YACHT-Redaktion
· 16.05.2023
Für viele von ihnen kam der Tod des großen deutschen Seglers, der nach schwerer Krankheit mitten aus dem Leben gerissen wurde, überraschend. Gedanken und Gedenken an Wilfried Erdmann
Die Menschen mochten ihn, seine leise Art, sich in einer lauten Welt zu behaupten, ein Wesenszug, der nicht inszeniert war, sondern Teil seiner Persönlichkeit. Dabei hat Wilfried Erdmann zeitlebens teilhaben lassen an seinen Erlebnissen und Gedanken und sich zum Weltgeschehen geäußert. Seglerisch behielt er bei, was sich in seinen Lehrjahren bewährt hatte. Und äußerte sich auch darüber immer wieder gerne.
Vielen Menschen bleibt der Ausnahmesegler vor allem dafür in Erinnerung – neben den vielen seglerischen Höchstleistungen, die in ihrer Art niemand wird wiederholen können. Gedanken zum Abschied:
„Lieber großer Wilfried, du bist in die Hochseegeschichte als einzigartig eingegangen. Ich werde dich immer bewundern. Wir alle haben einen ganz großen, wunderbaren Segelkameraden verloren. Ich wünsche dir für ewig achterlichen Wind auf deinem wichtigsten Törn.“
„Lieber Wilfried, mit dir ist ein Segelkamerad und Freund auf seine letzte Reise gegangen. Das Fundament unserer Freundschaft war die Liebe zur See und zum Blauwassersegeln. Du hast eine Epoche von Weltumseglern geprägt, warst mein Vorbild und Richtfeuer, das nun nicht mehr brennt. Durch deine Bücher aber leuchtet es wieder, bietet Hilfe und Orientierung für Nachfolger und mir: Erinnerungen an großartige Jahre unter Segeln.“
„Wilfried Erdmanns Buch über seine schwierigste Weltumseglung nonstop gegen den Wind hab ich als Schüler gelesen und seinen Vortrag dazu gehört. Ich war damals 16, es hat mir Gänsehaut verpasst. Ich habe Wilfried Erdmann auch mehrere Male persönlich getroffen. Er ist zur Siegesfeier unserer ersten siegreichen Weltumsegelung 2009 in Kiel dabei gewesen, dort haben wir uns das erste Mal persönlich getroffen und später auch bei anderen Gelegenheiten. Ein Großer des Segelns geht, aber er wird mit seinen Geschichten und seinem Pioniergeist immer ein großer Teil der deutschen und internationalen Segelgeschichte bleiben. Ich muss manchmal, wenn ich mit 30 Knoten auf See unterwegs bin, denken, dass Wilfried Erdmann auf seiner Kathena Nui ungefähr 330 Tage mit durchschnittlich 4,5 Knoten zugebracht hat. Das ist ein Kontrast, den ich mir kaum vorstellen kann, ein ganz anderes Segeln, aber eine unglaubliche mentale Leistung von Durchhaltevermögen, die kaum vergleichbar ist mit anderen Herausforderungen.“
„Die Nachricht hat mich betroffen gemacht, denn vor Wilfried Ermann und vor seiner Lebensleistung empfinde ich Bewunderung; ziehe den Hut vor einem immer wieder freundlichen und bescheidenen Mann, mit dem ich gute Gespräche führen konnte. Aufrichtiges Beileid und Anteilnahme seinen Hinterbliebenen. Möge er eine gute letzte Reise haben.“
„Leider haben wir Wilfried Erdmann nur flüchtig persönlich kennengelernt. Für uns war er ein großer Segler, ein ehrlicher Autor und ein freiheitsliebender Mensch. Ich wünsche seiner Frau viel Kraft für die nächste Zeit.“
„Wilfried gehörte zur Avantgarde der internationalen Segelszene zu einer Zeit, in der nur einige wenige Unerschrockene mit kleinen und spartanisch ausgerüsteten Booten um die Welt segelten. Ohne großes Presseecho, sondern ganz privat für sich allein. Seine späteren spektakulären Weltumsegelungen mit ,Kathena nui‘ waren Meilensteine im Hochseesegeln. Stets blieb Wilfried dabei bescheiden und zurückhaltend. Im Winter 1991/92 verbrachte er einige Wochen bei extremen Minusgraden an Bord meiner ,Dagmar Aaen‘, die eingefroren mitten in Sibirien auf dem Jenissei lag. Ich hatte ihm das Schiff anvertraut, da ich nicht persönlich vor Ort sein konnte. Auch wenn die arktische Kälte nicht Wilfrieds Welt war – ich wusste, dass ich keinen besseren Mann für die Aufgabe hätte finden können. Mein Mitgefühl gilt seiner Frau Astrid und Kym.“
