Solaris 40Performance-Cruiser mit atemberaubender Optik und starker Leistung

Michael Good

 · 24.08.2023

Gut in Fahrt. Die Solaris beim Test auf dem Schweizer Vierwaldstätter See
Foto: YACHT/T. Störkle
Die Solaris 40 ist ein Hingucker. Doch kann der schicke Gran Turismo aus Italien auch unter Segeln punkten? Und wie ist es um Bauqualität, Ausstattung und Komfort bestellt? Wir waren an Bord

Am Vierwaldstätter See in der Schweiz lässt sich meist schon mit bloßem Auge erkennen, in welche Richtung die Kühe auf den Weiden der steil abfallenden Hänge stehen und grasen. Das sei entscheidend für die zu erwartende Windrichtung, sagen die einheimischen Segler – zweifellos nicht ohne Schalk. Beim YACHT-Test der Solaris 40 müssten die Rindviecher auf den saftig grünen Almen demnach kopfvoran nach Norden gestanden haben. Denn Punkt 11 Uhr setzt hier am Urner See bei schönem Wetter eine zügige Thermik ein – was im Gegensatz zur Ausrichtung der Kühe letztlich doch ziemlich verlässlich zu sein scheint. Mehr noch: Man kann schon fast die Uhr danach stellen.

Freilich lässt sich hinterfragen, ob eine Segelyacht von mehr als zwölf Meter Länge und einer Breite von über vier Metern für das eher kleine und verästelte Binnen­revier in der Zentralschweiz nicht ein bisschen sehr groß ist. Doch Platz im Hafen ist vorhanden, der Tiefgang des Bootes auf dem Bergsee sowieso kein Problem, und ohnehin plant der Eigner, über kurz oder lang sein Schiff ans Mit­telmeer zu verlegen.

Es ist die Baunummer 2 der Solaris 40, der aktuell kleinsten Yacht im exklu­siven Programm der Werft in Aquileia nahe Triest. Wie alle Schiffe aus dem Hause Solaris stammen auch die Pläne für das neue Modell aus der bewährten Feder von Konstrukteur Javier Soto Acebal in Buenos Aires. Allerdings hat der Argentinier seinem jüngsten Entwurf eine neue, moderne und sehr eigenwillige Formensprache mit auf den Weg gegeben.

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Sonderbar hübsch

Im Vergleich zu den schlanken und vielleicht eher konservativ wirkenden Konstruktionen der größeren Schwestern Solaris 44 und Solaris 50 ist der Rumpf vom kleineren Schiff im Verhältnis zur Länge deutlich breiter und vor allem im Vorschiff markant fülliger. Die Kimmkanten ziehen sich jetzt über die gesamte Schiffslänge vom Heck bis zum Bug, und zwar beinahe diagonal von hinten oben nach vorne unten. Dazu sind die Chines im vorderen Rumpfbereich scharfkantig und ausgeprägt gestaltet und soften nach achtern ab, was durchaus ungewöhnlich ist; bei vielen modernen Schiffen mit Aufkimmung in den Rümpfen ist es gerade umgekehrt. Insbesondere beim grau lackierten Testschiff sind die ausgefallenen Rumpflinien im Licht sehr gut zu erkennen. Die Optik ist irgendwie speziell und gewöhnungsbedürftig – alles in allem aber nicht unschön.

Die Konkurrenz der Solaris 40

Mit dem eigenwilligen Rumpfdesign will Soto Acebal erreichen, dass die Wasserlinie trotz mehr Volumen durchgehend schlank und die benetzte Oberfläche bei neutraler Schwimmlage klein bleibt. Bei Krängung sollen die breiten, stark eingezogenen Rumpf­flanken am Heck schnell Wirkung zeigen und für viel Formstabilität am Wind sorgen. Überdies muss das breite Achterschiff den Auftrieb der fülligen Front kompensieren und umgekehrt, damit die Segeleigenschaften am Wind ausgewogen bleiben.

Bei bis zu vier Windstärken bester Thermik kann die Solaris 40 diese Vorgaben eindrücklich umsetzen. Das Schiff zeigt vor allem am Wind eine Menge Potenzial. Knapp 7 Knoten Fahrt über Grund schafft die schöne Italienerin mit Selbstwendefock auf einem Winkel von 40 Grad zum wahren Wind. Diese sehr guten Leistungswerte überraschen, weil die Yacht mit einem Gesamt­gewicht von 9,4 Tonnen im Vergleich zu gleich großen Schiffen ähnlicher Ausrichtung nicht gerade zu den Leichtgewichten zählt. Zudem ist weder ihr Ballastanteil im T-Kiel noch die Segelfläche mit Fock besonders üppig. Die Segeltragezahl liegt bei einem nur gemäßigten Wert von 4,7, was für einen modernen Performance-Cruiser eher wenig ist.

