Andreas Fritsch
· 03.03.2023
Die Britische Cruising Association sammelt Daten von Orca-Angriffen und zieht teils überraschende erste Schlüsse. So soll es Zusammenhänge mit schwarzem Antifouling geben
Kaum ein Thema wird unter Langfahrtseglern, die sich auf den Weg zu den Kanaren oder ins Mittelmeer machen, mehr diskutiert als das der Orcas, die vor der portugiesischen und spanischen Atlantik-Küste immer häufiger Segelboote angreifen und ihre Ruder abbrechen oder sogar die Aufhängung im Rumpf dabei so stark beschädigen, dass die Yachten sinken. Forscher untersuchen das Thema seit Jahren und versuchen herauszufinden, warum die Tiere angreifen und vor allem, wie Segler sich am besten davor schützen können beziehungsweise die Angriffe komplett vermeiden.
Genau dazu hat eine Arbeitsgruppe der Britischen Cruising Association unter John Burbeck nun erste Thesen aufgestellt, die sie jetzt weiter verfolgt und zu bestätigen oder entkräften versucht. Dafür sammelt sie online in Fragebögen Informationen von Seglern, die Kontakt mit den Tieren hatten, egal ob sie dann angegriffen wurden oder nicht. Der Fragebogen für Betroffene ist online und kann hier aufgerufen werden. Dabei geriet nun schwarzes Antifouling zunehmend in den Fokus der Segler.
“Mehr als 50 % der Boote, die angegriffen wurden, hatten laut unseren Daten schwarzes Antifouling”, berichtet der Burbeck. Das könnte natürlich auch ein Zufall sein, wenn viele Yachten schwarzes Antifouling haben, aber zugleich “haben nur 25 % der Boote, die nicht angegriffen wurden, schwarzes Antifouling”. Die Datengrundlage der Briten, die seit April 2022 Berichte zusammentragen und mittlerweile rund 120 davon ausgewertet haben, scheint schon recht breit.
“Möglicherweise ergibt sich da gerade etwas Interessantes, aber wir müssen natürlich noch mehr Daten zusammentragen”, so Burbeck. Immerhin hat die Untersuchung bereits andere interessante Ergebnisse geliefert, so etwa, dass das zunächst empfohlene sofortige Ausschalten des Echolots bei Kontakt mit den Tieren ohne jeden Effekt sei. Es könnte natürlich sein, dass sich die These vom schwarzen Antifouling bei mehr Berichten auch wieder in Wohlgefallen auflöst, aber zumindest sei das ein Ansatz, den es weiterzuverfolgen gilt.
Die Briten versuchen auch Rückschlüsse auf das Verhalten der Tiere während des Angriffs zu ziehen, doch das erweist sich als schwierig, so Burbeck:
“Manche der Angriffe passieren ganz plötzlich. Es gibt einen Crash, und das Ruder ist gebrochen. In anderen Fällen ist es ganz offensichtlich, dass die Tiere spielen, weil sie die Ruder vorsichtig drehen, leicht anschubsen und ganz offensichtlich Spaß daran haben und immer wieder zurückkehren, bis es dann letztendlich abbricht. Danach verlieren die Tiere sehr schnell das Interesse. Andere Yachten wurden von den Walen auf bis zu vier Knoten Speed beschleunigt. Manche spielen ganz eindeutig mit den Booten, andere kommen wie Kanonenkugeln angerast und brechen das Ruder einfach blitzschnell ab. Mal sind es einzelne Tiere, mal bis zu sechs. Es wäre einfacher, wenn es immer dieselbe Vorgehensweise wäre, aber so ist es eben nicht.”
Andere Tipps, die gegen die Orcas kursieren, sind ebenfalls nicht sehr hilfreich. Letzte Idee war es, Sand ins Wasser zu werfen, wenn die Tiere angreifen. Er soll unangenehm für sie sein und die Sicht stören. Eine Crew, die genau das tat, als sie angegriffen wurde, berichtete nun, dass das zunächst funktionierte. Aber man müsse ziemlich große Mengen an Sand mitnehmen, denn sobald sie mit dem Streuen aufhörte, als die Vorräte erschöpft waren, griffen die Tiere wieder an und brachen das Ruder ab.
Segler, die demnächst das betroffene Seegebiet passieren wollen, können sich mittlerweile auf einer ganzen Reihe von Webseiten zu dem Thema informieren, etwa auch auf der Blauwasser-Seite Noonsite, die eine Extraseite zum Thema eingerichtet hat, die ständig aktualisiert wird. Die YACHT hatte auch unlängst ein großes Thema dazu online.