Die Idee hinter der Klasse der Globe 5.80 ist simpel. Erst baut man sein eigenes Boot - einen 5,80 Meter langen Kleinkreuzer aus Sperrholz, der mit Glasfaser und Epoxid ummantelt ist. Und im nächsten Schritt steht einer Ozeanüberquerung nichts im Weg. An diesem Punkt stehen die 15 Teilnehmenden des diesjährigen Globe-5.80-Transat-Rennens. Am Samstag, den 28. Dezember, machen sie sich vom portugiesischen Lagos auf den Weg in die Karibik. Es ist bereits das dritte Mal nach 2021 und 2023, dass sich eine Flotte abenteuerlustiger Segler auf den Weg über den Atlantik begibt - auf ihren selbstgebauten Booten.
Das Design des Offshore-Kleinkreuzers stammt von dem Polen Janusz Maderski. Er hat bereits die Setka A-Klasse entworfen - ein fünf Meter langes Boot, mit dem immer sich immer wieder Segler über den Atlantik gewagt haben. Die Class Globe 5.80 ist wiederum eine Weiterentwicklung dieses Hochsee-Minis.
Kennzeichnend für die Klasse ist die Länge von 5.80 Metern. Sie wurde gewählt, damit das Boot in einem 20-Fuß-Container transportiert werden kann. Weitere Besonderheiten sind der Knickspant-Riss, die zwei wasserdichten Schotten sowie ein Skeg vor dem Ruder. “Es ist ein sehr einfaches Boot, mit einem großartigen Design - nichts super technisches. Es führt zurück zum reinen Segeln”, sagt der Gründer der Klasse, der Australier Don McIntyre.
So soll der Globe 5.80 bereits beim Bau Freude bereiten und gleichzeitig bezahlbar sein. Es gehe darum, Freude am Projekt zu haben und Teil einer internationalen Gemeinschaft von Selbstbauern und Seglern zu sein, so McIntyre in einem Interview mit der YACHT (08/2020). Besonders im Hinblick auf die Kosten sieht er bei der Class Globe 5.80 Vorteile. „Die gesamte Flotte von 15 Yachten hat einen geringeren Wert als ein einzelnes Foil eines IMOCA. Dennoch sind sie leistungsfähige und geprüfte Hochseereisende, die speziell entwickelt wurden, um allein um die Welt zu segeln – genau wie eine IMOCA“, so McIntyre.
Das ist sicherlich einer der Reize, weshalb immer mehr Neugierige das Selbstbau-Projekt wagen. Das zeigt sich auch an der steigenden Anzahl der Beiträge im Builders Blog der Class Globe 5.80. Diese Webseite dient dazu, dass jeder Selbstbauer, der von der internationalen Klassenvereinigung registriert werden möchte, seinen Bau offiziell dokumentiert. Der letzte Blog-Eintrag verzeichnet die Rumpfnummer 235, was bedeutet, dass bereits mehr als 235 Baupläne verkauft wurden. Allerdings spiegelt diese Zahl nicht unbedingt die tatsächliche Anzahl der existierenden Rümpfe wider, da nicht jeder Bau bis zum Ende realisiert wird. Daher dürfte die Zahl der tatsächlich vorhandenen Boote deutlich geringer ausfallen.
Einer, der es geschafft hat, ist Christian Sauer. Er ist einer von bislang acht Deutschen, die das Selbstbau-Projekt gestartet und einer der wenigen, die es auch beendet haben. Im Juli 2021 begann er mit dem Bau. Bootsbau-Erfahrungen habe er keine, sagt Sauer. Allerdings ist im als gelernter Tischler und studierter Bauingenieur das Handwerk nicht allzu fremd.
Alles machte er in Eigenregie: Rahmen aus Massivholz, Rumpf und Innenausbau aus Sperrholz, Laminieren. Den Plan kaufte er online für 300 Euro, das Holz, CNC gefräst, als Kit. Die Kielbombe aus Blei goss er selbst. “Wenn man Spaß an der handwerklichen Tätigkeit hat, gibt einem das wirklich viel - aber es ist auch wahnsinnig viel Aufwand”, sagt Sauer. Anfangs sei der Selbstbau noch parallel zu seinem Beruf gelaufen. Doch seit Dezember 2023 mache er es in Vollzeit.
Ein Problem, mit dem er während der Bauzeit zu kämpfen hatte, sei die Zeit gewesen. Vor allem Lieferschwierigkeiten bei einigen Bauteilen machten ihm zu schaffen. Vieles verzögerte sich: So brauchte der Elektriker statt zwei ganze fünf Wochen. Zusätzlich musste er vielen Bauteilen hinterhertelefonieren. Deshalb sei das Panik-Level hoch, sagte Sauer wenige Tage vor dem Start. “Als ich realisiert habe, dass ich für die nächsten 15 Monate nicht mehr zu Hause bin, hat das den Puls schon ansteigen lassen.” Nun, kurz vor dem Start, schwanke das Gemüt von einem Extrem ins andere. Und ob am Ende alles funktionieren wird, wisse er nicht. “Aber ich kämpfe dafür”, so Sauer.
Eine erste Hürde hat Christian Sauer gemeistert. Mitte Dezember hat er sein Boot auf einem Trailer nach Lagos gezogen. Dort stehen nun die letzten Vorbereitungen an. Mast stellen, Aufriggen, Motor montieren und so viel wie möglich testen, bevor es losgeht. Hinzu kommen Sicherheitsbriefings, Gesundheits- und Equipment-Checks, die alle Teilnehmenden vor dem Start durchlaufen müssen.
Wenn alles nach Plan verläuft, startet Christian Sauer zusammen mit 11 Weiteren am Samstag, den 28. Dezember 2024, zur ersten Etappe des Globe-5.80-Transat-Rennen. Dabei handelt es sich laut Veranstalter vielmehr um eine Qualifikationsreise als um ein Rennen. Von Lagos in Portugal geht es rund 550 Seemeilen zur Marina Rubicon auf Lanzarote. Von dort beginnt am 11. Januar die zweite Etappe - das eigentliche Transat-Rennen und zugleich die zweite Qualifikation. 3.000 Seemeilen führt sich über den Atlantik zur Karibikinsel Antigua.
Dort angekommen, wird sich für Christian Sauer entscheiden, ob die Reise weitergeht. Denn Antigua ist nicht nur das Ziel des Transat-Rennens, sondern auch der Ausgangspunkt für das Mini Globe Race.
Das Mini Globe Race ist das erste seiner Art: das erste Rennen um die Welt für die weltweit kleinste Einheitsklasse.
Vor dem Start in Lagos zeigt sich Christian Sauer optimistisch. Er fühlt sich bereit für das Rennen, obwohl er seine „Argo“ kaum testgesegelt hat:
„Ich habe ein unglaubliches Vertrauen in die Konstruktion und die Arbeit des Bootes. Daher fühle ich mich absolut sicher.”
Schließlich hat er jede Schraube und jedes Brett des Bootes selbst in den Händen gehalten. Und eines ist schon jetzt sicher: Die vielen Stunden harte Arbeit werden ihm in den nächsten 15 Monaten auf See mit Sicherheit zugutekommen.