Hauke Schmidt
· 29.05.2023
Neuer Kiel, neues Ruder, Doppelräder, Gennakernase, Fathead-Groß und mehr Stehhöhe: Mit der Luffe 40.20 haben die Dänen ihren 40-Fußer 2020 kräftig nachgeschärft. Zum Glück sind dabei die alten Tugenden an Bord geblieben – die Werft wird in diesem Jahr 50 Jahre alt
Eine sehr schwache Grundströmung und selbst mit Thermik kaum 10 Knoten Wind – nicht unbedingt optimale Testbedingungen, sollte man meinen. Die meisten Serienboote würden träge dahindümpeln oder längst unter Motor laufen. Klar, ein rassiger Performance-Cruiser müsste auch bei derart flauen Windverhältnissen gut in Fahrt kommen. Doch wie die Luffe 40.20 das schwache Lüftchen in Speed umsetzt, verblüfft – vom spektakulären Steuergefühl ganz zu schweigen.
Doch von Anfang an: Viel Luft nach oben hatten die Dänen mit ihrem 40-Fußer nicht. Obwohl seit der Präsentation der Luffe 40.04 ungefähr 18 Jahre vergangen sind, gilt der Entwurf als Ausnahmeboot: Schick, schnell und einfach zu segeln, kombiniert die elegante Dänin die besten Tugenden. So verwunderte es kaum, dass die Crew um Werftgründer und Designer Oluf Jørgensen mit dem Modell 40.20 2020 keine komplett neue Konstruktion an den Start brachte, sondern Bewährtes verfeinerte.
Der Rumpf und Teile des Decks sind weitgehend unverändert vom Vorgängermodell übernommen, es wurde aber an überraschend vielen Schrauben gedreht und extra neue Negativformen gebaut. Denn auch wenn die Segelleistungen der alten Luffe kaum Wünsche offen ließen, Luft nach oben gab es in der 40.04 auch im Wortsinne wenig. Der niedrige Freibord forderte unter Deck Kompromisse in der Stehhöhe; daher hat die Werft ihn um rund fünf Zentimeter erhöht. Das erscheint im ersten Moment wenig. Da das Deck inklusive Cockpit auf ganzer Fläche angehoben wird, entsteht aber der nötige Zuwachs, um sich auch in Vorschiff und Achterkammer bequemer zu bewegen. In der Salonmitte beträgt die Höhe nun immerhin 1,85 Meter. Außerdem gewinnt der WC-Raum etwas an Größe und kann mit einem Duschbereich ausgestattet werden. Zudem lässt sich die Tür zur Achterkammer jetzt nach innen öffnen, was sich positiv auf die Bewegungsfreiheit in der Pantry auswirkt.
Ebenfalls angepasst wurde das Cockpitlayout. Statt per Pinne oder zentralem Steuerrad wird nun an zwei kleinen Rädern gelenkt. Das schafft einen freien Durchgang zum Heck. Der Spiegel bekam ebenfalls eine Öffnung und einen Rezess für die optionale Heckklappe, sie dient als Badeplattform und schmiegt sich aufgeholt bündig ins Heck, wodurch die vom Vorgängermodell bekannte Bade-Stufe verdeckt wird und die Linien noch schierer wirken.
Am Aufbau gab es nur kleine optische Anpassungen. Fenster und Luken sind nun bündig eingelassen, die typische Luffe-Silhouette mit fast freiem Vorschiff und breiten Laufdecks ist unverändert, genau wie die hochwertige und großzügig dimensionierte Beschlagsausrüstung. Vieles, was beim Wettbewerb auf der Optionsliste oder gar als Racing-Paket angeboten wird, gehört bei den Dänen zum Standard. Neben den sechs Edelstahl-Winschen von Andersen sind nicht nur die im Aufbau versenkte Schiene der Selbstwendefock, sondern auch zusätzliche Genuaschienen und eine Spinnakerausrüstung Serie. Gleiches gilt für reckarmes Dyneema-Tauwerk, Rod-Stagen, 230-Volt-Landanschluss mit Ladegerät, Springklampen und eine Sprayhood.
Das heißt allerdings nicht, dass man wenig Wahlmöglichkeiten hätte. Ganz im Gegenteil: Individueller als bei Luffe kann selbst eine Kleinserienfertigung kaum sein. Schon für die Bauweise von Rumpf und Deck stehen unterschiedliche Verfahren zur Wahl. Standardausführung ist ein Sandwich aus Polyesterharz, E-Glas und Divinycell-Schaum. Gegen rund 5.600 Euro Aufpreis wird der Rumpf, wie beim Testboot, im Vakuum-Infusionsverfahren mit Balsaholzkern und Epoxidharz gefertigt.
Neben 10 bis 15 Prozent Gewichtseinsparung ist der Epoxidrumpf absolut osmoseresistent und soll zudem torsionsfester sein. Für ein infusiertes Deck werden weitere 5.000 Euro fällig. Immer an Bord ist der kräftige einlaminierte Stahlrahmen zur Aufnahme von Rigg- und Kielkräften, der zugleich als Anschlagpunkt für das Heißauge dient.
