Max Gasser
· 10.11.2023
Es ist vollbracht: Das “Geisterschiff” wurde heute Mittag in das Norderneyer Hafengelände verfrachtet. Zuvor war die Yacht des Medienberichten zufolge aus Freiburg stammenden, rund 70 Jahre alten Eigners mit zwei Baggern noch auf dem Strand auf einen Tieflader gehoben worden. In den kommenden Tagen soll die Reparatur von Ruder und Motor in Angriff genommen werden. Um Eigner und Schiff zu unterstützen, haben Insulaner ein Spendenkonto eröffnet, auf das laut eigenen Angaben nach weniger als einem Tag bereits 1.500 Euro eingezahlt wurden.
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Offenbar bahnt sich früher als zunächst gedacht eine Beseitigung des auf Norderney angespülten “Geisterschiffes” an. Gestern hatte der Eigner im Interview mit der “Bild”-Zeitung noch angegeben, nicht kooperieren und stattdessen keine Hilfe annehmen zu wollen: “Das Ordnungsamt war schon da. Die wollen bestimmt noch Geld von mir haben. Aber ich bin da ganz entspannt.” Dennoch habe er noch am selben Tag beim Bürgermeister um Hilfe gebeten, wie die Stadt mitteilte. Derzeit wird geprüft, wann und auf welchem Weg die Yacht geborgen werden kann. Möglicherweise könnte das schon am morgigen Freitag der Fall sein. „Das Schiff muss kurzfristig vom Strand runter, damit die Gefahr eines weiteren Verdriftens beziehungsweise eine Beschädigung der Küstenschutzanlagen gebannt ist“, so Bürgermeister Ulrichs.
Bei idealen Bedingungen hinsichtlich Wasserstand, Wind und Wellen könnte das “Geisterschiff” sogar per Schlepper zurück aufs Meer gezogen werden. Dazu sind möglicherweise Vorarbeiten wie das Ausbaggern einer Rinne notwendig. Sollte die Bergung so gelingen, sind zudem Reparaturen an der Ruderanlage und dem Motor erforderlich, um das Schiff in seinen Heimathafen zu bringen.
Wenn eine Bergung über Wasser nicht möglich ist, wird auch eine Bergung über Land in Betracht gezogen. Bürgermeister Ulrichs hat sich bereits mit einem lokalen Unternehmen getroffen, um diese Option zu besprechen. Das Schiff müsste dann an Land repariert und in den Heimathafen gebracht werden. Die letzte Option wäre eine Zerlegung und Verwertung der Yacht.
Beim am Montagvormittag auf Norderney angeschwemmten Segelschiff handelt es sich nicht etwa um eine Kulisse für den nächsten Teil von “Fluch der Karibik”, sondern vielmehr um einen havarierten Eigenbau. Dem laut Medienberichten ungefähr 70 Jahre alten Skipper der Segelyacht gelang die Ansteuerung des Hafens nicht. Er soll Schwierigkeiten gehabt haben, das Schiff zu stoppen, er strandete mitten im Badebereich des Weststrandes der Insel.
Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) wollte das Unglück noch verhindern, war bereits mit ihrem Seenotkreuzer “Eugen” auf dem Wasser und nahm Kontakt auf. Zu diesem Zeitpunkt bestand keine akute Gefahr, und der Deutsch sprechende Skipper wollte nach Angaben der DGzRS keine Hilfe in Anspruch nehmen. Abwenden konnte er die Havarie daraufhin zwar nicht, blieb dabei jedoch unversehrt. Gegenüber dem NDR erklärte eine Polizeisprecherin, dass das Boot keinen funktionierenden Motor, keinen Anker und bei der Strandung einen Ruderschaden erlitten habe.
Angeblich handelt es sich beim gestrandeten “Geisterschiff” um einen Eigenbau, was angesichts der Optik plausibel erscheint. Nicht nur sieht es längst verlassen und heruntergekommen aus, sondern auch die Rumpfform ist einzigartig. Während der Bug an eine römische Galeere mit Rammsporn und Augenmotiv erinnert, kommt der Rest des Rumpfes dem eines Motorseglers am nächsten. Das Heck ist offen und verfügt über eine interessante Ruderaufholmechanik, zudem scheint ein rotes aufblasbares Kanu oder Ähnliches als Dingi zu fungieren.
Letzte Woche noch soll die Grusel-Yacht im Hafen der Nachbarinsel Juist gelegen haben. Anderen Berichten nach wurde das Boot vor einigen Wochen auch schon in Groningen gesichtet. Seit der Strandung auf Norderney zieht das “Geisterschiff” zahlreiche Schaulustige an und wurde unverhofft zu einer neuen Touristenattraktion. Der Eigner habe nach eigenen Angaben bereits öfter längere Zeit auf dem Segelboot verbracht und lebt auch jetzt weiterhin auf seinem Boot, wie ein Fotograf berichtete. Den Besuchern erzähle er Geschichten von seinem Leben auf dem Meer.
Um ein Geisterschiff im Wortsinn handelt es sich demnach zwar nicht, da es weiterhin bewohnt ist, die Assoziationen mit einer verlassenen Yacht sind jedoch kaum abzustreiten.
Laut DGzRS besteht keine Gefahr, dass die gestrandete Yacht wieder aufs Meer hinaustreibt, und auch die Umwelt sei nicht bedroht. Dennoch ist der Eigner dazu verpflichtet, die geheimnisvolle Yacht auf eigene Kosten vom Strand zu beseitigen. Wie das passieren soll, ist allerdings noch unklar.
Solange der Eigner nicht den deutlich erkennbaren Willen zeigt, das Eigentum aufzugeben, bleibt das “Geisterschiff” weiterhin in seiner Hand und Verantwortung. Sollte sich das allerdings ändern, erlischt das Eigentum, und es handelt sich bei der Yacht fortan um eine herrenlose Sache. Wenn also klar erkennbar ist, dass der Eigner sein Eigentum aufgeben will, kann das Schiff auch von Dritten ohne Weiteres übernommen werden. Ob ein Geisterschiff gestrandet ist oder auf See treibt, macht dabei in Deutschland keinen Unterschied.