Für die Kurse raumschots hilft dem Testboot ein leistungsstarker Code Zero auf die Sprünge. Bis zu 9 Knoten zeigt die Logge mit dem Zusatzsegel bei einem wahren Wind­einfallswinkel von 100 Grad. Wer auch auf tieferen Kursen schnell unterwegs sein will, bräuchte zudem einen Gennaker oder Spinnaker. Für den Einsatz mit dem asymmetrischen Segel würde die Solaris 40 mit einem fest angebauten Bugspriet aus Kohlefaser ausgestattet werden. Im Standard, wie beim Testschiff, bleibt es bei der Edelstahl-Ankerhalterung am Bug, die sich bei Nichtgebrauch auch entfernen lässt.

Agil am Wind

Viel Freude bereitet das Steuern. Die Lenkung mit den doppelten Ruderblättern ist sehr direkt eingestellt, und das Schiff reagiert unverzüglich und überraschend heftig schon auf kleinste Ruderbewegungen. Der Rudergänger muss aufmerksam sein, will er die große Yacht optimal an der Windkante halten. Die beiden Ruderblätter sind relativ kurz, dafür in ihrer Form nahezu rechteckig. Damit wollen die Konstrukteure den Widerstand im Wasser reduzieren und gleichzeitig die Wirksamkeit der beiden Steuerprofile erhöhen. Selbst bei ganz wenig Fahrt, zum Beispiel beim Manövrieren im Hafen, dreht die Solaris beinahe auf dem Teller. Andererseits braucht es mehr Zeit, bis das Boot beim Rückwärtsfahren mit Maschine auf die Ruder reagiert.

Die Steuerung kommt von Jefa und funktioniert über einen durchgehenden Drahtseilzug auf eine in der Achterpiek am Schott angebaute Travellerschiene. Von da aus werden die beiden Quadranten mit Schubstangen bedient. Die hervorragende Qualität der Komponenten garantiert für leichten Lauf und ein komplett schlupffreies Ansprechen. Allerdings weist die Anlage leider keine Redundanz auf. Dafür müssten beide Ruderwellen direkt und individuell vom jeweiligen Rad angesteuert und verbunden sein.

Als spannende Neuheit zeigt die Solaris 40 ein modifiziertes Cockpitlayout. Im hinteren Teil ist die Plicht bis zur Schanz komplett ausgeschnitten, das seitliche Laufdeck endet noch vor den Steuerständen. Damit kann die Werft die Räder noch weiter nach außen bauen und dem Steuermann so eine bessere Sicht nach vorn sowie in die Segel bieten. Im Gegenzug muss der Rudergänger aber permanent stehen, was auf die Dauer insbesondere bei Krängung ermüdend ist. Einseitig aufklappbare Fußpodeste zum Draufstehen sind leider auch als Option nicht vorgesehen. Die Werft könnte aber seitlich kleine Klappsitze zur Entlastung anbringen.

Das Steckenpferd von Solaris Yachts sind die schieren unverbauten Decks. Das soll natürlich auch bei der 40 so sein. Alle Luken sind bündig eingesetzt, und an Deck ist keine einzige Leine zu sehen. Fallen und Schoten werden ausnahmslos unter Deck bis auf die Stopperbatterien vor den Steuersäulen geführt, wo beidseitig eine kräftige Winsch zur Verfügung steht. Auf Wunsch gibt es die mit elektrischen Antrieben. Ein zweites Paar Winschen seitlich auf dem Cockpitsüll ist für die Schoten von Code Zero oder Gennaker gedacht, bleibt aber für die übrigen Funktionen zum Setzen und Trimmen der Amwindsegel unerreichbar.

Der Nachteil dieser Anordnung ist, dass hinten im Cockpit beidseitig sehr viele Leinen ankommen, die sich schnell zur heil­losen Wuhling verknoten können. Ordnung ist deshalb gefragt. Zudem fehlen an dieser Stelle – zumindest beim Testschiff – noch brauchbare Staufächer für die durchgeholten Schoten. Die Werft will sich dafür adäquate Lösungen überlegen.

Upgrades nach Belieben

Das Boots-Handling mit der Standard-Selbst­­wendefock ist einfach und uneingeschränkt einhandtauglich. Sind die Segel einmal richtig eingestellt, gibt es am Wind und in den Manövern nicht viel zu tun außer zu steuern. Anspruchsvoller werden die Manöver, wenn die Solaris sportlicher aus­gestattet werden soll – wofür sich die Werft offen zeigt. Auf der Liste der Optionen finden sich zum Beispiel leinenverstellbare Holepunkte für eine überlappende Genua oder ein im Cockpitboden versenkter Traveller für die Großschot. Auch ein höherer Kohlefasermast ist auf Wunsch erhältlich.

