YACHT-Redaktion
· 04.03.2023
YACHT-Woche – Der Rückblick
Liebe Leserinnen und Leser,
ein Artikel in dieser Woche hat bei mir eine Erinnerung geweckt. Darin ging es um die Flaggenführung, um ein Bußgeld wegen einer falschen Flagge am Heck. Was wir übrigens zum Anlass genommen haben, alles zur richtigen Flaggenführung noch einmal zusammenzufassen.
Ich erinnerte mich an ein Erlebnis vor ein paar Jahren, das auch mit einem Bußgeld und Verärgerung endete. Meine Frau und ich hatten mit unserem damaligen 20er-Jollenkreuzer in der Hahnöfer Nebenelbe vor Hanskalbsand geankert. Ein heißer Tag war es. Wir wollten die etwas kühlere Brise auf dem Wasser genießen. Das Cockpit schön mit Polstern ausgelegt, aalten wir uns im Adamskostüm in der Sonne. Wer jetzt Bilder im Kopf hat, stelle sich fairerweise bitte Halle Berry in „Die Another Day“ und Brad Pitt in „Troja“ vor.
Vom Motorengeräusch geweckt, sah ich die Wasserschutzpolizei nahen. Hektisch ein paar Sachen übergeworfen, lagen sie auch schon längsseits. Was wollen die denn?
Wo denn mein Ankerball sei, wurde ich gefragt. Ups! Da war doch noch was. „Ähm, hab ich vergessen, sorry“, antwortete ich. Die beiden Beamten forderten mich auf, das nachzuholen. „Kann ich nicht, weil, na ja, grad war ja noch Regatta, da zählt jedes Gramm, und ich habe das Zeugs noch nicht wieder zurückgeräumt.“ Was sogar stimmte.
Blöd, meine Schuld, alles klar, werde ich mir merken.
„Das macht dann 20 Euro für das Nichtsetzen plus 20 Euro für das Nichtanbordhaben“, sagte der eine der beiden forsch, der andere blickte betreten zur Seite.
Stopp, so nicht, nicht mit mir! „Dass ich ihn nicht gesetzt habe, okay, meine Schuld“, sagte ich, „aber an Bord haben und vorzeigen können muss ich den nicht. Es gibt keine Ausrüstungspflicht für Sportboote.“
Ich war mir dessen zwar keinesfalls sicher, aber versuchen kann man es ja mal. Tatsächlich kamen die beiden Ordnungshüter jetzt auch ins Schlingern. Sie erließen mir dann die zusätzlichen 20 Euro, die anderen 20 musste ich zahlen.
Im Recht war ich wohl sogar. Warum ich das so vorsichtig ausdrücke, ist der Tatsache geschuldet, dass verschiedene Vorschriften für verschiedene Fahrtgebiete zwar eine gewisse Ausrüstung empfehlen. Es gibt aber keine Vorschrift im Sinne eines gesetzlichen Ausrüstungs-Kataloges. Das führt zu einer gewissen Grauzone bei der Auslegung. Ich möchte hier gar nicht das Fass aufmachen, was für wen sinnvoll ist. Oder ob die Wasserschutzpolizei berechtigt ist, das Vorhandensein von Ausrüstung zu kontrollieren, wenn diese nur für bestimmte Fälle vorgeschrieben ist wie Nacht oder Nebel oder eben Ankern. Vorgeschrieben aber nur, wenn diese Fälle eintreten. Anders gesagt: Darf das Vorhandensein von Positionslichtern am helllichten Tag kontrolliert werden, wenn sie nur zwischen Sonnunter- und -aufgang gezeigt werden müssen? Weil es ja sein könnte, dass man mal in der Nacht unterwegs sein muss? Ich möchte hier, ausdrücklich, nicht die seemännischen Sorgfaltspflichten in Frage stellen, nach denen sowieso eher mehr als weniger an Bord sein sollte und die ich für absolut sinnvoll erachte – als Empfehlungen. Was diese alles beinhalten, ist in diesem Artikel zusammengestellt.
Geärgert haben mich vielmehr einerseits die 20 Euro, noch gewaltiger aber das für eine halbe Stunde unterbrochene Sonnenbad mit der anschließenden Wut im Bauch.
