Vendée GlobeThomsons Team hat das Boot – Happy End für Clarisse?

Tatjana Pokorny

 · 23.03.2023

Clarisse Crémer bei ihrer Vendée-Globe-Premiere 2020/2021
Foto: Clarisse Crémer/VG2020

Der Fall beschäftigt vor allem die französische Segelwelt seit Tagen wieder stark: Der Segelrennstall des britischen Weltumseglers Alex Thomson hat den Imoca “Banque Populaire” (Ex-”Apivia”) gekauft. Da Thomson die kommende Vendée Globe nicht selbst bestreiten will, geht die Fachwelt davon aus, dass die ausgebootete Clarisse Crémer nun doch an der Vendée Globe 2024/2025 teilnehmen wird

Alex Thomsons Rennstall AT Racing hat den Imoca gekauft, mit dem Clarisse Crémer ursprünglich an der Vendée Globe 2024/2025 hatte teilnehmen wollen. Doch dann war es zur “Kollision” zwischen Sponsor Banque Populaire, der Rennleitung der Vendée Globe und der Seglerin und jungen Mutter gekommen. Der Start der besten Skipperin der Vendée Globe 2020/2021 (Platz 12) wurde in Frage gestellt, weil sie während ihrer Schwangerschaft nicht genügend Qualifikationsmeilen hatte sammeln können.



Die Vendée Globe verbietet einer Frau, ein Kind zu haben.” (Clarisse Crémer)

Während in anderen Sportarten wie beispielsweise im Tennis die Ranglistenposition einer schwangeren Spielerin für bis zu drei Jahre eingefroren werden kann, gibt es eine solche Regelung im Segelsport nicht. Crémer war überzeugt, sich dennoch qualifizieren zu können. Doch das französische Geldinstitut wollte nicht nur auf eine Hoffnung setzen. Die erwünschte Startgarantie in Form einer Wildcard hatte es für die populäre Seglerin seitens der Veranstalter zunächst nicht gegeben, weil die sich wiederum außerstande sahen, in einem laufenden Zyklus die Regeln zu ändern.

Clarisse Crémer hatte ihren Fall am 2. Februar dieses Jahres mit einem ausführlichen Facebook-Post öffentlich gemacht. Seitdem erhitzt er die Gemüter. Clarisse Crémer, die zu den nur zehn Frauen zählt, die das Solo-Rennen um die Welt in den vergangenen zwei Jahrzehnten mindestens einmal absolviert haben, schrieb: “Die Vendée Globe verbietet einer Frau, ein Kind zu haben, auch wenn sie schon eine anerkannte Sportlerin ist, die die vorherige Auflage beendet hat.”

Der Fall Crémer bewegt die Segelwelt

Clarisse Crémer stellte die Frage, die seitdem viele beschäftigt: “Wer hätte im 21. Jahrhundert gedacht, dass solche Regeln fair sind?” Sogar Frankreichs Sportministerin Amelie Oudea-Castera hatte sich in den Fall eingeschaltet und Kontakt zu den Beteiligten aufgenommen. Bis zum Ende der ersten Februar-Woche hatten rund 13.000 Menschen eine Petition zugunsten Crémers an Banque Populaire unterschrieben.

Bekannte Segler und Seglerinnen stellten sich öffentlich an die Seite von Clarisse Crémer. Doch nichts half. Im Gegenteil: Der Sponsor zog sich auf dem Gipfel der gegenseitigen Schuldzuweisungen ganz vom Vendée-Globe-Projekt für 2024/2025 zurück. Vendée-Globe-Skipperin Sam Davies, die aktuell mit Team Biotherm das Ocean Race an der Seite von Skipper Paul Meilhat bestreitet, sagte: “Ich unterstütze Clarisse Crémer und alle Seglerinnen der Welt. Ich bin so traurig, dass wir nicht schneller reagiert haben, um diese schreckliche Geschichte zu vermeiden. Es hätte nicht passieren dürfen, dass die Karriere von jemandem zerstört wird, um die Leute aufwachen und für Veränderungen kämpfen zu lassen.”

Dasselbe Boot, aber nicht dasselbe Team?

Jetzt könnte die Kehrtwende kommen. In Frankreichs Medien und sozialen Netzwerken wird heiß diskutiert, ob Alex Thomson die “Banque Populaire” für Clarisse Crémer gekauft hat. In dem Fall könnte die 33-jährige Pariserin doch noch mit dem immer dafür vorgesehenen Boot, der Ex-“Apivia” von Charlie Dalin, das Rennen ihres Lebens bestreiten. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es noch nicht. Ebenso wenig eine Bestätigung der Vendée-Globe-Organisatoren, doch eine Wildcard für Clarisse Crémer bereitzustellen.

Gut vernetzte Berichterstatter in Frankreich gehen jedoch davon aus, dass diese Wildcard kommen wird. Den Bootskauf hatte der Rennstall Alex Thomson Racing am 22. März offiziell bestätigt. Nicht nur die Segelexperten des “Figaro” vermuten: “Dasselbe Boot, aber nicht dasselbe Team.” Sie vermelden bereits, dass Clarisse Crémer bei der kommenden Vendée Globe mit der Ex-“Apivia” starten wird, mit der Charlie Dalin den Sieg 2021 nur knapp verpasst hatte. Ihr Rennstall wäre dann nicht Team Banque Populaire, sondern Alex Thomson Racing.

“Clarisse wird viele Leute überraschen”

Thomson selbst hatte angekündigt, zugunsten seiner Familie mindestens eine Auflage auszusetzen. Dass der Vendée-Globe-Dritte von 2012 und Zweite von 2016 die “Banque Populaire” dennoch erworben hat, spricht für das Comeback und ein mögliches Happy End für Clarisse Crémer, die sich selbst noch nicht dazu geäußert hat. Der “Figaro” zitiert außerdem einen namentlich nicht genannten Imoca-Segler so: “Clarisse wird zweifellos viele Leute überraschen, indem sie es schafft, binnen weniger Wochen ein großes Sport- und Marketingprojekt auf die Beine zu stellen.”


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