Solaris fertigt den Rumpf, das Deck sowie die Schotten im GFK-Sandwich mit E-Glass und Airex-Schaumkern, dazu verwendet man Vinylesterharz. Die Laminate werden dann unter Vakuum verdichtet und ausgehärtet. Die Bodengruppe ist als massives GFK-Laminat ausgeführt und wo nötig mit zusätzlichen Kohlefasergelegen verstärkt. Sie wird separat produziert und später in den fertigen Rumpf eingeklebt.

Klassische Aufteilung

Keine Überraschungen gibt es beim Innenlayout des 40-Fußers – es bleibt bei einer klassischen Aufteilung für Schiffe dieser Größe mit zwei Doppelkabinen achtern und einer geräumigen Eignerkabine mit Nasszelle im Vorschiff. Zusätzliche Varianz bietet Solaris mit der Option, die Achterkabine auf der Steuerbordseite auch als große Backskiste zu gestalten; die ist dann allerdings nur vom Cockpit aus erreichbar. In diesem Fall würde im Gegenzug die hintere Nasszelle um ein separates Dusch­abteil erweitert.

Auch im zentralen Salon ist das Arrangement konventionell. Heißt: ausgedehntes U-Sofa auf der Backbordseite um den großen Esstisch, dahinter die funktionale Pantry in L-Form. Dazu kommt eine ordentliche, nach vorn in Fahrtrichtung ausgerichtete Navigation mit einer brauchbar großen Arbeits­fläche sowie ein kurzes Sofa für zwei Personen. Den Salontisch gibt es auf Wunsch in einer absenkbaren Version. Mit zusätz­lichen Einlegepolstern würde sich so nochmals ein schön großes Doppelbett für zwei Personen einrichten lassen.

Platznutzung unter Deck ist suboptimal

Die Liegefläche im Vorschiff ist als zen­trales Inselbett recht hoch eingebaut. Stufen auf der Seite helfen beim Zugang auf die Matratze. Allerdings nutzt die Werft den zur Verfügung stehenden Platz im besonders voluminösen Vorschiff schlecht aus. Auf Schulterhöhe misst die Breite der Koje nur gerade 1,31 Meter. Für zwei Personen ist das schon recht knapp.

In den Achterkabinen scheint die Raum­ausnutzung hinsichtlich der Liegeflächen ebenfalls nicht optimal. Trotz der Breite im Heck von über vier Metern und der starken Aufkimmung im Rumpf bleiben die als Doppelkojen ausgewiesenen Liegeflächen mit einer Breite von 1,35 Meter unter der Norm für Yachten dieser Größe. Dazu kommt, dass Solaris einen breiten Kanal für technische Installationen in der Verlängerung vom Motorraum zwischen die Achterkammern in­tegriert. Das erhöht zwar den Komfort in Sachen Privatsphäre in den Kabinen, limitiert aber gleichzeitig die maximal mögliche Breite der Schlafstätten.

Ausbau vom Feinsten

Die hohe Ausbauqualität von Solaris Yachts ist bekannt. Die Bootsbauer aus Italien liefern beim Interieur erstklassiges Handwerk ab, so auch beim neuen Schiff. Grobe Schnitzer in der Verarbeitung oder unstimmige Spaltmaße sucht man vergeblich. Die Möbel sind passgenau eingebaut und die Bodenbretter ohne Diskrepanzen verlegt.

Auch die technischen Anlagen, zum Beispiel die für den Wasserkreislauf oder die Stromversorgung, sind tadellos, nachvollziehbar installiert und überdies ohne weitere Schikanen sehr gut zugänglich. Sollte einmal ein technisches Problem auftauchen, sind die betroffenen Komponenten und die möglichen Fehlerquellen schnell zu finden, selbst für Laien.

Auch an Stauräumen mangelt es nicht an Bord. Im Vorschiff sind große Kästen und viele zusätzliche Fächer seitlich im Durchgang zum Salon eingebaut. Dazu finden sich weitere große Stauräume unter dem Inselbett. Dessen Kojenbretter lassen sich ganz einfach mit einem Handgriff hochklappen. Weitere Staumöglichkeiten stehen unter den Sitzflächen des U-Sofas im Salon zur Ver­fügung. Allerdings sind diese wegen des mächtigen, fest installierten Salontischs nur umständlich zu erreichen.

