GibraltarYacht sinkt nach 45-minütigem Orca-Angriff

Max Gasser

 · 06.11.2023

Orca auf Raubzug? Zuletzt war es still, doch jetzt wurde erneut eine Yacht Opfer der Schwertwale. Forscher gehen allerdings nicht von aggressivem Verhalten, sondern eher von "Spiel" aus (Symbolbild)
Foto: Tamara Bitter/Unsplash
Vor Gibraltar haben die Killerwale wieder zugeschlagen: Eine polnische Charteryacht ist nach einer heftigen Orca-Interaktion gesunken. Die Crew blieb unversehrt

Mehrere Monate sind vergangen, seit wir zuletzt über einen Orca-Angriff mit schwerwiegenden Folgen berichtet haben. Die problematische Gruppe, die rund um die Straße von Gibraltar aktiv ist, schien sich beruhigt zu haben. Jetzt kam es jedoch wieder zu einer Orca-Interaktion – eine 2017 vom Stapel gelaufene Jeanneau Sun Odyssey 449 ist dabei gesunken.

Die 13,74 Meter lange Charteryacht des polnischen Anbieters “Morskie Mile” wurde zuvor von einer Gruppe von Orcas 45 Minuten lang attackiert. Wie üblich schlugen die Schwertwale gegen die Ruderanlage, fügten allerdings nicht nur dieser erheblichen Schaden zu, sondern verursachten auch ein Leck. Trotz aller Maßnahmen des Skippers und der Crew sowie der Seenotretter, Schlepper und der marokkanischen Marine sei die stark beschädigte Yacht noch vor der Einfahrt zum Hafen Tanger Med gesunken, heißt es in der Mitteilung des weltweit agierenden Charterunternehmens.

Mit der iberischen Subpopulation kommt es seit mehreren Jahren zu kritischen Interaktionen. Aus bisher ungeklärten Gründen beschädigen die Orcas seit 2020 gezielt immer wieder insbesondere Ruderblätter von Segelyachten unter 20 Meter Länge. Viele Yachten wurden infolge einer solchen Interaktion beschädigt, mehrere sind bereits gesunken.

Orca-Attacke oder -Interaktion?

Zwar können die als sehr intelligent geltenden Schwertwale untereinander kommunizieren und voneinander lernen. Bisher ist jedoch nur diese eine Orca-Gruppe als gefährlich aufgefallen, ein Übersprung des Verhaltens auf die wohl Dutzenden Populationen weltweit ist laut Forschern nicht zu erwarten. “Es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieses Verhalten des ‘groben Spiels’ mit Booten über große Entfernungen übertragen werden kann”, so Mark Simmonds, wissenschaftlicher Leiter der Meeresschutzorganisation “OceanCare”. Er kann daher Entwarnung geben: “Außerhalb des Gebiets, in dem die bekannte iberische Subpopulation lebt, besteht keine allgemeine Gefahr durch Orcas für die Schifffahrt.”

Darüber hinaus gehen die Wissenschaftler nicht von tatsächlichen Angriffen der Schwertwale aus. In einem im August veröffentlichten offenen Brief bringen 80 Experten ihre Sorge zum Ausdruck, dass das Verhalten der Tiere häufig inkorrekterweise als aggressiv und als Rache am Menschen dargestellt werde. Diese Vermenschlichung tierischen Verhaltens sei unverantwortlich und könne Gewalt gegenüber Orcas fördern. Das sieht auch “OceanCare” insbesondere deshalb kritisch, weil die betreffende Subpopulation auf der Roten Liste gefährdeter Arten als “kritisch bedroht” eingestuft wird.

Im selben Brief wird allerdings auch erwähnt, dass die Wissenschaft noch nicht erklären könne, warum es zu den Interaktionen kommt und wie man unter anderem als Segler stattdessen handeln sollte. Die bisher empfohlenen Methoden konnten nicht immer die gewünschte Wirkung erzielen:


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