Beim Kiel setzt Luffe Yachts auf eine T-förmige Komposit-Konstruktion aus GFK-Flosse und schlankem Blei-Torpedo. Im Vergleich zum Vorgängermodell, das mit einem L-Kiel bestückt wurde, kommt jetzt ein neues, widerstandsärmeres Profil zum Einsatz. Der Ballast beträgt dabei unverändert 2,5 Tonnen, die neue Kiel-Konfiguration sorgt jedoch für einen tieferen Schwerpunkt. Der Standardtiefgang beläuft sich auf 2,08 Meter, durch Variation der GFK-Flosse sind Alternativen zwischen 1,85 und 2,25 Metern möglich.
Die moderne Optik mit Doppelrädern und Squarehead-Großsegel ist zwar erfreulich. Angesichts der bekannt guten Segeleigenschaften des Vorgängermodells und identischer Rümpfe stellt sich aber natürlich die Frage nach dem Mehrwert des Facelifts.
Wie eingangs erwähnt, waren die Windbedingungen am Testtag sehr flau und durch einzelne Thermikablösungen beidseits des Kleinen Belts alles andere als vorhersehbar. Beim Auslaufen in Kolding sind es laut Windanzeige am Masttopp kaum 6 Knoten. Klar, dass bei diesen Verhältnissen nicht die Selbstwendefock, sondern die rund vier Quadratmeter größere 106-Prozent-Genua zum Einsatz kommt. Sie lässt sich mittels Einholer extrem eng schoten.
Als wahrer Turbo stellt sich das stattliche 45-Quadratmeter-Squarehead-Groß von North heraus. Auch ohne Traveller lässt es sich sehr schön verwinden, sodass die Strömung vom Baum bis zum Topp gleichmäßig anliegt. Bei knapp 6 Knoten Wind erreicht die Luffe in diesem Set-up an der Kreuz die Windgeschwindigkeit – und das bei einem scheinbaren Windeinfall von spektakulären 26 Grad. Das ergibt Wendewinkel von nicht minder beeindruckenden 76 Grad.
Das Squarehead-Segel kostet rund 5.400 Euro und kann sowohl für das serienmäßige Alurigg als auch für den optionalen Carbonmast geordert werden. Damit es gefahren werden kann, wird das zentrale Achterstag durch Topp-Backstagen ersetzt. Dank der um 20 Grad gepfeilten Salinge bleibt das Rigg auch ohne die Backstagen stehen.
Um den Vorstagsdurchhang gering zu halten, sollten sie aber spätestens bei auffrischendem Wind durchgesetzt werden. Damit erhöht sich der Bedienaufwand im Manöver, denn sie nutzen die Genuawinschen und liegen damit nicht im Einzugsbereich des Steuermanns. Dafür hat man vom Rad aus direkten Zugriff auf die Großschot. Sie wird als German-Cupper-System gefahren und über zwei kräftige 46er-Winschen bedient. In der Kombination von Standardgroß und Selbstwendefock ist die Luffe damit sehr gut einhandtauglich. Müssen wie beim Testboot die Backstagen getrimmt werden, ist zum Einhandsegeln ein Autopilot nötig.
Verblüffender als die Leistungsdaten ist die Leichtigkeit, mit der sich die Luffe durch das unstete Windfeld dirigieren lässt. Das Ruder reagiert ungemein direkt und bietet trotz des geringen Drucks im Boot genau jenen Hauch einer Rückmeldung, die man braucht, um die Windkante zu fühlen. Die auf den ersten Blick recht kleinen Steuerräder funktionieren sehr gut, sie sind etwas ins Cockpitsüll eingelassen und sehr weit außen platziert, sodass der Rudergänger freie Sicht in die Segel hat.
Natürlich ist Konzentration nötig, um jede Windänderung optimal zu nutzen, die Anstrengung wird aber unmittelbar durch Endorphinausschüttung belohnt, wenn die Luffe spürbar beschleunigt, während anderen Yachten das Fahrwasser längst unter Maschine „aufkreuzen“.
Im Kleinen Belt angekommen, folgt die nächste Eskalationsstufe: Die Genua wird durch den Code Zero ersetzt. 41 zusätzliche Quadratmeter zeigen die gewünschte Wirkung. Statt mit knappen 6 geht es mit mehr als 7 Knoten voran. Dazu bescheren einzelne Thermikablösungen kurzfristig um die 12 Knoten Wind. Jeder dieser dunklen Flecken hebt die Mundwinkel und beschert einen Sprint auf über 8 Knoten. Trimmarbeit ist dabei kaum nötig, es genügt, dem rapide abnehmendem Windeinfallswinkel mit einer kleinen Drehung am Rad hinterherzusteuern. So wird das Thermiktypische Stop-and-Go-Segeln mit der Luffe zum Go-and-Goooooo-Segeln.
