Lars Bolle
· 17.09.2025
„Hier ist kein Platz mehr“, denkt man oft, wenn man in einen voll belegten Hafen einläuft – sei es in der Dänischen Südsee oder im Mittelmeer. Wer sich von den vollen Liegeplätzen abschrecken lässt, kehrt vielleicht um und versucht woanders sein Glück.
Das kann richtig Stress verursachen! Ausschlafen und der zweite Kaffee im Cockpit werden gestrichen, nur um früh genug loszufahren. Sobald die Segel gesetzt sind, beginnt der Wettlauf mit den anderen Crews zum nächsten Ziel. Jeder will einer der Ersten sein, um einen der wenigen freien Plätze am Steg zu ergattern.
Richtig ist, es gibt einige fast schon berühmt-berüchtigte Häfen, die im Sommer chronisch überlaufen sind. Marstal, Svendborg, Bogense oder auch kleinere Inselhäfen etwa auf Samsø, Endelave oder Anholt gehören dazu. Dort müssen Segler mit überfüllten Stegen rechnen. Reguläre Boxenplätze sind für alle, die erst gegen Abend eintreffen, in der Regel nicht zu haben.
Stress ist dennoch unnötig, jeder kann seinen Segeltag ganz entspannt gestalten. Am Abend findet sich schon noch irgendwie ein Platz fürs Schiff. Und das auch in überfüllten Häfen. Man sollte nur wissen, wo man suchen muss. Und bereit sein, im Zweifel an einer unorthodoxen Stelle festzumachen. Es muss ja nicht immer die reguläre Box samt Heckpfählen und Fangleinen sein.
Selbstverständlich sollte bei der Suche nach der letzten Lücke umsichtig vorgegangen werden, etwa mit der Erkundigung, wann die Crew, die man zuparkt, wieder ablegen möchte – um dann an Bord zu sein. Idealerweise unterstützt diese dann sogar tatkräftig das Manöver. Die Erfahrung zeigt, dass die Reaktionen viel häufiger entgegenkommend als ablehnend sind. Nicht selten sitzt man nach geglücktem Anleger sogar plötzlich bei einem Bier zum Schwatz mit den Nachbarn im Cockpit zusammen.
Auch der Hafenmeister sollte gefragt werden, ob man am gewählten Platz liegen darf. Und weil es so ungewöhnlich eng ist, müssen noch aufmerksamer als sonst die Gegebenheiten im Hafen und die Windverhältnisse berücksichtigt werden, damit es im Manöver keine Wuhling und am Liegeplatz größtmögliche Sicherheit gibt.
Grundsätzlich gilt: Mut zur Lücke! Nicht zuletzt, weil man dann zuvor die Segelzeit auf dem Wasser entspannt auskosten kann.
Wenige Crews nehmen ein Fenderbrett mit auf den Urlaubstörn. Zugegeben, so ein Brett ist sperrig, aber man kann damit ideal an Pfählen festmachen. Sehr hilfreich ist mitunter auch ein Dingi. Als Fähre genutzt, kann man so in der Boxengasse liegen, ohne über Steg oder Nachbaryacht Zugang zum Land zu haben.
Natürlich kennt das jeder Skipper: längsseits an einer Yacht festmachen, die schon am Steg oder in der letzten Box liegt. Im Sommer sind auch Päckchen mit drei oder gar vier Reihen keine Seltenheit. Gerade am Kopf von langen Steganlagen geht das sehr gut, denn nicht immer sind dort auch Pfähle für umlaufende Stirnplätze gerammt.
Die Boxengrößen sind zusammen mit den Durchschnittsgrößen der Yachten in den letzten Jahrzehnten langsam, aber stetig immer weiter gewachsen. Kleine Schiffe liegen daher manchmal mit sehr langen Heckleinen in eigentlich viel zu großen Boxen, weil passendere nicht frei waren. Gelegentlich ist dann noch Platz genug für ein gleich großes oder kleineres Boot, das längsseits geht. Dafür den Skipper des schon in der Box liegenden Schiffes ansprechen und fragen, ob er seine Heckleine löst, damit man selbst mit dem eigenen Boot noch neben ihm festmachen kann. Vorsicht bei der Einfahrt in die Box. Eventuell muss man ein wenig schräg einfahren.
Das Manöver setzt voraus, dass ein kleineres Schiff in einem großen Boxenplatz liegt. Nach Rückfrage kann man dann mit dem Bug achtern heranfahren und mit zwei Bugleinen auf die Heckklampen des Vorausliegers sowie mit weiteren Leinen zu den Pfählen gehen. Oder, wenn viel Platz ist, einen Heckanker ausbringen. Da man dann aber direkt ins Cockpit der vorausliegenden Yacht schaut und auch dorthin übersteigen muss, sieht man solche Lösungen eher bei Crews, die sich kennen.
Wer die Boxenlieger fragt, wann sie morgens aufbrechen wollen, kann ein oder zwei Boxen von der Pfahlaußenseite abends zuparken. Dafür die Fender entweder mit dem Fenderbrett oder zwei Leinen quer ausbringen und festmachen. Das Problem ist dann der Weg an Land. Mit etwas Glück findet sich ein Platz, von dem man über den Bug auf die Mole steigen kann. Alternativ das eigene Dingi, SUP oder Ähnliches als Steg-Shuttle nutzen. Wenn möglich, einen Platz mit ablandigem Wind suchen. Dann ist das Risiko geringer, dass nachts die Fender an den Pfählen verrutschen.
