Andreas Fritsch
· 09.04.2023
Wer mit einem Katamaran unterwegs ist, muss die Unterschiede zum Monohull kennen. Mit diesem Wissen im Reisegepäck machen Sie das Beste aus Ihrem ersten Törn mit dem Multihull!
In diesem Artikel:
Gerade für Skipper und Crews, die noch nie mit einem Katamaran unterwegs waren, bedeutet der Umgang mit dem Multihull in vielen Punkten ein Umdenken: Hafenmanöver, Segel-Handling, Reffen, Ankern – auf zwei Rümpfen unterscheiden sich einige Dinge doch mehr, als manche denken. Das spürt spätestens jeder, der den Kat das erste Mal durch eine enge Boxengasse zirkeln muss – die gewaltige Breite und das schnelle Vertreiben bei viel Seitenwind verlangen da nach Voraus- und Umsicht.
Zwar haben mittlerweile viele Crews erste Erfahrungen mit Kats, schließlich sind sie anteilig in den Charterflotten seit Jahren gewaltig auf dem Vormarsch, aber nicht immer bedeutet das auch, dass man die Eigenheiten der Boote schon alle kennt und auch bei jedem Wetter sicher meistert. Insofern dürften auch bereits Kat-Erfahrene auf den folgenden Seiten fündig werden. Und das lohnt sich, denn viele Flottenbetreiber berichten, dass seit Jahren der Anteil der Crews, die mit dem Boot nur noch wenig segeln und immer mehr motoren, ständig wächst. Das mag auch daran liegen, dass der Kat für Quereinsteiger, die mehr Urlaub auf dem Wasser als Segelspaß suchen, gut geeignet ist, aber vielleicht auch schlicht am Unwissen um die Materie. Und nicht jeder Skipper hat Lust, vor dem Urlaub ein Skippertraining zu belegen.
Wir haben hier aus eigener Redaktions-Erfahrung vieler Chartertörns mit Kats der unterschiedlichsten Werften und Gesprächen mit Stützpunktleitern und Kat-Eignern 12 Tipps zusammengetragen, die helfen, den nächsten Kat-Chartertörn zum vollen Erfolg werden zu lassen – und den Segel-Anteil zu erhöhen.
Die schieren Ausmaße der Plattform mancher Kats lassen vor allem Einsteiger oft erst einmal schlucken. Dieses Trumm aus und in teils zu engen Mittelmeer-Häfen zu zirkeln ist nicht immer einfach. Doch der Kat hat einen großen Vorteil, mit den beiden Maschinen lässt er sich auf dem Teller drehen wie ein Panzer: Eine Maschine vorwärts, die andere rückwärts, schon dreht das Boot auf dem Fleck. Wichtig dabei: Besonders die letzten Meter rückwärts in die Lücke fährt man am besten nur noch mit den Maschinen, nicht mehr mit den Rudern. Dafür kann man die Blätter auf Mittschiffs-Position feststellen (Achtung: Schrauben am Rad kräftig anziehen!) und dann nur durch die Bedienung der Gashebel Fahrt und auch Richtung bestimmen. Das Gute: Drückt Seitenwind ungleich zur Seite, kann man das Schiff jederzeit leicht wieder gerade stellen, auch bei Rückwärtsfahrt. Kats sind wegen der geringen Lateralfläche in dieser Hinsicht anfällig. Oft braucht es etwas Umdenken, besonders bei den ersten Ab- und Anlegern. Daher am besten nach dem ersten Ablegen, vielleicht im Hafen-Vorbecken oder direkt vor dem Hafen draußen, wo etwas mehr Platz ist, einfach mal ein paar Drehungen und Rückwärtsanfahrten üben. Ganz wichtig dabei: Die Propeller vieler neuer Kats sind achtern hinter dem Ruderblatt und oft nur knapp einen Meter vom Heck entfernt! Damit kann man sehr leicht Muringleinen fangen. Also besondere Vorsicht beim Drehen des Bootes in und aus der Lücke!
Beim Üben merkt der Skipper auch rasch, ob er von der Steuerposition tote Winkel in der Sicht hat. Falls es die gibt, beim Anleger ein Crewmitglied dort positionieren, damit der Rudergänger nach Hindernissen und Abständen fragen kann. Und: Manchmal laufen die Maschinen bei gleicher Hebelstellung am Bedienteil nicht mit denselben Umdrehungen.
In immer mehr Revieren, besonders Kroatien, Italien und Spanien, findet man in Buchten Bojenfelder. Das Ankern ist dort meist verboten. Fahren Kat-Crews dann an die Boje, machen sie es sich häufig unnötig schwer und steuern sie mit dem Bug an. Da Kats vom Steuerstand oft unübersichtlich sind und der Freibord viel höher als bei Monos, haben Crewmitglieder Probleme, die Boje oder die Leine, die meist daneben im Wasser schwimmt, aufzunehmen und die eigene damit zu verbinden. Stattdessen besser rückwärts an die Boje heranfahren. Dort kann der Skipper den Abstand fast immer problemlos selbst sehen, und das Crewmitglied mit der Leine ist auf gleicher Höhe wie die Boje. Leine(n) durchziehen und dann an der Seite des Kats mit nach vorn nehmen, während der Skipper den Kat mit den Maschinen auf dem Teller dreht. Auch an der Boje mit einer Hahnepot festmachen, also zwei Leinen auf die Klampen jeweils am Bug.
