Blauwasser-BlogAtlantikrunde auf 31 Fuß: zurück nach Europa – welche Route?

Kristina Müller

 · 07.05.2019

Blauwasser-Blog: Atlantikrunde auf 31 Fuß: zurück nach Europa – welche Route?Foto: Burke/Ahlhaus
Die IW-31 "Adiamo" bei herrlichen Bedingungen. Auf dem geplanten Transat-Törn der jungen Crew nach Osten könnte es rauer werden

Als Lennart und Valentin ihre „Andiamo“ für die zweite Atlantiküberquerung vorbereiten, machen sie eine Entdeckung, die den Zeitplan gefährdet

Im August 2018 sind Lennart Burke und Valentin „Vale“ Ahlhaus, Freunde und Melges-24-Segler aus Stralsund, zu einer Atlantikrunde mit einer alten IW-31 aufgebrochen. Nach abenteuerlichen ersten Etappen bis Frankreich, einer Biskaya-Überquerung gegen die Zeit, Buchtenbummeln auf den Kanaren und den Kapverden haben sie ihr Schiff für den großen Sprung vorbereitet. In 18 Tagen haben sie schließlich den Atlantik überquert und drei Monate das Segeln in der Karibik genossen. Nach der Atlantikrunde im Fahrtenseglermodus will Lennart Burke am Mini-Transat 2021 teilnehmen. Auf YACHT online berichtet er über seinen Weg dahin.

  Freunde, Teil einer Melges-24-Crew und nun Langfahrer: Lennart Burke (l.) und Valentin AhlhausFoto: Burke/Ahlhaus
Freunde, Teil einer Melges-24-Crew und nun Langfahrer: Lennart Burke (l.) und Valentin Ahlhaus

Wir haben es geschafft, wir sind mit allem fertig geworden und starten zu unserer zweiten Atlantiküberquerung zurück nach Europa. Wenn ihr dies lest, sind wir hoffentlich schon viele, viele Meilen vom Land entfernt, in Richtung kalter Nordosten.

Einhand zu zweit – oder: Üben für den Solotörn

Doch fangen wir mal dort an, wo ich beim letzten Blog aufgehört habe. Der Plan war, von den BVIs nach St. Martin zurückzusegeln und dort alle nötigen Vorbereitungen zu treffen. Dazwischen lagen somit nur noch knapp 80 Seemeilen nach St. Martin, gegen Wind und Strömung: Die besten – anspruchsvollen – Voraussetzungen, um doch mal ein bisschen einhand zu segeln. Somit einigten wir uns darauf, dass Vale zum Passagier degradiert wird und von Anfang bis Ende an keiner Strippe ziehen darf. Für mich ein tolles Training, besonders hinsichtlich der kurzen Schlafintervalle, was super funktioniert hat und auch funktionieren musste.

  Lennart an der Pinne der IW-31 "Andiamo"Foto: Burke/Ahlhaus
Lennart an der Pinne der IW-31 "Andiamo"

Mehr als 20 bis 30 Minuten unter Deck zu sein war einfach nicht drin: Viel Verkehr, eine ständig wechselnde Windstärke zwischen 15 und 33 Knoten und zu beachtende Winddreher brachten jede Menge Arbeit mit sich. Durch den Kreuzkurs wurden schließlich aus 80 Seemeilen ganze 130, für die ich 30 Stunden brauchte. Dennoch hat das alles großen Spaß gemacht und mir noch einmal gezeigt, dass genau das, was auf mich zukommt, ganz sicher das Richtige für mich ist.

Maschinenausfall im Ankerfeld

Angekommen in der Marigot Bay St. Martins, streikte jedoch der Motor, was uns zwang, durch das Ankerfeld zu segeln und ohne Maschine den Anker zu werfen. Hat alles toll geklappt, doch da wir wussten noch nicht, dass dies der Auftakt für viel Arbeit und Proviantdchleppen sein würde – und für die ein oder andere Überraschung.

Wir wollten den ersten Tag eigentlich dem Ankommen widmen, aber wir konnten die Finger nicht von dem defekten Motor lassen; auch weil wir uns an einen schöneren Platz verholten wollten. Also haben wir einklariert, das Internet durchstöbert und letztlich den Motor versucht zu reparieren. Ich möchte ungern „reparieren“ sagen, da wir nur diverse Möglichkeiten ausprobiert haben, um den Motor schließlich wieder zu starten.

14-mal zum Supermarkt

In den folgenden Tagen arbeiteten wir eine ewig lange Liste an Arbeiten ab: Motor warten, Segel und Sprayhood nähen, eine Holepunktschiene neu einsetzen, Windfahne modifizieren und die Elektrik überarbeiten stand etwa darauf und noch viel mehr, das wir unbedingt vor der nächsten Atlantiküberquerung erledigen wollten. Nebenbei haben wir die üblichen Checks durchgeführt und begonnen, uns zu verproviantieren.

  Lennart beim RiggcheckFoto: Burke/Ahlhaus
Lennart beim Riggcheck

Geplant war, ein Auto für zwei Tage zu mieten und damit alles einzukaufen. Wir merkten aber schnell, dass wir sowieso jeden Tag für die täglichen Einkäufe zum Supermarkt liefen – da konnten wir die Rucksäcke auch gleich randvoll machen, um die Vorräte für die Überquerung aufzufüllen. Es waren „nur“ 14 Einkäufe, dann hatten wir bis auf die frischen Lebensmittel alles an Bord der „Andiamo“.

