Swan 115 FDEinfach schön – 35-Meter-Slup „Shamanna“

Friedrich W. Pohl

 · 25.02.2023

Nichts wie weg in die Karibik: Der Fahrtwind lässt die Flagge gegen den wahren Wind nach achtern wehen. Der Aufbau der Swan 115 FD duckt sich keilförmig aufs Deck
Foto: Kurt Arrigo

Die Swan 115 FD „Shamanna“ ergänzte die Flaggschiff-Palette der Finnen mit einer Flushdeck-Version. Nautor legte das Frers-Design damit noch deutlicher auf Speed aus. Die Superyacht kann gechartert werden, vorzugsweise im Mittelmeer und in der Karibik

“Genau so muss Segeln sein – die Heckwelle surrt, die Sonne glitzert auf der Wasseroberfläche, und wir segeln mittlerweile mit leicht achterlichem Wind parallel zur Küste in Richtung des in der Region beliebten Naturstrandes Cala Violina.“

So formulierte YACHT und BOOTE-EXCLUSIV-Chefredakteur Martin Hager sein Vergnügen, die 35-Meter-Slup Swan 115 S „Solleo­ne“ zu lenken. Diese Swan trägt die Zusatzbezeichnung S, die als Kürzel für Semi Raised Saloon steht und die Auslegung der Konstruktion als familienfreundlichen Cruiser für lange Strecken bedeutet.

Eine konsequente Konstruktion: Auch dieses Frers-Design pumpt gern Adrenalin ins Blut

Mit dieser flachen Pilothouse-Version des Frers-Designs feierte die italienisch geführte Nautor-Werft aus dem finni­schen Pietarsaari die Premiere ihrer aktuellen Flaggschiff-Serie. Nautor fertigt Rumpf und Deck der 115 als Kohlefaser-Leichtbau und Sandwich-Konstruktion über Schaum- und Nomex-Kernen. Hager lernte in enger Marina die versenkbaren Bug- und Heckstrahler nebst hydraulischem Liftkiel schätzen, ließ sich erklären, warum das 35-Meter-Format auf kaptive Winschen verzichtet und darum mit höherer Leinengeschwindigkeit bei Manövern Vorzüge genießt, und freute sich draußen im Tyrrhenischen Meer an Halbwind- und Raumschotkursen bei perfekt ausbalanciertem Trimm.

Das Briefing der Werft für den weisen alten Mann des schnellen Yachtdesigns, Germán Frers, lief denn auch darauf hinaus, mit dieser Swan eine Adrenalin­pumpe für rauschende raume Kurse zu zeichnen. Irgendwann fällt bei jedem erfahrenen Segler nach ein paar Stunden an der Kreuz ohnehin der Satz: „Ab morgen segeln wir nur noch raumschots.“

Dieser Punkt im Pflichtenheft führte zu größtmöglicher Wasserlänge mit steilem Vordersteven und breitem Heck, das auf der Glitsch, im Surf, zischend schiebt und surrt, wie Hager es erlebte. Dass die Heckbreite dann nicht nur zwei Ruder­räder, sondern auch zwei Ruderblätter verlangt, versteht sich. Die Kraftübertragung des Ruderdrucks in die Fingerspitzen des Rudergängers regelt übrigens ein Seilzug mit Stahlkabeln.

Swan 115 FD „Shamanna“ auch im Charter

2016 ergänzte der italienische Nautor-Chef Leonardo Ferragamo die Erstausgabe der 115 S „Solleone“ mit der Swan 115 FD „Shamanna“. Zu sehen war diese öffentlich das erste Mal auf der Monaco Yacht Show. Ihr Anblick erklärte ohne Umstände die Bezeichnung FD. Der extrem flach gehaltene Aufbau legt die Übersetzung Flushdeck nahe. Von jeher zeichneten sich Nautors Schwäne durch den flachen Keil des Aufbaus aus. Auch die Silhouette der 115 FD vermittelt mit diesem guten alten Markenkern ihres Designs Lust an Geschwindigkeit.

Zu den Anhängen unter Wasser gehört neben dem Doppelruder und dem Hubkiel aus Stahl mit T-Bombe ein Wellenantrieb mit Vier-Blatt-Propeller. An Deck baute Nautor die Luken flush und plan ohne Stolperfallen ein. Das Kohlefaserrigg mit vier Salingen ergänzt ein breiter Park-Avenue-Baum für die gefalteten Lagen eines durchgelatteten Großsegels. Über den spannt die Crew vor Anker das Sonnensegel.

Jettender auf “Shamanna” inklusive

Anders als auf „Solleone“ nutzt das Groß kein Fathead mit Square-Topp. Den „Shamanna”-Mast stützt darum ein unten gesplittetes Achterstag. Spannende Backstagenmanöver, die hohe Aufmerksamkeit erfordern, und das kraftvolle Einfädeln eines Fatheads ein paar Meter über dem Deck bleiben der „Shamanna“-Crew und der Eignerfamilie also im Unterschied zu den Profis auf „Solleone“ erspart.