„Wilfried war in vielerlei Hinsicht ein herausragender Mensch und Segler. Er hat dem Segelsport in seiner Gesamtheit sehr viel gegeben. Er hat Menschen mit seinem Tun und seinen Büchern animiert und motiviert, den entscheidenden Impuls zu finden, die Leinen loszuwerfen und auf See zu gehen. Im deutschen Segelsport warst du ein ganz Großer, Wilfried! Sail on!“
„Wilfried Erdmann hat gemacht, wovon die meisten Segler ihr ganzes Leben lang nur träumen: Er ist einfach losgesegelt. Alleine, nonstop um die Welt. Mit einem kleinen Boot ohne jeglichen Komfort. Wir, die wir die Leistung dieses großen Seemanns infrage gestellt haben, wurden eines Besseren belehrt. Mit seinen Reisen und Törnberichten hat Wilfried Erdmann die deutsche Segelszene geprägt wie kaum ein anderer. Wir verneigen uns vor diesem stillen, starken Mann.“
„Es scheint, als habe der Wind aufgehört zu wehen, und wo eben noch Wellen waren, ist das Wasser plötzlich ganz still – Wilfried Erdmann ist tot. Seit seiner ersten Ankunft 1968 auf Helgoland war er den Gründern und dem Trans-Ocean e. V. herzlich verbunden und blieb es sein Leben lang. Ohne sein Vorbild und seine Kunst, die Faszination der langen Fahrt verstehbar zu machen, wäre unsere heutige so lebendige Blauwasser-Szene kaum vorstellbar. Er hat gezeigt, worauf es wirklich ankommt: ein funktionales, einfaches Boot, eine exzellente Seemannschaft sowie den Willen und die Hingabe, schwierige Situationen durchzustehen. Wir sind ihm für alles, was er der Segelwelt geschenkt hat, zutiefst dankbar. Für uns alle, die die See im Herzen tragen, lebt er auf jedem Boot und in jedem Törn weiter, die gleichsam durch seine Reisen, Bücher und Vorträge inspiriert wurden.“
„Die SVC trauert um ihr Ehrenmitglied Wilfried Erdmann. Auf der Saling stehend ist Deutschlands Rekordweltumsegler mit der ,Kathena nui‘ 2001 in den SVC-Yachthafen eingelaufen. ,Der Empfang gehörte zu den schönsten Momenten in meinem Leben‘, erinnerte sich Erdmann später. Nach 343 Tagen erreichte er nach seiner Nonstop-Weltumsegelung gegen die vorherrschenden Winde Cuxhaven, seinen Heimathafen. Schon bei seiner ersten Weltumsegelung mit seinem Holzboot ,Kathena‘ war die SVC 1968 sein erster Hafen von See kommend. Seitdem stand Cuxhaven als Heimathafen am Heck seiner Yachten, mit denen er um die Welt segelte.“
„Ein wunderbarer Mensch und eine große Persönlichkeit ist von uns gegangen! Wilfried Erdmann und seine Frau Astrid lagen viele Jahre mit ihrer ,Kenthena Nui‘ in unserem Yachthafen Fährhaus Missunde. Gerne denken wir in Verbundenheit an ihn zurück. Wir werden ihn immer als einen geschätzten, fröhlichen und lebenslustigen Menschen in sehr guter Erinnerung behalten.“
„Mit größtem Bedauern habe ich von Wilfrieds Tod gehört. Er hat, vor allem im Hinblick auf die damalige Zeit, mit seinen Weltumsegelungen Unglaubliches geleistet. Für mich – und so erging es vermutlich den meisten Menschen, die ihn kannten – war er stets eine Art Projektionsfläche meiner eigenen Träume von Freiheit und Ferne. Kennengelernt habe ich ihn über meine Arbeit als Journalist. Er war unter anderem zu Gast in meiner Sendung ,Quarks‘. Aus dieser Begegnung entwickelte sich eine Freundschaft, auch zu seiner Frau und seinem Sohn. Wir sind sogar gemeinsam über den Atlantik gefahren – wenn auch auf einem Kreuzfahrtschiff, auf dem wir Vorträge hielten. An Wilfried habe ich immer geschätzt, dass er sich in all seinem Tun nie von anderen hat beirren lassen, sondern immer sein Ding durchzog. Er war im positiven Sinne ein individueller Anarchist.“
