Segel-WartungVorsorge und Pflege – die Haltbarkeit des Tuchs erhöhen

Michael Rinck

 · 20.11.2023

Wenn es sich nicht gerade um Schäden dieses Ausmaßes handelt, kann selbst Hand angelegt werden. Mindestens ebenso wichtig für Eigner ist allerdings die richtige Pflege der Segel
Foto: YACHT/N. Krauss
Viele Schäden am Segel können recht einfach repariert und das Tuch so wieder fit gemacht werden. Wichtig ist, möglichst früh zu handeln, bevor kleine Risse groß werden
Segel sind das teuerste Verschleißmaterial an Bord. Doch mit der richtigen Pflege halten die Tücher länger. Und auch aus gebrauchten Lappen kann noch einiges herausgeholt werden. Tipps zu Wartung und Werterhalt

Dieser Artikel ist Teil eines Segel-Specials. Die Inhalte:

Die Segel sind der Antrieb des Segelbootes, doch häufig kommt ihnen zu wenig Aufmerksamkeit zu. Wird ein Boot gebraucht gekauft, sind die Segel meistens schon älter, und der neue Eigner hat erst mal wichtigere Dinge auf der Liste zu erledigen, etwa den Wartungsstau an Installation und Elektrik, dem Diesel oder akute Maßnahmen wie die Reparatur eines undichten Luks. Zudem sind neue Segel eine große Investition, die bei älteren Booten häufig einen nicht geringen Anteil des gesamten Bootswertes ausmacht.

Doch auch mit einem älteren Segel kann sich der Gang zum Segelmacher lohnen, um die betagten Tücher wieder fit für die kommenden Saisons zu machen. So können kleine Risse einfach abgeklebt oder genäht werden, sich ohne Reparatur aber schnell vergrößern bis hin zu irreparablen Schäden. Eine beschädigte Kausch kann die Kräfte, die an Rutscher oder Stagreiter entstehen, nicht mehr richtig ins Segel einleiten, und es kann an dieser Stelle reißen, eine neue Kausch ist aber vom Segelmacher in wenigen Minuten eingeschlagen.

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Außerdem gibt es noch einige Anbauteile am Segel, die wichtig für Trimm und Stand sind und ebenfalls durchgesehen und erneuert werden müssen. Die Klemmen für die Liekleinen haben oftmals entweder keinen Grip mehr oder sind beim Schlagen des Segels zerbrochen. Ebenso Klettbänder an den Lattentaschen oder bei älteren Kon­struktionen das Gummiband, das die Latte auf Spannung hält. Auch Windfäden fransen aus und können sich lösen, sind aber als Trimmhilfe unverzichtbar.

Easy Fix

Alle diese Teile lassen sich leicht austauschen. Besonders wichtig ist die Erneuerung von verschlissenem UV-Schutz und Patches an Reling- und Salingscheuerstellen. Auch wenn das Segel vermeintlich nicht mehr lange hält, sind das die Dinge, die es schnell unbrauchbar machen können.

Ein verformtes Profil kann allerdings kein Segelmacher vollständig wiederherstellen, das Tuch leiert mit der Zeit aus, dieser Prozess ist irreversibel. Allerdings kann sich auch mit den Jahren das Liektau im Vorliek zusammenziehen, wobei sich das Segel im Gegenzug ausdehnt. Dadurch wird das Vorliek gerafft und erhält eine bauchige Form, die nicht mehr flach getrimmt werden kann. Ein Austausch der fest installierten Leine, die die Kraft im Vorliek aufnimmt, kann das Profil wieder etwas flacher machen und einen lebensverlängernden Effekt auf das alte Segel ausüben.

Segel-Pflege: Die besten Tipps zur Vorbeugung von Schäden und Problemen

Nasse Segel zum Trocknen im Hafen flattern zu lassen ist der absolute Killer. Besser abschlagen und an Deck ausbreiten
Foto: YACHT/J. Rieker
Um lange Freude an einem Segel zu haben, reicht gesunder Menschenverstand: trocken, vor Sonne geschützt lagern, früh reffen

UV-Schutz und regelmäßige Kontrolle durch den Segelmacher

Der Gang zum Segelmacher sollte aber nicht erst geschehen, wenn das Segel schon deutliche Schäden zeigt, auch ein neues Tuch sollte regelmäßig durchgesehen werden. Am einfachsten ist es, die Segel am Saisonende zur Begutachtung zum Experten zu bringen. So können beispielsweise Scheuerstellen, die noch nicht mit einem Patch entschärft wurden, entdeckt und so größere Folgeschäden verhindert werden.

Der wichtigste Punkt, um den Wert eines Segels möglichst lange zu erhalten, ist aber ein guter UV-Schutz. Die zerstörerische Wirkung des ultravioletten Spektrums des Sonnenlichts ist enorm. Die Strahlen machen das Gewebe rau und hart, dadurch wird es brüchig und büßt seine Festigkeit ein, was irgendwann zum Zerreißen führt. Beim Segeln selbst kann das Tuch nicht geschützt werden, allerdings verbringt es die meiste Zeit seines Lebens doch aufgetucht auf dem Baum oder gerollt am Vorstag. Dann ist eine gute Persenning oder ein aufgenähter UV-Schutz besonders wichtig für guten Schutz.

Jens Burmester von Co-Segel an der Schlei zeigt uns in seiner Werkstatt zahlreiche UV-Schäden an den Segeln seiner Kunden. Häufig ist das Vorliek des Großsegels betroffen, so der Segelmacher: Die Eigner schließen zwar den Lazy-Bag, lassen aber die kleine Persenning zwischen Mast und Baumkleid weg. An der Stelle kann die Sonne ungehindert auf die ersten Zentimeter des Segels scheinen und greift das Material an.

