Michael Good
· 28.12.2022
Können die Yachtbauer in Greifswald mit der neuen Hanse 510 an die fulminanten Erfolge der kleineren 460er anknüpfen? Das klärt der YACHT-Exklusivtest
In diesem Artikel:
Eigentlich ließen sich die Aussagen im Testbericht zur Hanse 460 in weiten Teilen auch auf das neue Modell Hanse 510 übertragen. Nach dem Motto: Kennt man eine, kennt man beide. Und tatsächlich ist das jetzt vorgestellte, größere Schiff aus der noch jungen Fahrtengeneration von Hanseyachts seiner kleineren und äußerst erfolgreichen Schwester nicht nur optisch, sondern auch konzeptionell sehr ähnlich.
Dennoch gibt es natürlich Unterschiede. So ist die Hanse 510 im Vergleich zur 460 zwar fast 1,40 Meter länger, aber nur gerade zwölf Zentimeter breiter. Das heißt: Die Linien der Konstruktion aus der neuen Zusammenarbeit von Hanseyachts mit dem Studio Berret-Racoupeau in Frankreich sind deutlich gestreckter. Die Dimensionen sollen damit sehr bewusst innerhalb einer maximalen Ausladung von fünf Metern bleiben, was vor allem im Mittelmeer ein Thema für die Belegung der Hafenplätze ist.
Das Plus an Rumpflänge nutzt die Werft vor allem, um im Heck eine Garage für das Dingi realisieren zu können – das braucht Platz. Und es ist gleichzeitig auch die wesentlichste Differenzierung zwischen den beiden Typen aus der neuen Modellgeneration von Hanse.
In der Heckgarage kann ein Beiboot von 2,40 Meter Länge quer liegen. Hanse bietet dafür ein Schlauchboot an, bei dem das Heckteil inklusive Außenborder ganz einfach eingeklappt werden kann. Die Baunummer eins ist zudem mit dem von Hanse entwickelten und optionalen Smart Tender System ausgestattet, mit dem das Beiboot über einen Kranausleger ganz einfach und ohne erhöhten Kraftaufwand über die Badeplattform hinaus geschwenkt und so mühelos ein- und ausgewassert werden kann. Alles in allem funktioniert diese Einrichtung im Test ganz ausgezeichnet.
Allerdings muss, wie bei Schiffen mit Beiboot-Garage oft üblich, die Heckplattform dafür sehr tief angeschlagen sein. Im Fall der Hanse 510 liegt die große Badebühne geöffnet sogar direkt auf der Wasseroberfläche auf. Zum Baden in der ruhigen Bucht ist dies der Hit. Bei höherem Schwell am Ankerplatz allerdings muss die Badeplattform geschlossen bleiben. Zu heftig klatschen die Wellen von unten an die mächtige Platte, die Strukturen und die Klappmechanismen könnten schnell Schaden nehmen. Außerdem nervt das Geplätscher am Heck auf die Dauer.
Schon 37 Bestellungen für die neue 510 liegen aktuell vor. Beachtliche Nachfrage für ein Schiff dieser Größe
In Sachen Segelleistungen und -eigenschaften steht die Hanse 510 der kleineren 460er in nichts nach – ganz im Gegenteil. Im Test vor Barcelona in Spanien bei rund zehn Knoten Wind begeistert auch das größere Boot mit sehr lebendigen und agilen Bewegungen. Die Konstruktion kommt trotz der üppigen Breite am Heck mit nur einem Ruderblatt aus. Wegen der Dingi-Garage im Heck ist dieses aber deutlich weiter und zudem senkrechter unter den Rumpf gebaut als bei der kleinen Schwester. Das scheint auch Auswirkungen auf das Lenkverhalten zu haben. Der Rudergänger auf der 510 freut sich über eine leichtgängige und sehr ausgewogene Steuerung mit angenehm spürbarer Rückmeldung. Beim YACHT-Test der 460 wurde ein im Vergleich etwas trägeres Verhalten festgestellt, allerdings auch bei deutlich mehr Wind.
Bei 3 Beaufort schafft die neue Hanse gut sechs Knoten hart am Wind mit der Standard-Selbstwendefock, die Wendewinkel liegen bei rund 90 Grad. Schon ab etwa 70 Grad Windeinfall bringt ein rollbarer Reacher, eine große und weit überlappende Genua, eine erhebliche Mehrleistung. Schnell geht die Logge bei halbem Wind auf 8,0 Knoten hoch. Fock und Reacher gerollt am eigenen Stag gehören zum Riggkonzept der neuen Hanse-Generation und decken ein breites Einsatzspektrum ab, auch ohne aufwändige Segelwechsel auf dem Vorschiff. Segler, die mit kleiner Crew oder einhand unterwegs sind, werden diese Flexibilität zu schätzen wissen, speziell weil sie für die Manöver den Steuerstand nicht verlassen müssen. Sportliche Segler mit Mannschaft können das Leistungspotenzial wahlweise mit einem Code Zero oder einem Gennaker weiter steigern. Diese zusätzlichen Segel werden dann vorn am fest angebauten Bugspriet gefahren.