Eine böse Überraschung

Doch wir sollten uns nicht lange über das gesparte Geld für den Mietwagen freuen. Als wir versuchten, den Bewuchs vom Unterwasserschiff (im Wasser) zu entfernen, fiel Vale ein – wenn auch sehr schmaler – Spalt in der vorderen Schiffsmitte auf.

Zum Glück haben wir die Gabe, uns nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, kontaktierten aber dennoch gleich einen befreundeten Bootsbauer in Deutschland. Er gab uns eine kurze Reparaturanleitung und Materialempfehlung, und wir machten einen Termin bei TOBY, der „Time Out Boatyard“, um das Boot an Land zu stellen.

Auf dem Trockenen

Nun standen wir eine Woche an Land und taten alles dafür, so schnell wie möglich fertig zu werden. Neben der eigentlichen Reparatur polierten wir „Andiamo“ wieder auf Hochglanz, entrosteten den Kiel und strichen Antifouling.

  Viel Arbeit in der Werft, aber auch eine gute Zeit mit neuen FreundenFoto: Burke/Ahlhaus
Viel Arbeit in der Werft, aber auch eine gute Zeit mit neuen Freunden

Die Zeit in der Werft war trotz alldem sehr, sehr schön. Wir haben neue Leute kennengelernt und ihre – teils abenteuerlichen – Geschichten gehört, wie sie auf St. Martin gelandet sind. Die Gefahr, dort hängenzubleiben, ist offenbar groß! Und auch wir genossen den Landkomfort mit Grillen, dringend notwendigem Duschen nach all den Bootsarbeiten, WiFi, Tischen, Stühlen, Sonnensegeln und mit Katzen und Hunden zum Streicheln. Gern würden auch wir später einmal hierhin zurückkommen. Aber dann bitte, ohne das Boot reparieren zu müssen.

  Erinnerungen Foto: Burke/Ahlhaus
Erinnerungen 

An einem Freitag Ende April wurde „Andiamo“ morgens um neun zurück ins Wasser gekrant. Die Wettervorhersage war gut, sodass wir direkt im Anschluss starten wollten und am Tag zuvor den letzten Punkt auf unserer To-do-Liste erledigten: reichlich Obst und Gemüse bunkern. Ein unvorstellbares Gefühl, nach der ganzen Zeit hinter allem einen Haken machen zu können!

  Endlich, nach Wochen der Arbeit: Unsere IW-31 "Andiamo" kommt zurück ins WasserFoto: Burke/Ahlhaus
Endlich, nach Wochen der Arbeit: Unsere IW-31 "Andiamo" kommt zurück ins Wasser

Nun also auf zum großen Sprung.

Wie wollen wir über den Atlantik segeln?

Zwei mögliche Routen standen zur Auswahl. Zum einen die beliebte und bekannte Nordroute über Bermuda. Sie würde uns sicher stärkere und raumere Winde bringen, jedoch sind auch oft schlechtes Wetter, niedrigere Temperaturen und gerade im April auch noch Stürme zu erwarten.

Die Alternative wäre die Südroute, bei der man von der Ostkaribik kommend Bermuda nördlich liegen lässt und Anfangs möglichst hoch am Wind gegen den Passat segelt. Bei der Anfahrt sollte man darauf achten, dass für die ersten Tage Wind aus Südost angesagt ist.

  Wo wollen wir langsegeln? Ein paar Überlegungen... Foto: Burke/Ahlhaus
Wo wollen wir langsegeln? Ein paar Überlegungen... 

Der Vorteil der Südroute ist, dass man länger im Warmen bleibt, der Eisgrenze nicht nahe kommt und die Wahrscheinlichkeit gering ist, in einen Sturm zu geraten.

Wir haben uns entschieden, eine möglichst südliche Route zu segeln, aber auch nicht zu konservativ. Ich denke, der Wind wird uns die Richtung vorgeben. Wichtig ist es uns, nicht zu lange in der Flautenzone über dem Passat hängen zu bleiben, dennoch haben wir reichlich Diesel gebunkert.

Wird es härter als die erste Atlantiküberquerung?

Wir sind sehr motiviert und gehen von einem weiteren großen Abenteuer aus, das uns vielleicht noch etwas mehr fordern wird als die erste Atlantiküberquerung. Schließlich werden uns stetig wechselnde Windrichtungen erwarten und vielleicht auch der zweite Sturm unserer Reise.

  Noch einmal fast 3000 Seemeilen liegen vor der jungen Crew und ihrem betagten BootFoto: Burke/Ahlhaus
Noch einmal fast 3000 Seemeilen liegen vor der jungen Crew und ihrem betagten Boot

Wir freuen uns aber auch sehr, der Heimat näher zu kommen. Es warten wieder neue großartige Projekte auf uns. Vale möchte studieren, und auf mich wartet eine frisch getaufte Mini 6.50. Zusammen wollen wir auch unser Melges-24-Projekt wieder in Fahrt bringen und an Regatten teilnehmen.

Nun aber erst mal wieder über den Atlantik. Andiamo!