Warum Wut? War doch meine Schuld! Klar, aber hätte es nicht ein erhobener Zeigefinger auch getan? Ein Vorbeilaufen am Boot, ein Zuruf „Hehe, wo ist dein Ankerball? Das kann teuer werden!“? Ich bilde mir ein, das hätte bei mir dieselbe erzieherische Wirkung gehabt wie das Bußgeld. Und wir wären nicht in unserer Privatsphäre gestört worden. Die Polizei wäre mein Freund und Helfer gewesen, kein Geldeintreiber. Warum muss immer gleich abkassiert werden? Ich halte mich nun wahrlich nicht für einen See-Verkehrsrowdy oder unbelehrbaren Wiederholungstäter, bei dem gilt: Strafe muss wehtun.
Ich habe dann mal einen Freund in Uniform gefragt. Auf der Elbe bliebe es angeblich in etwa 80 Prozent der Fälle bei einer mündlichen Verwarnung. Er habe aber auch gehört, dass es in anderen Revieren deutlich anders aussehe.
Nun, da hatte ich dann wohl Pech, zu den 20 Prozent gehört zu haben. Oder ich hatte einfach einen schlechten Zeitpunkt erwischt.
Denn wie ich erfuhr, funktionieren auch die Ordnungsbehörden angeblich im Prinzip wie Wirtschaftsunternehmen. Wenn die Bilanz nicht stimme, ergingen von den Innenministerien oder -behörden schon mal Anweisungen an die Revierführer und von diesen an die Beamten draußen, dass sie mehr Bußgelder generieren müssten.
Da würden dann die Bewertung des einzelnen Ordnungshüters und damit seine Karrierechancen auch von seiner finanziellen Bilanz abhängig gemacht. Das alles kann ich nur vorsichtig im Konjunktiv schreiben, da das natürlich niemand offiziell bestätigt.
Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: Es gibt immer einen persönlichen Spielraum des Beamten, ob er es bei einer Verwarnung belässt oder ein Ordnungsgeld kassiert, das sogenannte Opportunitätsprinzip. Und natürlich gäbe es wie im richtigen Leben auch unter Beamten gutmütige Gesellen, welche die große Mehrheit seien, sowie „scharfe Hunde“, so mein Kumpel. Wenn aber Druck von oben käme oder sich ein Revierführer mit seiner Einnahmenbilanz profilieren wolle, wäre es mit der Gutmütigkeit schnell mal vorbei.
Manchmal würde ein verhängtes Bußgeld auch nur so etwas wie ein Tätigkeitsnachweis sein, damit das Dienstbuch des Beamten keine zu großen Lücken aufweise. Sei’s drum.
In jedem Fall wirft es ein ganz anderes Licht auf die Sache. Ich meine zwar grundsätzlich, dass eine mündliche Verwarnung gerade bei „Seefahrern“ ausreichen müsste, werde aber jetzt wohl weniger Wut empfinden, sollte es doch noch einmal zu einem Bußgeld kommen. Wer weiß, vielleicht schämt sich das Gegenüber selbst für das Abkassieren, kann aber nicht anders? Hätte ich so den betretenen Blick des zweiten Beamten werten müssen?
Übrigens: Einem Geistesblitz folgend, schoss ich, als die beiden schon wieder in ihrem Boot und kurz vor dem Ablegen waren, unter Deck und holte von dort einen lila Papierlampion in Kugelform heraus. Der hing da so unter Deck für „Stimmung“. „Ich habe doch einen Ankerball“, rief ich herüber. Ich dachte tatsächlich, der würde reichen. Die beiden grinsten nur und tuckerten los.
Wie ich heute weiß, war der Lampion nicht nur viel zu klein (60 Zentimeter Durchmesser sollte er haben), er hätte laut Kollisionsverhütungsregeln auch schwarz sein müssen. Schande über mich und danke an die Beamten, dass diese Frechheit nicht als Beleidigung zusätzlich geahndet wurde. Das hätte ja der Bilanz helfen können.
Lars Bolle, Chefredakteur Wassersport Digital
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