YACHT-Redaktion
· 08.04.2022
Nichts ist ärgerlicher, als wenn es losgehen soll, und ein Segel ist kaputt. Wir zeigen, worauf es beim Saisoncheck der Tücher ankommt
Inhalte des Specials:
Eigentlich sollten alle Arbeiten an den Segeln schon im Herbst erledigt werden – vor allem das Abspülen mit klarem Wasser, um das Salz zu entfernen, da es sonst Wasser anzieht, was zu Stockflecken oder Frostschäden führen kann. Dabei sollte der Eigner ein Auge auf die Feinheiten haben: die Kauschen anschauen, ob diese anfangen auszureißen. Besonders um die Lattentaschen herum kontrollieren, ob die Nähte noch in Ordnung sind; das gilt generell für alle Nähte. Für diesen Check wird heute oftmals mit farbigem Garn genäht, das macht die Prüfung einfacher.
"Wenn diese Prüfung erst im Frühjahr durchgeführt wird, wenn wir Segelmacher immer am wenigsten Zeit haben, besteht die Gefahr, dass sich wegen Wartezeiten der Saisonstart verzögert", sagt Jens Nickel, Segelmacher bei der Segelwerkstatt Stade.
Sollten die Segel Stockflecken haben, müssen diese beseitigt werden. Nickel empfiehlt dafür das Mittel TentoClean; das gibt es bei jedem Segelmacher oder im Zeltbedarf-Zubehör. Dabei aber unbedingt die Gebrauchsanleitung beachten, sonst kann es zu Schäden am Segel kommen. Dieses Mittel kann auch für Stockflecken an Sprayhoods oder im Innenbereich wie in der Nasszelle verwendet werden. Einzig bei beigefarbenen Stoffen empfiehlt er Schimmalgin Spezial vom selben Hersteller. Das sei zwar dasselbe wie TentoClean, dabei werde aber in der Gebrauchsanleitung darauf hingewiesen, dass zuvor ein Faserschutz aufzutragen sei, sonst könne es zu Flecken kommen. Beide Mittel aber nur auf Stoffen mit UV-beständigen Farbträgern verwenden; Polster etwa oder Kleidung können davon ausbleichen. Sprayhoods oder Persenninge sollten zudem regelmäßig imprägniert werden. Auch dafür gibt es verschiedene Mittel; Nickel empfiehlt Prägnolin Ultra.
Sonstige Flecken, etwa Fettspuren, zu beseitigen, wären rein kosmetische Maßnahmen; das Tuch hält deswegen nicht länger oder kürzer und segelt auch nicht schneller oder langsamer. Sie sollte man also eher im Segel lassen. Denn unter einer Reinigung leidet die Garderobe immer, egal mit welcher Methode. Wer seine Segel dennoch unbedingt reinigen möchte, sollte auf keinen Fall irgendwelche Chemikalien benutzen, diese können das Material angreifen. Das gilt noch mehr für Spinnaker oder Gennaker, da ist das Material noch empfindlicher, ebenso für Laminatsegel.
Auch von sogenannten professionellen Wäschereien rät Nickel ab.
"Wir hatten den Fall, dass nach solch einer Reinigung die Latten nach dem Einziehen einen Zentimeter überstanden, weil das Segel geschrumpft war. Das war ein Totalschaden", so Nickel.
Wenn also reinigen, dann eine billige Folie aus dem Baumarkt holen. Die Folie auf eine Rasenfläche legen und als Unterlage nutzen – das Segel nie direkt auf dem Rasen ausbreiten, damit organische Stoffe fernbleiben. Dann mit einer ganz weichen Bürste, lauwarmem Wasser und grüner Seife auf die Knie gehen und schrubben. Bei Laminatsegeln sollte man beachten, dass diese wegen der winzigen Zwischenräume in den Laminatschichten zu einem Kapillareffekt neigen, also Wasser ziehen. Wasser im Segel kann problematisch werden, wenn man schon zu einer Zeit aufs Wasser geht, wo es noch zu Nachtfrösten kommen kann. Dann kann das Eis im Segel das Material aufsprengen und zerstören. Deshalb bei solchen Bedingungen nach einem vielleicht noch regnerischen Törn die Segel, auch solche aus gewebtem Tuch, lieber noch einmal abschlagen und mit nach Hause nehmen. Wegen dieses Risikos sollte auch eine Reinigung mit Wasser besser in die Zeit ohne Frostgefahr gelegt werden.
Falten im Segel sollte man lieber belassen, anstatt sie etwa wegzubügeln. Das Problem ist bei heutigen Tüchern auch kaum noch vorhanden. Falten von der Lagerung ziehen sich nach 20 Minuten Segeln von selbst wieder heraus. Anders ist es bei stark geharzten Tüchern. Da sind Knicke ärgerlich; sinnvoll kann man diese aber nicht mehr beheben.
Beim Anschlagen der Segel muss unbedingt darauf geachtet werden, dass Mastrutscher richtig herum, also mit der Oberseite nach oben, eingefädelt werden. Sonst brechen sie sehr leicht oder reißen ab, sobald das Fall einmal durchgesetzt wird. Wer Rutscher mit Rollen hat, sollte die Rollen säubern: mit einer Zahnbürste und warmem Wasser Salz- und Sandkristalle entfernen und vor dem Einfädeln mit Gleitspray einsprühen. Auch die kleinen Federn an Stagreitern können etwas Spray vertragen.
Viele Tücher gehen wegen mangelnden UV-Schutzes vorzeitig kaputt. Auch Schlauchpersenninge werden laut Nickel offenbar nicht diszipliniert genug über das Segel gezogen, das sollte jeden Abend erfolgen.
"Der Schlauch hat aber eigentlich ausgedient, nur noch etwa 30 Prozent unserer Kunden bekommen ihn", so Nickel.
Der einzige Grund, der für ihn spricht ist, dass er mehrfach, also für verschiedene Segel, genutzt werden kann. Dagegen gibt es heute sehr guten UV-Schutz, der direkt auf das Tuch aufgebracht wird und die Segeleigenschaften nicht beeinflusst. Damit ist das Segel immer sofort geschützt, sobald es eingerollt wird. So eine Versiegelung kann auch bei bereits vorhandenen Segeln aufgebracht werden und kostet etwa 33 Euro pro Meter Achter- und Unterliekslänge. Aber: Wenn man so einen Schutz hat, gehört kein Schlauch mehr darüber. Dieser arbeitet im Wind immer etwas und würde die UV-Versiegelung vom Segel scheuern.
Gibt es Scheuerstellen im Segel, etwa im Bereich der Salingsnocken, sollte unbedingt nach der Ursache geforscht werden. Denn moderne Tücher brauchen keine schützenden Patches mehr, auf ihnen ist meist schon eine Schutzschicht aufgebracht. Wenn also Scheuerstellen bestehen, liegen diese am Beschlag wie den Salingsnocken, nicht am Segel. Wer Patches auf solche Stellen kleben möchte, holt sich am besten selbstklebendes Segeltuch im Fachhandel. Beim Anfertigen ist zu beachten, dass die Flicken nicht zu groß ausfallen und die Ecken gerundet geschnitten werden. Beim Aufbringen darf es nicht zu Lufteinschlüssen kommen.
Wenn die Tücher repariert und gepflegt wieder gesetzt werden, geht es um den optimalen Trimm. Diese beiden Videos zeigen, wie man die Segel richtig einstellt.