Seeunfall mit TodesfolgeBSU-Bericht über den Fall “Speedy Go” auf der Flensburger Förde veröffentlicht

Lasse Johannsen

 · 01.06.2023

Seeunfall mit Todesfolge: BSU-Bericht über den Fall “Speedy Go” auf der Flensburger Förde veröffentlichtFoto: Screenshot BSU
Im April stürzte ein Ausbildungsskipper auf der Flensburger Förde in Höhe der Halbinsel Holnis von Bord der Segelyacht “Speedy Go”. Nach einem misslungenen Versuch der Crew, ihn wieder an Bord zu bekommen, erlag er den Folgen des sehr schweren Seeunfalls, was die intensive Untersuchung aller Begleitumstände dieser Tragödie durch die BSU nach sich zog. Die hat jetzt einen umfassenden Bericht über die Geschehnisse vorgelegt und Handlungsempfehlungen für die Sportschifffahrt erarbeitet

Schon im Februar berichteten wir über den Zwischenbericht, in dem der Sachverhalt umfassend dargelegt wurde:

Danach war der verunfallte Schiffsführer der 13,50 Meter langen, gewerblich genutzten Segelyacht “Speedy Go” am 8. April 2022 um 12.19 Uhr (MESZ) nach einem misslungenen Segelmanöver über Bord gestürzt und ertrunken. Zuvor sei er auf das Vorschiff gegangen, da sich dort bei einer Halse die Schoten des Vorsegels verfangen haben sollen. Nachdem er sie klariert hatte, habe er sich just in dem Moment aufgerichtet, als erneut Wind ins Segel kam, die Yacht krängte und wieder Fahrt aufnahm. Der Skipper sei in der Folge rücklings über die Seereling ins Wasser gefallen. Den Mitseglern sei es nicht gelungen, ihn zurück an Bord zu hieven, obwohl er sich kurz darauf wieder am Heck der “Speedy Go” befunden habe. Einer der Mitsegler sei danach selbst ins Wasser gestiegen, um zu helfen, aber abgetrieben. Die Crew habe ihn dann unterkühlt bergen können. Der im Verlauf dieses Geschehens ebenfalls abgetriebene Skipper hingegen sei von einem Rettungshubschrauber aufgenommen worden und wenig später den Folgen des Unfalls erlegen.

Offen ließ der Zwischenbericht im Februar noch, wie der Tod des Skippers im konkreten Fall zu verhindern gewesen wäre und welche generellen Handlungsempfehlungen sich für die Sportschifffahrt aus dem Drama ableiten lassen. Das liefert nun der endgültige Untersuchungsbericht auf 137 Seiten mit zahlreichen beschrifteten Fotos, Kartenausschnitten, Skizzen und tabellarischen Darstellungen.

Fehlende Eigensicherung führte zum Überbordgehen, eine Rettungsweste hätte laut BSU das Ertrinken verhindern können

Zusammenfassend stellen die Unfalluntersucher fest: “Die Ursache für das Überbordgehen des Skippers war eine fehlende Eigensicherung mittels Lifeline gegen das Überbordfallen beim Gang auf das Vorschiff in Verbindung mit dem Einnehmen eines unsicheren Stands auf der Leeseite der Yacht. Ursächlich für das Ertrinken des Skippers war insbesondere das Nicht-Tragen einer Rettungsweste.

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Und weiter: “Mehrere weitere Aspekte wurden als begünstigende Faktoren für das Unfallgeschehen erkannt. Es wurde Optimierungspotential festgestellt in Bezug auf das Sicherheits- und Qualitätsmanagement des Schiffsbetreibers, die Törnvorbereitung und (Sicherheits-)Einweisung, Crew Management, ein sicheres Verhalten an Deck, Schiffsausrüstung, Notfallmanagement sowie die Inhalte der Prüfungen in der gewerblichen Sportschifffahrt. Sicherheitsempfehlungen wurden adressiert an das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger sowie den Schiffsbetreiber und die Bauwerft der SPEEDY GO.”

Zahlreiche Empfehlungen an Ministerien, Seenotretter, Ausbildungsbetriebe, Yachtsegler und Bauwerften

Die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung empfiehlt dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr und der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, die Inhalte ihrer Publikationen abzustimmen, um unterschiedliche Informationen zu vermeiden; außerdem für die Sicherheitseinweisung an Bord eine einheitliche Checkliste zu entwickeln und zu verbreiten.

Betreibern von Ausbildungsyachten wird unter anderem geraten, ihr Sicherheitsmanagementsystem im Bezug auf die Einweisung der Crew zu überarbeiten, die Verschriftlichung wichtiger Vorgaben an das Personal sowie dessen regelmäßige Fortbildung.

Beispiel der BSU für eine Checkliste zur Einweisung der Crew vor dem Törn. Sie umfasst annähernd drei DIN-A4-Seiten und ist vollständig im Bericht enthaltenFoto: BSUBeispiel der BSU für eine Checkliste zur Einweisung der Crew vor dem Törn. Sie umfasst annähernd drei DIN-A4-Seiten und ist vollständig im Bericht enthalten

Weiter empfiehlt die BSU Rettungsmittel, falls überhaupt erforderlich, nur mit geeigneten Schnüren oder Gummiexpandern zusätzlich zu befestigen, um eine schnelle Einsatzbereitschaft sicherzustellen.

Dringender Appell an die Einhaltung der Prinzipien guter Seemannschaft

Außerdem wird Ausbildungsbetrieben geraten, ihre Schiffsführungen regelmäßig anzuweisen, die folgende Prinzipien guter Seemannschaft zu befolgen:

  • 1. konsequente Nutzung von Lifelines und sicheres Bewegen an Deck,
  • 2. konsequentes Tragen von Rettungswesten,
  • 3. umfassende (Sicherheits-)Einweisung vor Törnbeginn,
  • 4. Einteilung von Notrollen vor Törnbeginn,
  • 5. Durchführung von Übungsmanövern bei Törnbeginn,
  • 6. Tragen angemessener Segelkleidung,
  • 7. Umsetzung der Prinzipien des Crew Managements,
  • 8. richtiges Verhalten nach einem Sturz ins kalte Wasser.

Werften wird empfohlen, ihre Yachten zukünftig nicht mehr mit mobilen Badeleitern auszurüsten, da solche keine geeigneten Wiedereinstiegsmittel seien.


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