Andreas Fritsch
· 23.02.2023
Ein mit Spannung erwarteter Neubau in der Imoca-Klasse ist da: Das Finot-Conq-und-Antoine-Koch-Design für Yoann Richomme
Der 39-Jährige wird von vielen als einer der spannendsten Neuzugänge in der Imoca-Klasse gesehen. Mit zwei aufeinanderfolgenden Siegen in der Route du Rhum auf einer Class 40 und zwei Titeln in der Figaro-Klasse gilt er als einer der Besten seines Fachs – was in der Imoca-Welt natürlich nicht unbedingt viel heißen muss, denn viele der Segler dort waren zuvor in anderen Klassen Top-Skipper. Aber Richomme bietet ein sehr starkes Gesamtpaket: Sein Team Paprec Arkea ist gut finanziert, hat schon einen Open 60 gebaut und gemanagt (das vorherige Boot segelte Sébastien Simon, heute bei Robert Stanjeks “Guyot” mit an Bord). Das damalige Juan-K-Design gilt in der Szene aber als langsam und hatte mit vielen technischen Rückschlägen zu kämpfen.
Spannend ist daher der neue Entwurf, gebaut bei der renommierten Werft Multiplast in Vannes, die auch Boris Herrmanns “Malizia – Seaexplorer” gefertigt hat. Das neue Boot ist das Ergebnis einer Kooperation von Antoine Koch und dem Designerbüro Finot-Conq, die eigentlich alte Bekannte in der Vendée sind, schließlich haben sie in der Historie des Rennens vier Siegerboote gezeichnet. Doch das ist verdammt lange her, 2005 gewann Vincent Riou mit “PRB” zuletzt auf einem Finot-Conq-Design. Das Büro hat seitdem noch keinen foilenden Imoca gebaut. Umso spannender ist der Ansatz der neuen Kooperation. Denn Antoine Koch ist der technische Mastermind hinter dem Projekt, der auch Thomas Ruyants “Linked Out” mitentwickelt hat und obendrein zuvor den foilenden Maxi-Tri “Edmond de Rothschild” des Gitana-Teams, beide Top-Boote ihrer Klasse. Und: Die neue “Paprec Arkea” ist ein Schwesterschiff von Thomas Ruyants neuer “Advens”, die zurzeit gebaut wird. Da Ruyant derzeit als der beste Imoca-Skipper zusammen mit Charlie Dalin gilt und er der Einzige ist, der ihn zuletzt schlagen konnte, darf man von dem Boot viel erwarten. Antoine Koch nutzte für die Entwicklung der Foils das Knowhow des AC-Teams von Luna Rossa, deren Leiter entwickelte das Design der beiden Flügel.
Damit wird klar, dass die neue “Paprec Arkea” zusammen mit Yoann Richomme ein echtes Schwergewicht sein könnte. Und der macht auch gar keinen Hehl aus seinen hohen Ansprüchen an sich und das Boot:
“Wir wollen am Ende des Jahres an den fünf führenden Booten dran sein, beim Transat Jacques Vabre ganz vorn mitspielen.” Yoann Richomme
Aber das große Ziel ist natürlich die Vendée Globe, für die ist das Boot auch optimiert, wie Antoine Koch in einem Interview kürzlich verriet. “Die Fortschritte liegen vor allem Downwind mit viel Wind und Welle. Der Rumpf ist designt, um schnell in hohem Seegang zu sein.” Das sei eine der großen Erkenntnisse der letzten Vendée gewesen: Die Boote be- und entschleunigten zu viel, bohrten sich ständig in Wellen oder fielen von den Foils. Nicht gut für hohe Durchschnitts-Speeds. Das hatte auch Boris Herrmann erkannt und daraus sein Boot entwickelt mit enorm viel Auftrieb im Bug und sehr viel Kielsprung.
Der Ansatz von Koch und Finot-Conq ist aber grundlegend anders als der von Boris. “Paprec Arkea” ist sehr schmal, ähnlich wie Jérémie Beyouts “Charal”, und hat lange, eher ellbogenförmige Foils, die komplett eingezogen fast völlig aus dem Wasser geholt werden können. “So sollten wir auch im leichten Wind Vorteile haben. Wir haben so sehr wenig benetzte Fläche im Rumpf und Foil”, so Antoine Koch.
Für ihn war wichtig, dass der Rumpf in hohem Seegang beim Abbremsen nicht zu viel Fläche im Wasser hat, weil das zu stark bremst und entsprechend viel Energie braucht, bis der Speed wieder aufgebaut ist. “Wir haben in manchen Szenarios bis zu 10 % weniger Widerstand im Wasser als Thomas Ruyants alte ‘Linked Out’, das sollte helfen”, so Koch.
Gefolgt sind die Franzosen in einem aber Boris Herrmanns Ansatz: Der Open 60 hat ein komplett geschlossenes Deckshaus. Das sieht jedoch deutlich flacher und geduckter aus als bei “Malizia – Seaexplorer”, eher wie bei “Holcim – PRB” oder “Biotherm”und liegt etwas weiter vorn. Der Bug ist dafür weniger gerundet, ist weniger scowartig als bei “Charal”.
Mit dem Neubau, der gerade erst nach Lorient zur Team-Basis geliefert wurde, wird Richomme schon nächste Woche segeln, im Mai folgt das Guyader Bermudes 1000 Race, das zweihand gesegelt wird. Auch der Saisonhöhepunkt dieses Jahr, das Transat Jacques Vabre im Oktober ist ein Doublehanded-Rennen. Den Co-Skipper dafür hat Richomme noch nicht benannt.
Fans der Bootsklasse dürfen sich in diesem Jahr noch auf weitere spannende Neubauten freuen: In Kürze geht das Schwesterschiff “Advens” von Thomas Ruyant aus der Werft ins Wasser, der Brite Phil Sharp bekommt ein neues Sam-Manuard-Design, und Charlie Dalin stellt seine neue, von Guillaume Verdier gezeichnete “Apivia” fertig. Spannend wird auch das erste Imoca-Design des Class-40-Spezialisten David Raison, das zurzeit in Italien bei Persico gebaut wird. Es wird vom Franzosen Eric Bellion geskippert. Langweilig wird es so bis zum Start der Vendée Globe auf jeden Fall nicht ...