Auch die Führung der Schoten, Fallen und Trimmleinen ist bei den beiden neuen Hanse-Modellen identisch. Das heißt: alles nach achtern auf zwei relativ dicht beieinander stehende Winschen seitlich vor den Ruderständen und in guter Erreichbarkeit für den Steuermann. Es scheint allerdings beim großen Boot empfehlenswert, mindestens eine der beiden Winschen auf jeder Seite zusätzlich mit elektrischen Antrieben auszustatten. Speziell die Lasten auf der Großschot sind wegen der ungewöhnlich weit vorn angeschlagenen Hahnepotführung über dem Niedergang extrem hoch. Trotz der guten Basisausstattung mit 50er Winschen von Lewmar ist deshalb das Dichtholen der Großschot mit der Kurbel schon bei wenig Wind kräftezehrend.
Die gedrängte Anordnung der Leinenführungen und die sehr kurzen Wege von den Fallenstoppern auf die Winschen verlangen aber nach Bedachtsamkeit des Steuermanns im Umgang mit den vielen Leinen. Schnell ist hier eine Wuhling produziert. Große Fallenschapps helfen Ordnung zu halten. Der Steuermann sitzt seitlich erhöht mit etwas Abstand zum Laufdeck und damit trocken bei überkommendem Wasser. Allerdings hat er hinter den Steuersäulen nur wenig Platz, wenn wie beim Testschiff die klappbaren Sitze als Heckabschluss angeschlagen sind. Sie gehören aber zur Extra-Ausstattung.
Das Cockpit ist schlichtweg riesig. Zwei große Sitzgruppen sind in L-Form oder optional mit zusätzlichen Hockern auch in U-Form rund um zwei Tische angeordnet. Damit bleibt der Durchgang durch das Cockpit frei und unverbaut. Die Tische gibt es auf Wunsch auch absenkbar. Mit Einlagepolstern lassen sich so zwei großzügige Sonnenbänke installieren, die 2,34 Meter lang und 1,20 Meter breit sind. Allerdings blockieren die Tische auch die Erreichbarkeit der Backskisten in den Sitzduchten. Die Stauräume sind nur mit Verrenkungen zugänglich, und die Deckel können lediglich bis zur Hälfte geöffnet werden. Ein großer Stauraum für die Rettungsinsel ist dafür gut erreichbar im Boden gleich hinter dem Niedergang eingebaut.
Alternativ zur herkömmlichen Cockpitgestaltung können sich Kunden auch einen Targabügel über der Plicht wünschen und dazu ein festes Hardtop als Sonnen- und Wetterschutz kombinieren. Weil der Großbaum damit aber nach hinten stark ansteigen muss und zudem nicht mehr erreichbar ist, gibt es diese Version vernünftigerweise nur in Kombination mit dem optional erhältlichen Rollmast.
Auch bezüglich des Ausbaus zeigt sich, dass Hanse und die Konstrukteure von Berret-Racoupeau die beiden Modelle 510 und 460 im Wesentlichen gleichzeitig und zusammen entwickelt haben. Es ist dasselbe Layout und dieselben Varianten, die auch für das neue große Boot zur Verfügung stehen. Die Basisausführung ist das Eignerschiff mit drei Kabinen und drei Bädern. Ein Ausbau mit geteiltem Vorschiff und insgesamt vier Doppelkabinen sowie vier Nasszellen bietet sich für den Einsatz im Yachtcharter an. Eine weitere Ausbauversion sieht sogar fünf Kammern vor, allerdings nur mit drei Nasszellen. In Abgrenzung zur Hanse 460 kann die größere 510 anstelle der großen und sehr geräumigen Segellast auf Wunsch auch mit einer Kabine für den Skipper in der Vorpiek ausgebaut werden.
Gute Raumausnutzung und ein tadelloser Ausbau unter Deck. Optik und Haptik stimmen, die Qualität auch
Das Plus an Rumpfvolumen im Vergleich zur 460er ist unter Deck offenkundig. Vor allem die Höhe sogt für ein imposantes Raumgefühl. Außer in den Achterkabinen liegt die Stehhöhe in allen Wohnbereichen deutlich über zwei Metern, auch in den Nasszellen, wo es für viele schwierig bis unmöglich wird, zum Lüften die Luken im Dach zu erreichen. Teilweise kommt man hier nicht umhin, hierfür die Toilette als Schemel zu missbrauchen.