Segel-Pflege: Spak verhindern

Fast genauso verheerend für das Tuch ist Spak, die kleinen schwarzen Flecken, die ähnlich wie Schimmel durch Feuchtigkeit entstehen, wenn ein Segel beim Packen oder Einrollen nicht trocken war. Hier stehen Segler allerdings vor einem Dilemma, denn das Segel im Hafen zu setzen und im Wind zum Trocknen flattern zu lassen ist ebenso schädlich.

Wenn es auf den letzten Meilen zum Liegeplatz am Sonntagabend geregnet hat oder viel Spray überkam, müssen sich die Crews die Mühe machen und das Segel abschlagen und im Boot oder an Deck zum Trocknen ausbreiten. Beim Großsegel ist diese Mühe meist nicht notwendig, denn eine gute Baumpersenning ist durchlüftet genug, um das Segel auch aufgetucht trocknen zu lassen. Bei der Rollgenua funktioniert das aber leider nicht.

Vorsorge durch rechtzeitiges Reffen

Besonders wichtig, um das Profil zu erhalten, ist rechtzeitiges Reffen. Wird das Gewebe durch zu hohen Druck überlastet, verändert sich auch die Form des Segels zum Negativen: Es wird bauchiger, kann nicht mehr flach getrimmt werden, und zudem verschiebt sich die tiefste Stelle des Profils aus dem ersten Drittel hinterm Vorliek weiter in die Segelmitte. Das hat zur Folge, dass das Profil mehr Druck und weniger Vortrieb erzeugt. Also die Yacht mehr Lage schiebt, aber langsamer ist. Häufig muss dann viel früher gerefft werden.

Auch das Thema Reinigung und Versiegelung ist für den Werterhalt interessant, allerdings nicht bei ganz neuen Segeln, da diese noch keine Probleme mit Verschmutzung und Spak haben und die Gewebe zudem vom Hersteller versiegelt wurden. Wenn es ein Problem mit Spak gibt, kann eine Reinigung aber helfen, diesen für das Material sehr schädlichen Prozess zu stoppen. Gereinigt wird entweder selbst mit speziellen Lösungen, oder das Segel wird zum Profi geschickt. Ultramar in den Niederlanden bietet einen Reinigungsservice an, aber auch die Produkte zum Selbstmachen. Nach der Reinigung ist eine Versiegelung wichtig, weil die alte mit weggewaschen wurde und mit der Zeit sowieso wirkungslos wird. Sie verhindert, dass das Gewebe Feuchtigkeit aufnimmt. Dadurch trocknet das Segel schneller, und Spakbildung wird vorgebeugt.

Segel mit Bordmitteln reparieren

Bei relativ neuen Segeln kann die Versiegelung den Alterungsprozess des Gewebes verlangsamen, bei alten Tüchern auch, hier macht sich die Reinigung besonders optisch sehr positiv bemerkbar. Aber selbst wenn der alte Lappen wieder strahlt, ein ausgeleiertes Profil lässt sich nicht wegwaschen. Irgendwann führt kein Weg vorbei an einer Neuanschaffung. Bis es so weit ist, können gute Pflege und Wartung diesen Zeitpunkt zumindest hinauszögern.

Dabei kann es natürlich auch zu Schäden kommen, ohne dass die Möglichkeit besteht, direkt die Hilfe eines Segelmachers in Anspruch nehmen zu können. Dann muss mit Bordmitteln gefixt werden. Reparaturen kleiner Risse oder Löcher sind am einfachsten. Dafür sollten immer einige Patches Segeltape in der Werkzeugkiste liegen. Größere Schäden können vielleicht durch Reffen entlastet werden, wenn sie im unteren oder bei Rollsegeln im vorderen Bereich aufgetreten sind.

Im Zweifel sollte, auch wenn kein geeignetes Tape an Bord ist, immer mit den zur Verfügung stehenden Materialien repariert werden, selbst mit Panzertape oder einer unschönen Naht. Geht es doch darum, das Boot in den nächsten Hafen zu bringen und den Schaden nicht größer und gar teurer werden zu lassen.

Wann ein neuer Schnitt notwendig ist

Es kann Fälle geben, in denen ein Recut sinnvoll ist. Sören Hansen von Elvström sieht diese Möglichkeit bei Genuas aus Dacron ohne Latten im Achterliek. Hier wird das Gewebe mit der Zeit weich, und das Achterliek flattert. Durch Anziehen der Liekleinen ist das in den Griff zu bekommen, allerdings macht das Segel dann auch hinten zu. Das Achterliek etwas konkaver zu schneiden und das kaputte Material wegzunehmen kann den Stand deutlich verbessern. Bei Laminaten mit Fasern in Lastrichtung geht das nicht, dann würde ja die Faser durchtrennt, das Achterliek weich und damit das Problem noch verschlimmert.

Dem tiefer werdenden und nach achtern ausgewanderten Profil des Großsegels kann mit mehr Mastbiegung begegnet werden, wodurch das Profil insgesamt flach gezogen wird. Zudem können bei durchgelatteten Segeln ohne verjüngte Latten diese nachträglich installiert und so das Profil wieder etwas nach vorn verschoben werden, da das Segel dadurch im hinteren Bereich steifer und vorn weicher wird.

Ein Segel vollständig umzuschneidern ist aber keine Option. Die Kosten wären enorm, und danach ist das Material trotzdem alt. Irgendwann hilft nur noch, ein neues Segel zu ordern – und seinem Boot damit einen frischen Antrieb zu verpassen.


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