Oben bleiben die Mundwinkel auch beim Gang unter Deck, jedenfalls wenn man einen Sinn für hochwertige, in Handarbeit erstellte Holzarbeiten hat. Mit der auffälligen Kombination von hellem Douglasienfurnier und den dunklen Wenge-Schotten trifft das Testboot sicher nicht jeden Geschmack.
Der Holzauswahl sind aber fast keine Grenzen gesetzt, denn die Werft fertigt das Sperrholz – oder wie im Fall der Luffe 40.20 die Sandwichplatten – selbst. Alle Schotten besitzen einen leichten Balsaholzkern und sind an Rumpf und Deck anlaminiert. Die restlichen Einbauten bestehen aus noch leichterem Schaumsandwich. Dank aufwändiger Umleimer und lamellierter Abschlüsse bleibt der Leichtbau im Verborgenen. Um das Material zu sehen, muss man schon die Warmluftauslässe der Heizung demontieren und die Bohrungen begutachten.
Ähnlich verhält es sich mit der Wegerung. Sie findet sich nicht nur in den sichtbaren Bereichen, sondern auch in den Schapps. Solch detailverliebte Verarbeitung kennt man sonst allenfalls von Werften wie Faurby oder Linjett.
Angesichts der schlanken Linien kann das Innenvolumen der Luffe kaum mit anderen Yachten der Größe um zwölf Meter mithalten, es entspricht eher dem eines 36-Fußers. Daran ändert auch die zusätzliche Stehhöhe wenig. Sie hilft aber, einige Engstellen wie die zur Pantry öffnende Tür der Achterkammern oder den knappen Waschraum zu entschärfen. Für die angepeilte Crewstärke von zwei Erwachsenen und zwei Gästen oder Kindern geht die Bewegungsfreiheit jedenfalls in Ordnung – zumal die Kojengrößen durchaus komfortabel sind. Vor allem die Eignerkammer im Vorschiff bietet ein schönes Ambiente und eine gute Liegefläche. Achtern steht nicht ganz so viel Raum zur Verfügung. Die Koje selbst ist aber noch größer, sodass zwei Erwachsene sehr bequem schlafen, wobei die Höhe über der Koje selbst unter dem Cockpit großzügig ist. Stauraum bieten beide Kammern in gut organisierten und belüfteten Schränken.
Die schmaleren Durchgänge in Salon und Pantry haben auf See sogar Vorteile: Man findet überall Halt. Zudem sorgen solide Handgriffe für Sicherheit.
Neben dem Standardlayout mit einer Vorschiffs- und einer Achterkammer gibt es auch eine Drei-Kammer-Variante mit vier Achterkojen. Solange es die Positionen der strukturellen Schotten erlauben, sind individuelle Aufteilungen möglich. Ein Beispiel ist das Layout auf dem Testboot, dessen Steuerbord-Backskiste zur Behelfskammer ausgebaut ist. So kann sie wahlweise als Segelstauraum oder Koje genutzt werden. Der Zugang erfolgt dann durch ein Schlupfloch mit Schiebetür aus dem WC-Raum.
Aufgrund der manufakturartigen Arbeitsweise der Werft sind derartige Anpassungen üblich und die Zusatzkosten überschaubar. Von den 70 gebauten Einheiten des Vorgängermodells gleicht praktisch kein Boot dem anderen.
Überschaubare Zusatzkosten machen die Luffe 40.20 bei Weitem nicht zum Schnäppchen. Verglichen mit 40-Fuß-Großserienmodellen, ist bereits der Basispreis von 327.250 Euro relativ hoch. Gegenüber anderen Performance-Cruisern skandinavischer Prägung ist die Luffe dagegen eher günstig aufgestellt. Eine X 4.0 kostet schon in der Grundversion deutlich mehr, das ändert sich auch beim ausstattungsbereinigten Komfortpreis nicht. Und das selbst wenn bei der Luffe die Zusatzkosten für die Infusions-Bauweise berücksichtigt werden. Ähnlich sieht es im Vergleich zur J/122 oder Faurby 400 aus.
Selbstverständlich lässt sich der Preis der Luffe je nach Ausstattung deutlich nach oben treiben. Das aus Epoxidharz gebaute Testboot mit Komplett-Teakdeck, Kohlerigg, E-Winschen, Heckklappe, Individualausbau, Metallic-Lackierung und einigen anderen Extras summiert sich auf über 583. 000 Euro. Doch dies gilt für die übrigen Yachten ebenfalls, sofern entsprechende Individualisierungen überhaupt erhältlich sind.
In Sachen Segelleistung und einfachem Handling mit kleiner Crew macht der Luffe keiner der Wettbewerber etwas vor. Und die behutsame Modernisierung hat der eleganten Erscheinung nicht geschadet.
Dieser Artikel erschien zuerst in YACHT 6/2021 und wurde für diese Online-Version überarbeitet.
Die Luffe hat an Wohnkomfort gewonnen, ohne ihre sportliche Gene verloren zu haben. Sie gehört zu den leistungsfähigsten Performance-Cruisern und ist trotzdem sehr einfach zu segeln.