeltäter ist gefunden, nach mehrstündiger Suche, Recherche und Fummelei. Also das Teil ist laut Messgerät durch, ist zu ersetzen. Über kopf, in einem nicht einsehbaren Kasten versuche ich die beiden Zungen der Sicherung in ihre Aufnahmen zu drücken – mit dem Arm, den ich zum Abstützen brauche. Muss ich erwähnen, dass es nicht ohne Fluchen, mehrere Versuche, verlorene Sicherungen, Schweiß und Verrenkungen abging?
Was ich damit sagen will: Der moderne Großserienbau hat seine Tücken. Ich rede nicht von Qualität, Langlebigkeit oder Sicherheit. Sondern von Wartungsfreundlichkeit. Die leidet stark unter der Baumethode. Erst den Rumpf mehr oder weniger komplett auszubauen und sämtliche Installationen vorzunehmen, bevor das Deck draufkommt, hat seine Vorteile. Für die Werft. Die spart reichlich Stunden, weil die Kabel, Komponenten, Schläuche von den Arbeitern höchst einfach mit Platz, Bewegungsfreiheit und offenem Blick installiert werden können. Dass Schrauben, Verbindungen, Klappen, Geräte und eben Sicherungen nach Einbau von Möbeln und vor allem des Decks teils schlecht bis nicht erreichbar sind, ist dieser aus Werftsicht nachvollziehbaren Abkürzung geschuldet.
Was ich daraus gelernt habe: sämtliche Komponenten identifizieren, alle Anleitungen mitführen, sei es physisch oder als PDF, wissen, wo wirklich alle Teile sitzen und welche Sicherungen es gibt, Ersatz für diese mitführen. Und sich nicht zu sehr zu ärgern, wenn mal was nicht funktioniert.
Schließlich ist ein Boot ein komplexes Wesen.
stellv. Chefredakteur YACHT
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