America’s CupItaliener präsentieren Prototyp – abgekupfert beim Verteidiger?

Max Gasser

 · 14.10.2022

America’s Cup: Italiener präsentieren Prototyp – abgekupfert beim Verteidiger?Foto: Screenshot/Luna Rossa
Lang ersehnter Moment: Die neue “Luna Rossa” wird erstmals eingekrant

Weitere America’s-Cup-Teams haben ihre Tore geöffnet und Prototypen präsentiert. Während American Magic mit einem Boot der vergangenen Ausgabe weiterarbeitet, hat Luna Rossa einen eigenen und komplett neuen Entwurf enthüllt

Das America’s Cup Team Luna Rossa Prada Pirelli hat gestern seinen Prototyp in Cagliari, Sardinien, der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Boot dient dem Team zu Test- und Trainingszwecken beim Bau des tatsächlichen AC75 für den nächsten America’s Cup 2024 in Barcelona. Die Präsentation wurde neben den Zuschauern vor Ort auch von mehreren Tausend Interessierten per Livestream verfolgt.

Beim enthüllten Prototyp handelt es sich um eine kleinere Version der tatsächlichen Cupper, einem sogenannten LEQ12. “LEQ” wird in einigen Programmiersprachen verwendet und bedeutet “weniger als oder gleich”. Die Boote sind maximal zwölf Meter lang, so wie es auch im technischen Reglement für Trainings- und Entwicklungsyachten definiert ist.

Noch ist nicht viel zu erkennen ...
Foto: Screenshot/Luna Rossa

Team New Zealand als Vorbild

Während alle anderen Teams ihre Entwicklung auf bereits genutzten Yachten und den kleineren One-Design-AC40-Booten fortführen, hat Luna Rossa ein komplett eigenes Testboot konzipiert. Die neue italienische Rennmaschine ähnelt stark dem Boot, mit dem die Neuseeländer den vergangenen Cup gewannen. Nicht nur in der Form des Unterwasserschiffes, auch die beidseitig hochgezogenen und abgekapselten Cockpits sah man schon beim Verteidiger. Dieses Cockpitlayout ermöglicht einen flachen, wenig voluminösen Bereich dazwischen, womit das Großsegel etwas tiefer gezogen werden kann. Zugleich wird der aerodynamische Widerstand des Gesamtrumpfes vor allem in der Mitte geringer. Da aufgrund der hohen Geschwindigkeiten bei den AC 75 der Wind immer von vorn kommt, ist die Aerodynamik ein wichtiger Faktor. Die abgekapselten Cockpits sprechen außerdem dafür, dass die Italiener wie beim vergangenen Cup mit zwei Steuerleuten agieren werden, sodass die Crew nicht mehr das Cockpit bei Manövern wechseln muss.

Bei der Farbgebung des Rumpfes mit seinen vielen verschiedenfarbigen Dreiecken könnte es sich schlicht um italienisches Modeverständnis handeln. Nicht ausgeschlossen ist jedoch auch, dass es sich um eine Art Camouflage handelt. Denn obwohl seit dieser Ausgabe Spionage oder besser das Beobachten anderer Teams ausdrücklich erlaubt ist, könnte dieses Farbdesign anderen Teams die Foto- und Videoanalyse erschweren. Ähnlich wie bei Erlkönigen in der Automobilbranche.

Anpassungen an den Foils im Vergleich zum vergangenen America’s Cup

Auffällig sind auch die Anpassungen an den Foils. Diese unterscheiden sich auf beiden Seiten, um so Entwicklungskosten und -zeit zu sparen. Während eines Testschlages können gleichzeitig Daten von zwei Konfigurationen gesammelt werden. So ist auf der Backbordseite das Foil-T komplett waagerecht ausgerichtet und knickt an beiden Enden nach oben ab. Auf der Steuerbordseite stehen die Foil-Seiten in einem leichten Winkel zueinander. Je waagerechter die Anordnung, desto mehr Lift wird erzeugt, die Foils können etwas dünner ausfallen für geringeren Widerstand. Je senkrechter die Foils, desto mehr wirken sie gegen Abdrift. An dieser Stelle den besten Kompromiss zu finden wird auch beim kommenden America’s Cup ein Schlüssel zum Erfolg sein.

Klar zu erkennen: Während das T-Foil auf der Backbordseite komplett flach erscheint, ist es auf der Steuerbordseite in einem leichten Dreieckswinkel angeordnetFoto: Screenshot/Luna Rossa
Klar zu erkennen: Während das T-Foil auf der Backbordseite komplett flach erscheint, ist es auf der Steuerbordseite in einem leichten Dreieckswinkel angeordnet

Teamdirektor und Skipper Max Sirena erklärt die Anpassungen so: “Wir haben in allen Bereichen gearbeitet und dabei auch unsere Erfahrungen aus der vergangenen Ausgabe genutzt, um die grundlegenden Aspekte zu optimieren, die Linien zu definieren und die aerodynamische und hydrodynamische Entwicklung zu verbessern.”

“Ich bin sicher, dass dieser Prototyp eine große Hilfe bei der Entwicklung des neuen AC75 sein wird”, so Patrizio Bertelli, Präsident des Teams.

Auch American Magic mit ersten Tests

Beim AC75 von American Magic scheint sich am Design der Foils nichts geändert zu habenFoto: American Magic
Beim AC75 von American Magic scheint sich am Design der Foils nichts geändert zu haben

Auch das amerikanische Team American Magic hat einen Prototyp gelauncht. Ähnlich wie “BoatZero” von Alinghi Red Bull Racing, ist “Patriot” ein AC75 in voller Größe. Allerdings sind beide Yachten lediglich überarbeitete Versionen vom vergangenen America’s Cup, da jedem Team nur der Bau eines einzigen und endgültigen AC75 erlaubt ist. Im Schlepp konnten bereits erste Tests durchgeführt werden. Demnach werden bald alle Teams wieder unter Segeln auf dem Wasser unterwegs sein, wenn auch auf unterschiedlichsten Plattformen.

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