Da die Großsegel von Kats flächenmäßig häufig größer als Monohull-Segel sind und zudem fast immer durchgelattet an mehr oder weniger hochwertigen Rutschern gefahren werden, ist das für viele Crews neu, die zuvor nur mit Rollgroß auf Monos unterwegs waren. Wegen des hohen Gewichts sind die Fallen oft sogar mit einem Block noch einmal untersetzt. Also gibt es entweder hohe Lasten an der Winsch und/oder lange Wege zum Kurbeln. Nicht selten ist daher eine E-Winsch mit einem schnellen und einem langsamen Gang an Bord. Die mit Umsicht verwenden, denn beim Setzen treten bei unachtsamer Nutzung oft zwei Probleme auf: Gern bleiben die Lattenenden in den Lazy-Jack-Leinen des Groß hängen, oder es wurde vergessen, ein Reff aus dem Segel zu nehmen. Die im kleinen Gang sehr starke E-Winsch kann dann entweder die Lazy-Jack-Leinen zerreißen oder aber die Reffkauschen im Segel beschädigen, was ein sehr teurer Schaden ist. Also die Winsch mit Bedacht und Umsicht nutzen.
Kats werden anders gefahren als Monos. Der Großschottraveller, meist über die ganze Breite des Kabinendachs verlaufend, ist ein zentrales Trimm-Instrument. Gerade um Druck schnell abzulassen, ist er das bevorzugte Instrument vor der Großschot. Wird eine Halse gefahren, ist es besonders wichtig, den Traveller vorher in die Mitte zu holen. Ansonsten kann der Wagen bei unsachgemäßer Halse oder gar einer Patenthalse richtig lange Schwung holen und knallt entweder in die Anschläge oder schlimmstenfalls die Segellatten in die Wanten. Passiert das, können sogar Latten brechen. Ein weiterer Fehler, den man häufig sieht: Crews wollen eine Wende fahren, sind vorher aber nicht richtig hoch gesegelt und haben die Schoten entsprechend getrimmt. Bei sehr wenig oder viel Wind kann das Boot dann in der Wende verhungern. Dann hilft nur kurzes Backhalten der Genua.
Kats haben einen Nachteil im Vergleich zum Mono: Wird der Wind kräftiger, meldet er dem Skipper weder über Lage noch zunehmenden Ruderdruck, ob das Boot überpowert ist, also gerefft werden muss. Dafür gibt es in der Bedienungsanleitung Reff-Tabellen.
Manchmal simple, nur nach Windstärken, manchmal ausgearbeitete, die für jede Windgeschwindigkeit auch noch Windeinfallswinkel und sogar Seegangshöhe berücksichtigen. Unerfahrene Crews sollten sich daran halten. Teils ärgerlich: Manche Flottenbetreiber legen eigene Tabellen mit Windgeschwindigkeiten an Bord, die sogar noch etwas niedriger sind. Wer denen folgt, erlebt dann oft einen zäh segelnden Kat. In dem Fall kann man alternativ einmal in die Werft-Handbücher des Bootes schauen (Webseite der Hersteller), dort finden sich teils ganz andere Tabellen. Problematisch ist für typische Charter-Großserienkats aber fast nie der reine Winddruck, der höchst selten zu Kenterungen führt. Es ist meist die Kombination mit hohem Seegang, die schwierig ist.
Katamarane schwoien vor Anker wegen der hohen Aufbauten und des kleinen Lateralplans im Wasser viel stärker als Monos. Um das zu reduzieren, ist praktisch immer eine Tauwerk-Hahnepot an den Beams montiert, die man mit einem Schäkel in die Kette einhängt. Also: Genug Kette für die Wassertiefe legen, dann vor der Bugrolle Schäkel an die Kette anschlagen und diese so weit fieren, dass auf ihr bis zum Schäkel kein Zug mehr auftritt. Das Boot liegt dann viel ruhiger. Trotzdem: Beim Ankern mit dem Kat mehr Raum zum Schwoien in engen Buchten einplanen als mit dem Monohull. Wird es eng, kann alternativ auch eine Landleine ausgebracht werden.
Das Handling des Beibootes mit den beiden Davits ist viel simpler als auf dem Monohull, aber auch hier kann man manches falsch machen. Wichtig ist: Das Boot hängt manchmal sehr lose in den Davits, wenn es bis oben gezogen ist. Dann scheuern die Wülste im Seegang oft an den Davits oder dem Heck. Daher das Dingi vernünftig mit Leinen festsetzen. Tank und Paddel sichern, Entlüftungsschraube des Tanks schließen. Hat der Kat weniger Freibord, kann es nötig werden, den Motor hochzuklappen, sonst setzt er im Seegang in die Wellen ein. Wichtig: Manche Katamarane haben sehr kurze Hecks, hängt das Dingi in den Davits, kann es bei hohen Beton-Piers in Häfen das Dock berühren, bevor das Boot dicht genug an der Pier für die Gangway ist. Dann muss manchmal das Dingi aus den Davits genommen und vorn schwimmend zwischen die Rümpfe gelegt werden.