Als Standard-Einbaumaschine spezi­fiziert Solaris Yachts den Dreizylinder von Volvo Penta mit einer Leistung von 30 PS. Für einen 40-Fußer mit gut neun Tonnen Gewicht erscheint dieser Antrieb mit Sail­drive aber zu schwach. Als empfehlenswerte Op­tion baut die Werft die Vierzylinder-Motoren mit 50 oder 60 PS Leistung ein. Das Testboot, ausgestattet mit dem D2-50F von Volvo Penta und einem Maxprop-Verstellpropeller, erreicht bei voller Last eine Höchstgeschwin­digkeit von 7,6 Knoten; 6,9 Knoten sind es bei Marschfahrt von 80 Prozent der maximalen Drehzahl. Dabei ist es unter Deck aber recht laut. 77 Dezibel werden in den Achterkammern ermittelt, 75 Dezibel im Salon. Die Schallisolierung im Motorraum sollte sich die Werft also nochmals vornehmen.

Erschwingliches Wunschboot

Rund 420.900 Euro beträgt der aktuelle Grundpreis für eine Solaris 40 ab Werft. Das ist der Preis inklusive 19 Prozent Mehrwertsteuer, aber ohne die Segel, was innerhalb der Kategorie der Performance-Cruiser die Norm ist. Für einen Satz qualitativ guter Amwind-Tücher (Selbstwendefock und Groß) muss der Käufer wenigstens 20.000 Euro zusätzlich investieren, entsprechend mehr für die wünschenswerten Zusatzsegel wie Code Zero und/oder Gennaker. Bei seiner Markteinführung 2021 hat die Solaris 40 noch 343.910 Euro gekostet. Die Differenz zum aktuellen Basispreis erklärt sich mit dem Umstand, dass der Toilettenrum im Vorschiff jetzt zur Standard-Ausstattung gehört. Bisher war die zweite Nasszelle vorn nur als Option und gegen Aufpreise zu bekommen.

Die Schiffe von Solaris Yachts stehen verständlicherweise bei so manchem Segler auf dem Wunschzettel, nicht nur ihrer atem­beraubend eleganten Optik wegen. Bisher war das exklusive Programm allerdings nur wenigen wirklich zugänglich. Das soll sich mit dem neuen und kleinen Schiff ändern, das mit einem räsonablen Preisgefüge eine breitere Nachfrage abdecken kann.

Und: Auch diese 40er bleibt kompromiss­los und unverkennbar eine richtige Yacht von Solaris – außen wie innen.


Die Messwerte zum Test der Solaris 40

Bild 1

Die Solaris 40 im Detail

Standard: Kajütausbau mit drei Kabinen. Anstelle der Achterkammer steuerbords ist eine große Backskiste machbar | Zeichnung: YACHT/N.CampeStandard: Kajütausbau mit drei Kabinen. Anstelle der Achterkammer steuerbords ist eine große Backskiste machbar | Zeichnung: YACHT/N.Campe

Technische Daten der Solaris 40

  • Konstrukteur: Javier Soto Acebal
  • CE-Entwurfskategorie: A
  • Rumpflänge: 12,36 m
  • Breite: 4,10 m
  • Tiefgang/alternativ: 2,40/2,00 m
  • Gewicht: 9,4 t
  • Ballast/-anteil: 3,1 t/32 %
  • Großsegel: 57,0 m2
  • Selbstwendefock: 43,0 m2
  • Maschine (Volvo Penta): 21 kW/30 P

Rumpf- und Decks­bauweise

GFK-Sandwich mit Schaumkern und Vinylesterharz, Vakuum-Verfahren. Bodengruppe mit Carbon-Verstärkungen

Preise und Ausstattung

  • Grundpreis ab Werft: 420.900 Euro, brutto inkl. 19% Mehrwertsteuer
  • Garantie gegen Osmose: 2 Jahre

Preise Stand 08/2023, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!

Werft

Solaris Yachts srl., Aquileia/ Italien; www.solarisyachts.com

Vertrieb

Händlernetz

YACHT-Bewertung Solaris 40

Die Solaris überzeugt mit starker Leistung unter Segeln und einer atemberaubenden Optik. Die Bau- und Ausbauqualität ist gehoben, desgleichen die Grundausstattung ab Werft

Konstruktion und Konzept

  • + Spannende Optik
  • + Frische Designansätze
  • + Solide Bauweise

Segelleistung und Trimm

  • + Starke Amwind-Performance
  • + Einfaches Handling
  • - Viele Leinen am Steuerstand

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Heller, schöner Innenausbau
  • + Viele Stauräume
  • - Schmale Kojen in den Kabinen

Ausrüstung und Technik

  • + Bordtechnik perfekt installiert
  • - Steuerung ohne Redundanz

Dieser Artikel erschien erstmals in YACHT 19/2021 und wurde für diese Online-Version überarbeitet.


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