Es ist Herbst, bald steht beim Auto der Wechsel auf Winterreifen an. Würden Sie dann zum Reifenhändler sagen: „Ich glaub’, der Reifen hinten rechts platzt bald. Brauche ich da was Neues? Dann nehme ich mal vier Räder für meinen Golf. Geben Sie mir irgendwas Schwarzes.“ Sicher nicht. Sie lesen Testberichte, schauen auf die Werte beim Bremsverhalten und die Geräuschentwicklung, achten auf Erfahrungen im Bekanntenkreis und machen um Billigfabrikate ohne Namen einen Bogen. Gut so. Nur – warum passiert das nicht auch bei der Bestellung der neuen Segelgarderobe? Zumal diese nicht nur den Reifen beim Auto entsprechen, sondern auch dem Motor? Wer nicht sportlich aktiv segelt, für den sind die Segel oftmals nur inhaltslose Weißware. Doch sowohl beim Kauf als auch später beim Segeln, Pflegen und Warten gibt es einiges zu beachten - zu ihrem Vorteil. In diesem Segel-Special nehmen wir daher den Antrieb von Segelyachten ganz genau unter die Lupe, vom richtigen Schnitt bis zur neuesten Technologie genauso wie zur Pflege des alten Dacron-Tuchs.
Segel aus Tuch werden nach wie vor auf einem Großteil der Yachten gesetzt. Doch wie wird es eigentlich hergestellt? Dem Segelmacher stehen bei der Konfiguration viele Stellschrauben zur Verfügung, die er umso besser justieren kann, je genauer er über den Kunden, dessen Boot und sein Segelverhalten Bescheid weiß. Revier, Nutzungsdauer, Leistungsanspruch, Trimmerfahrung – das sind nur ein paar dieser Faktoren. Reagieren kann ein guter Handwerker darauf mit angepasstem Segelschnitt, entsprechender Ausstattung und – vor allem – dem passenden Segeltuch. Denn auch wenn weiße Segel aus der Entfernung immer gleich aussehen, gibt es doch eklatante Unterschiede beim Material, die sich bei Belastbarkeit, Haltbarkeit, Profiltreue und Preis mitunter weit voneinander absetzen.
Im Vergleich zu den modernsten Materialien und Fertigungsformen macht Dacron in jedem Fall und in beinahe allen Belangen allerdings ein schlechtes Gesicht. Wer denkt, dass die Neuheiten jedoch nur für Regattasegler eine sinnvolle Anschaffung sind, liegt ganz klar falsch. Denn ausgerechnet die neueste Technologie von Dimension-Polyant richtet sich insbesondere an Fahrtensegler - sowohl von den Eigenschaften als auch preislich. Die mehrlagige Rollenware Tyra Ply soll die Filamenttechnologie der Hochleistungsmembranen in den Massenmarkt bringen, doch was genau ist das überhaupt?
Die Filamenttechnologie von Dimension-Polyant ist jedoch längst nicht alles an modernem Segelstoff. Über die Jahre gab es bereits mehrere Material-Revolutionen seit der Ablösung von Dacron. Welches Material das Beste ist, ist pauschal nur schwer zu beantworten. Dazu muss der Eigner seine Ansprüche und Gegebenheiten definieren, vor allem aber die Unterschiede zwischen all den Materialien und Markennamen kennen.
Um mit dem gewählten Material dann schlussendlich ein gutes und zu Schiff und Eigner passendes Ergebnis zu erzielen, braucht es allerdings noch mehr. Wie bereits erwähnt, ist insbesondere der Schnitt entscheidend. Auch hier gibt es keine optimale Pauschallösung für jeden oder eine komplette Yacht. Je nach Segelgarderobe und Bootstyp muss unterschieden werden und auch die Grundgattungen des horizontalen oder radialen Schnitts fächern sich in Unterkategorien auf. Ein Verständnis über die jeweiligen Eigenschaften hilft nicht nur beim nächsten Kauf, sondern auch beim Trimm.
Eine ganz besonders wichtige Frage hat sich bereits angedeutet: Welche Segel brauche ich überhaupt? Auf Regattayachten wie Boris Herrmanns “Malizia Seaexplorer” sind häufig acht oder mehr Vorsegel dabei - für alle Bedingungen und Kurse das optimal Passende eben. Dass es das auf dem Sommertörn oder gar dem Feierabendschlag nicht braucht, sollte klar sein. Auf zu viel möchten allerdings auch die meisten Fahrtensegler nicht verzichten - welche Segeltypen und -formen möglich und sinnvoll sind:
Neben Material, Schnitt und der Wahl des passend gewählten Segeltyps, spielt bei der für Eigner so wichtigen Haltbarkeit des Tuchs, vor allem auch die korrekte Pflege eine wichtige Rolle. Denn Segel sind das teuerste Verschleißmaterial an Bord. Mit den richtigen Kniffen bei Vorsorge und Wartung kann einiges an Geld gespart und so beispielsweise in die Erweiterung der Segelgarderobe reinvestiert werden. Selbst aus älteren Segeln kann - gewusst wie - noch etwas herausgeholt und der Neukauf aufgeschoben werden.
Wichtig ist dabei auch die korrekte Lagerung der Segel. Sowohl auf dem Schiff als auch im Winter gilt es einige Details zu beachten. Beim Segeln unter anderem auch im Sinne der Sicherheit und Schnelligkeit bei Manövern, im Hafen für kurze Vorbereitungszeiten und im Winterlager mit besonderem Augenmerk auf die Haltbarkeit. Entscheidend sind dabei auch die passenden Segelsäcke.
Sollten Sie sich jetzt oder schon länger dafür entschieden haben, dass es in diesem Winter Zeit für eine Erneuerung oder groß angelegte Wartung der Segelgarderobe ist, so sollten Sie sich sowohl in unseren Ratgebern als auch im Gespräch mit dem Segelmacher bestmöglich zurechtfinden. Denn wie in jedem Handwerk, pflegen auch auch Segelmacher ihre eigene Fachsprache, bei der es schnell zu Missverständnissen kommen kann. Auch einige Begriffe aus dem Englischen haben sich eingebürgert, sind aber längst nicht jedem Segler geläufig.