Ein Vorteil des Kats ist, dass man mit den zwei Maschinen das Boot auch an der Pier drehen kann. Liegt man längsseits und es weht auflandig, hilft beim Monohull dann nur eindampfen in eine Spring. Beim Multihull erledigen das einfach beide Maschinen. Eine vorwärts, eine rückwärts, schon beginnt sich der Kat von der Pier wegzudrehen. Wichtig ist dabei, gutes Abfendern vorn und achtern, je nach Drehrichtung, nicht zu vergessen!
Da Kats windempfindlich sind, kann es bei viel Seitenwind oder -schwell in der Marina oder dem Hafen vorkommen, dass das Boot unruhig liegt und durch die große Breite des Schiffs das Leeheck ziemlich dicht an die Pier gepresst wird. Das lässt sich relativ simpel vermeiden, indem die Achterleinen bei so einem Wetter über Kreuz an Land belegt werden. Die Zugwinkel sind so sehr viel günstiger, und das Schiff liegt in der Folge deutlich ruhiger. Nur darauf achten, dass die Leinen nicht zur Stolperfalle für die Gangway werden oder am Dingi und dessen Davits schamfilen.
Manche Crews glauben, weil er aufrecht segelt, werden Mitsegler auf einem Katamaran nicht so schnell seekrank. Das stimmt so nicht, denn Multihulls bewegen sich in Wellen ganz anders als Monos: Wegen ihrer enormen Breite haben sie viel Formstabilität. Und es befinden sich bei mehr Welle zwei Rümpfe im Seegang, nicht immer in derselben Welle. Grundsätzlich gilt: Der Kat vollzieht schnellere, kurze Aufrichtbewegungen, die manchen seekranker machen als Monos. Und: Wenn das Boot durch die Welle geht, unterschätzen viele, dass diese, hat sie den ersten Rumpf passiert, ganz kurz zeitversetzt den zweiten trifft. Das führt zu zwei Bootsbewegungen und manchmal Wellen, die kräftig unter den Cockpitboden schlagen. Das bringt Unerfahrene schon mal aus dem Gleichgewicht.
Wer mit dem Katamaran längere Zeit mit Motor unterwegs ist, kann deutlich umweltfreundlicher fahren, wenn er nur eine Maschine laufen lässt. Denn hat der Kat erst einmal etwas Fahrt aufgenommen, also nach Verlassen des Hafens oder der Bucht, zieht er nicht mehr so stark zu einer Seite, wenn man nur eine Maschine laufen lässt. Bei Kat-Eignern ist dieser Trick weit verbreitet, denn schließlich spart man so auch Sprit und streckt die Wartungsintervalle. Bei Charterkunden hat sich diese Taktik bislang jedoch kaum herumgesprochen. Probieren Sie es doch einmal aus, aber bitte nicht bei Hafenmanövern oder Einfahrt in eine Bucht!
Auf das Kabinendach muss man, um den Lazy-Bag zu öffnen, das Fall anzuschlagen, Reffleinen zu klarieren und das Groß zusammenzulegen. Dafür ist es nötig, vom Deck auf das Dach zu klettern. Das geht meist am einfachsten von vorn, da es dort am niedrigsten ist. Denn nicht alle Kats haben dafür fest eingebaute Stufen vorgesehen. Die sind meist ebenfalls vorn am Mastfuß platziert, nur selten an der Seite. Herrscht starker Seegang und es ist nass, ist das Deck mangels Haltemöglichkeiten und teils rutschiger Oberfläche, zum Beispiel auch durch aufgeklebte Solarflächen, kein idealer Arbeitsort. Ganz wichtig: Muss ein Crewmitglied hoch aufs Dach, darf der Großschot-Traveller keine Lose haben, damit er nicht über das Deck sensen kann, was bei den endlos langen Traveller-Wegen schnell passiert (siehe Tipp 4). Der Steuermann kann zudem Crewmitgliedern größere Wellen ansagen, so wissen sie rechtzeitig, wann sie sich festhalten sollten.
Die YACHT hat zu einigen der oben gegebenen Tipps ausführliche Einzel-Themen im Heft und YACHT-tv-Beiträge produziert, die weiterführende Fragen beantworten. Hafenmanöver mit dem Kat: YACHT 12/2019. Richtig reffen mit dem Kat: 9/2019. Multihull-Skipper-Trainings: 14/2014. MOB-Manöver mit dem Kat: 19/2019. Zu den hier erläuterten zwölf Tipps finden Sie auch einen ausführlichen Video-Beitrag auf YACHT tv, Stichwort „Katamaransegeln für Einsteiger“. Außerdem hat die Redaktion die wichtigen Katamarane der Großserienwerften, die den Charterkunden im Markt begegnen, ausführlich getestet. Einfach in Youtube auf den YACHT-tv-Channel gehen und den Bootstyp in die dortige Suchmaske eingeben.