„Wilfried Erdmann war ein Visionär und ein Pionier. Seine außergewöhnlichen Törns und seine Bücher darüber haben Generationen von Seglern fasziniert. Er hat auf diese Weise sehr viel für den Segelsport in Deutschland getan und bei vielen den Wunsch geweckt, selbst das Segeln zu lernen. Wilfried Erdmann setzte sich für Umweltschutz ein, er liebte es, eins mit der Natur zu sein, und er war ein guter Beobachter, was wiederum seine Bücher so lesenswert macht. Mit der Wahl einer Yacht von Dübbel & Jesse entschied er sich bewusst für den deutschen Bootsbau. Mit seinem Tod verlässt eine Legende die Seglerbühne.“
„Vielen Dank für die vielen Jahre, die du uns auf der boot mit deinen Vorträgen, Berichten und in zahlreichen Gesprächen für das Segeln begeistert hast. Du bist vielen jungen Menschen über Jahrzehnte Vorbild gewesen und hast Generationen von jungen Seglerinnen und Seglern den Mut für ihren Sport gegeben. Unsere tiefe Anteilnahme gilt deiner Familie und deinen Freunden.“
„Wilfried Erdmann habe ich zum ersten Mal getroffen, als er seine erste Weltumsegelung beendet hat. Als Jollensegler konnte ich so was nicht verstehen. Diese lange Einsamkeit und das Alleinsein – ich habe nicht verstanden, wie man das aushält. Im Laufe des Lebens sind wir uns öfter begegnet, haben unterschiedliche Ideen zum Segeln gehabt, aber waren uns immer einig in der Demut zur See und auch darin, dass ein einfaches Schiff das beste ist. Es macht mich traurig, dass Wilfried nicht mehr da ist. Er war für mich außergewöhnlich in allem und vor allen Dingen in seiner Bescheidenheit. Es gibt weniger als eine Handvoll Menschen aus meinem Segelleben, denen ich den gleichen Respekt zollen bringen würde.“
„Auch ich bin traurig, dass Wilfried seine letzte Reise angetreten hat. Nach seiner Rückkehr von seiner ersten Weltumsegelung durfte ich ihn 1968 im Hamburger Yachthafen Wedel als frisch gebackener YACHT-Redakteur in der winzigen Kajüte der ,Kathena‘ als erster Journalist überhaupt interviewen. Daraus entwickelte sich eine langjährige Freundschaft. Ich erinnere mich an eine – für Wilfried typische – Begebenheit: Nach seiner dritten Einhand-Weltumsegelung, die er gegen die herrschende Windrichtung in 343 Tagen schaffte, fuhr ich ihm bei seiner Ankunft auf der Ostsee mit unserem YACHT-Redaktionsboot entgegen. Etwa 10 Seemeilen vor seinem Ankunftshafen Kiel trafen wir uns. Die ,Kathena nui‘ lief unter Selbststeuerung ihren Kurs, während Wilfried auf dem Vorschiff stand und enthusiastisch winkte. Ich fuhr dicht heran und rief ihm zu: ,Wilfried, ich habe von meinem Frühstück noch ein hart gekochtes Ei übrig. Soll ich’s dir rüberwerfen?‘ ,Nee, lass man‘, rief er zurück, ,nachher heißt es, ich hatte schon vor dem Hafen Landkontakt!‘ So war er eben – korrekt bis in die Zehenspitzen! Mit Wilfrieds Tod haben wir einen großen – wenn nicht den größten – deutschen Fahrtensegler verloren.“
„Mit Wilfried Erdmann verbinde ich eine der intensivsten Beziehungen zwischen einem unserer Autoren und mir während meiner gesamten verlegerischen Laufbahn. Zu meinen Highlights zählten die jährlichen Gespräche auf der boot in Düsseldorf, die von großer gegenseitiger Sympathie und Wertschätzung geprägt waren. Dieser Austausch hat mir in diesem Jahr bereits gefehlt – und ich werde ihn zukünftig umso mehr vermissen.“