Vor Anker klappt die Crew eine Badeplattform ab. Hinter der parkt sie einen Jettender für den Strandbesuch, einen Williams 460 mit Rotax-Bewaffnung. An Bord finden auch Wasserski, Wakeboard und ein Stand-up-Paddelboot Platz.

Das klingt nicht nur nach Familienvergnügen, sondern auch nach Chartermöglichkeiten. Tatsächlich steht „Shamanna“ dafür zur Verfügung, vorzugsweise im Mittelmeer und in der Karibik (ab 105.000 €/Woche).

Interieur: Das Wengé-Schokoladenbraun der Bodenbretter kontert überall das helle Teak

Charteroptionen verlangen nach konventionellem Interieur-Design ohne abschreckende Extravaganzen oder eigenwillige Irritationen in Sachen Form und Farbe. Das Nautor-Team sorgte auch für ein bewährtes und auf den ers­ten Blick gewohntes Swan-Erlebnis unter Deck in Teak. Schokoladenbraune Bodenbretter aus westafrikanischem Wengé garantieren jedoch den interessanten Kontrast im geradezu pedantisch gearbeiteten Innenausbau durch die werfteigene Tischlerwerkstatt. Helle Möbelstoffe ergänzen das Teakfinish.

Den seidenmatt geölten und gewachsten Sandwich-Innenausbau verschönerten die hauseigenen Designer zudem mit ledernen Details an den Beschlägen und einem mit Edelman-Leder bespannten Kielkasten. Er trennt auf der Mitte der Rumpflänge die L-Sitzgruppe an Backbord vom Speiseplatz auf der gegenüber­liegenden Seite. Das gleiche Leder finden Eigner und Gäste auch für Gepäck­taschen in ihren Unterkünften wieder, sorgfältig mit Zierstichen vernäht. In der Eignersuite verbirgt sich hinter Edelman-Leder zum Beispiel der TV-Monitor.

Der Kielkasten teilt den Salon

Anders als auf „Solleone“ schlafen Eigner und Gäste im vorderen Rumpfbereich. Vor dem Rumpfabschnitt mit Salon und Speiseplatz brachte die Werft zwei Gästekabinen unter. Der Eigner wohnt im Bug, schläft im Mittelmeer also recht ruhig, wenn „Shamanna“ mit dem Heck in einem belebten Hafenrund festmacht. Alle Schlafplätze an Bord lassen sich mit Leesegeln sichern.

Achterlich des Deckshauses steht eine dritte Gästekabine mit Queensize-Bett zur Verfügung. Der übrige Heckbereich mit Kabinen und Navi-Station direkt vor dem Steuerstand samt eigenem kommunikationsfreundlichen Niedergang zum Deck gehört der Crew. Waschbecken aus Corian und Armaturen der Dornbracht-Serie Tara.Logic gehören hier zum Standard. Lebensmittel verarbeitet der Chef in der großzügig ausgerüsteten Galley mit Corian-Arbeitsflächen an Steuerbord neben dem Motorraum.

“Highland Fling” bei der America's Cup Superyacht Regatta 2017 in BermudaFoto: ACEA 2017 / Photo Studio Borlenghi
“Highland Fling” bei der America's Cup Superyacht Regatta 2017 in Bermuda

Nautor wasserte „Shamanna“ damals übrigens zusammen mit „Highland Fling“. Die 15. Yacht dieses Namens orderte Lord Irvine Laidlaw of Rothiemay. Die Performance-Slup, die mittlerweile “Moat” heißt, war nicht gerade die erste Swan dieses Eigners und ist wieder klassisch mit weißer Außenhaut unterwegs. Der regattaerfahrene Lord ließ sie zwecks Speedverbesserung mit einem im Rumpf versenkbaren Antriebsstrang ausstatten. Zusätzlich verlängerte Nautor das J-Maß, die Basis des Vorsegeldreiecks, mit einem Bugspriet. Er vergrößert das große asymmetrische Vorsegel noch einmal deutlich. Nautor nennt die verschärfte Ausgabe der 115 mit diesem Tuning denn auch konsequent RACE.


„Shamanna“: technische Daten

  • Länge über alles: 35,20 m
  • Länge Wasserlinie: 32,84 m
  • Breite: 8,12 m
  • Tiefgang: 4,70 oder 5,75 m, 3,50 m Liftkiel
  • Verdrängung (leer): 92,50 t
  • Gross Tonnage: 145 GT
  • Ballast: 32 t
  • Material: Carbon-Komposit
  • Mast über Deck: 44,42 m
  • Großsegel: 356,00 m²
  • Fock: 303,80 m²
  • Asym.: 630,00 m²
  • Motor: Scania D13 070M
  • Motorleistung: 313 kW
  • Geschwindigkeit (Reise): 10 kn
  • Kraftstoff: 5.500 l
  • Wasser: 3.000 l
  • Schwarz-/Grauwasser: 1.400 l
  • Generator: 2 x 32 kW
  • Design: Frers Naval Architectures
  • Interieur: Nautor
  • Werft:Nautor’s Swan, 2016
  • Klassifikation: GL, MCA LY3

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