Bei Platzmangel wachsen die Päckchen – auch der Platz zwischen ihnen kann notfalls genutzt werden. Dies hat den Vorteil, dass das Päckchen nicht größer wird und die eigene Crew direkt an Land gehen kann. Allerdings müssen die Landleinen des Päckchens womöglich neu gelegt werden.
Das schmale Ende eines Stegs kann zur Lösung für die Nacht werden, wenn sich kein anderer Liegeplatz finden lässt. Die Springs gehen dann an den Steg, Vorleine und Achterleine an die beiden außen am Steg liegenden Yachten. Deren Skipper müssen natürlich einverstanden sein.
Liegen zwei große Segel- oder Motoryachten längsseits am Steg, wirkt eine schmale Lücke dazwischen vielleicht unerreichbar – ist aber eigentlich ein guter Liegeplatz. Wer geschickt manövriert, liegt komfortabel am Steg und kann sogar ein Päckchen für weitere ankommende Boote eröffnen.
Immer häufiger sieht man, dass an einer längeren Längsseits-Pier Yachten hintereinander festgemacht und dabei unnötig viel Platz zwischen des einen Bug und des anderen Heck gelassen haben. Kann man dann nicht ins Päckchen daneben, etwa weil sonst die Zufahrt blockiert wäre, sollte man die Skipper bitten, zum Vordermann aufzuschließen. Oft reicht es schon, wenn ein Boot nach vorn verholt wird, damit dahinter Platz für ein weiteres entsteht.
Zwar sind Liegeplätze neben den aufgeführten Anlagen eigentlich freizuhalten. Schilder weisen meist darauf hin. Aber in vielen Häfen wird sogar von den Hafenmeistern das Festmachen neben Slipanlagen oder unterm Mastenkran zumindest später am Abend in der Regel toleriert. Ausnahme: Die Sliprampe wird abends noch fürs Jollentraining des ansässigen Clubs benötigt. Wer so festmacht, muss zur Not bereit sein, das Boot spontan zu verholen. Und Vorsicht bei Tankstellen mit EC-Automat: Die sind 24 Stunden nutzbar, müssten also eigentlich immer frei bleiben. Nötig ist das aber selten. Am nächsten Morgen dann früh aufbrechen!
11. Flachbereiche nutzen
Diese Variante ist vor allem für Schiffe eine Option mit wenig oder reduzierbarem Tiefgang. Ferner für sehr schmale oder kleine Yachten. Die Plätze sind nicht ganz ohne Risiko, da oft nicht klar ist, wie tief es dort ist. Eine Option sollte sie nur bei ablandigem Wind sein, und am besten erkundet der Skipper den Platz vorher, indem er mit dem Bug am letzten Pfahl prüft, wie der Grund ist. Oder er macht zunächst irgendwo behelfsmäßig fest und wirft von Land aus einen prüfenden Blick auf die ausgewählte Stelle. Sind viele Steine zu sehen, wieder abdampfen. Ist der Grund weich, kann man sich vorsichtig herantasten.
Ein oft sehr komfortabler Platz, da man im Gegensatz zum Liegen in der Boxengasse an Pfählen nicht über andere Boote an Land muss, sondern bequem längsseits an Land gelangt. Wichtig: Mit den Skippern der Boote in den beiden Boxen, die man blockiert, besprechen, wann diese auslaufen wollen. Und im Auge behalten, wie flach es wird. An manchen dieser Innenplätze steigt der Grund an.
Hohe Spundwände für Fähren oder Versorgungsschiffe sind wenig einladend, zudem ist Anlegen für Sportboote meist untersagt. Doch ein genauer Blick in den Fahrplan oder ein Gespräch mit dem Personal vor Ort ergibt womöglich, dass eine Yacht ausnahmsweise hier liegen kann.
Es ist selten, kommt aber vor: Im Hafen ist wirklich kein einziger Platz mehr zu finden. Ist das Wetter ruhig oder der Wind gar ablandig, kann man dann manchmal auch an der Außenseite des Wellenbrechers liegen. Vor allem, wenn dieser mit Pollern oder Ringen ausgestattet ist. Dann kann man längsseits gehen oder zum Beispiel den Buganker ausbringen und mit dem Heck anlegen. Wichtig ist natürlich, dass es vor der Mole tief genug ist und man größeren Schiffen oder Fähren nicht im Weg liegt. Die können im Zweifel auch für viel Schwell sorgen. Und: sorgfältig prüfen, dass keine Steinschüttung am Molengrund das eigene Ruder gefährdet! Ein Vorteil: Man sieht sofort, falls eine Yacht ausläuft, und kann die Chance zum Einlaufen nutzen.
Das schmale Kopfende eines Stegs kann für viele Boote zum Liegeplatz werden, wenn diese jeweils einen Heckanker ausbringen. Dementsprechend sollte ausreichend Platz hinter den Hecks sein, um ein- und auslaufende Schiffe nicht zu blockieren. Die Vorleine wird am Steg belegt.