Markantes Bauteil unter Deck ist der zentrale Korpus, der als Raumteiler zwischen die Sitzgruppe und die seitlich längs installierte Pantry in den Salon gebaut ist. Der große Kasten ist auf See und vor allem bei Krängung ein Segen, weil man sich für die Arbeit in der Pantry im Durchgang verkeilen kann und so einen sicheren Stand bekommt. Und er dient auch als gute Festhaltemöglichkeit auf dem Weg durch das Schiff. Andererseits wirkt das mächtige Möbel optisch sehr dominant. Der Innenausbau erscheint damit verschachtelt und verbaut. Hanse will sich überlegen, die Gestaltung des Möbels vielleicht doch noch einmal zu ändern oder allenfalls Alternativen zu entwickeln.
535.380 Euro kostet die Hanse 510 in der gut ausgestatteten Basisversion ab Werft. Im Vergleich dazu stehen für die kleinere Hanse 460 aktuell 339.030 Euro auf dem Preisschild. Der Unterschied zwischen den beiden Modellen beträgt also beinahe 200.000 Euro. Das ist viel Geld für ein im Grunde etwas verlängertes Boot mit dem Vorzug einer Dingi-Garage im Heck sowie für etwas mehr Volumen und ein wenig mehr Komfort unter Deck. Das Gute: Der Kunde bekommt im Wesentlichen dasselbe Schiff in zwei Größen und Ausführungen geboten und kann so nach Wunsch beziehungsweise nach Bedarf entscheiden.
Auch das zweite Schiff aus der neuen Kooperation von Hanseyachts mit Berret-Racoupeau Yacht Design zeigt überzeugende Leistungen unter Segeln trotz relativ viel Gewicht und sehr viel Rumpfvolumen. Davon profitiert vor allem der Ausbau.
ohne Abdrift/Strom; Windgeschwindigkeit: 8 bis 10 kn (3 Bft), Wellenhöhe: glattes Wasser (* mit Reacher)
Die Hanse ist im Vergleich kein Leichtgewicht. Die Segeltragezahl mit Selbstwendefock ist bescheiden
In dB(A), gemessen in Marschfahrt (80 % der Höchstdrehzahl): 7,2 kn, 2.000 min -1
GFK-Sandwichkonstruktion, aufgebaut in Handauflage mit Balsaholzkern. Schotten und Bodengruppe eingeklebt und anlaminiert
Standard ist der Alumast von Hersteller Seldén mit zwei Salingen und einem manuellen Achterstagspanner. Der Rollmast ist als Option erhältlich (Aufpreis: 4.630 €)
Einfache Dacronsegel (durchgelattetes Großsegel und Selbstwendefock) von Quantum im Lieferumfang. Eine überlappende Genua mit Holepunkten an Deck ist optional erhältlich
Das Schiff wird mit einem Yanmar 4JH80 mit Saildrive ausgestattet. Als Leistungs-Upgrade kann eine Maschine mit 110 PS eingebaut werden
B&G-Navigationspaket mit Instrumentenpods auf Steuersäule (Wind, Echolot, Logge und Temperatur, Kartenplotter, VHF, Autopilot). Aufpreis für das Paket 17.780 €
Preis segelfertig 546.890 €
Komfortpreis : 566.935 €
Selbstwendefocksystem, Vorsegel- Rollanlage, Fallen aus Dyneema, manuell klappbare Badeplattform, zwei Tische im Cockpit
Voluminöse und sehr breite Fahrtenyacht, konstruiert von Maurizio Cossutti Yacht Design. Die große Bavaria verfügt über eine riesige Badeplattform sowie über eine Garage für das Dingi.
YACHT-Test: Kein Test
Das Flaggschiff der Fahrtenreihe Oceanis von Marktführer Beneteau. Die Konstruktion kommt ebenfalls aus dem Haus Berret-Racoupeau. Das Konzept ist äußerst vielseitig und wandelbar ausgelegt.
Vielseitiges Fahrtenkonzept der Yachtbauer in La Rochelle. Die 530 kann man in drei Varianten ordern, als Tourenboot oder in Upgrades dazu auch als ausgewiesenes Blauwasser- oder Performance-Boot.
Überarbeitung der Impression 494 mit Verbesserungen im Detail und optischen Anpassungen. Drei, vier oder fünf Doppelkabinen sind möglich. Die Pantry ist vorn am Hauptschott installiert.