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Nach den Prüfungen unter Segeln beim großen Sammeltest der Fahrtenyachten um elf Meter Rumpflänge im Sommer 2021 hat sich keine der Teilnehmerinnen eine klare Führung erarbeiten können. Alle drei Typen im Gruppentest zeigen in der Neustädter Bucht trotz unterschiedlicher Rigg- und Kielkonfigurationen ein durchaus vergleichbares Leistungsniveau.
Einen ganz kleinen Vorteil kann sich die Dufour 370 sichern, welche bei allen Bedingungen, insbesondere aber bei viel Wind, stark segelt, trotz ihrer vergleichsweise bescheidenen Garderobe; auch beim Handling weiß sie zu überzeugen. Die Französin geht also mit einem Mini-Bonus in die zweite Runde.
Für die drei Klassenvertreterinnen folgt auf die Kür nun die Pflicht, die im Hafen stattfindet. In der Ancora-Marina in Neustadt an der Ostsee unterzieht das Testteam der YACHT alle Schiffe einer eingehenden Beurteilung auch jenseits des Niedergangs. Dass die drei Probandinnen dabei Seite an Seite liegen können, erleichtert das Prozedere. Der direkte Vergleich von Boot zu Boot verdeutlicht die wesentlichsten Unterschiede bezüglich der Aufteilung, der Nutzung und des Raumgefühls unter Deck.
Das Standard-Layout ist auf allen Schiffen innerhalb der Testgruppe einheitlich. Heißt: zwei Doppelkabinen achtern, eine Doppelkabine im Vorschiff, dazu ein Toilettenraum achtern, Salon, Pantry sowie eine kleine Navigation – das gebräuchliche Arrangement also in der Klasse der Elf-Meter-Tourer. Wie bereits im ersten Teil erwähnt, erweisen sich die Boote als etwas kleinere Ausführungen ihrer größeren Schwestern aus der 40-Fuß-Klasse, also mit zwölf Meter Rumpflänge. Das gilt im Wesentlichen auch für die Optik unter Deck, für die Layouts sowie die Varianten. Als Alternative können alle drei als Zweikabiner mit jeweils einer großen Backskiste achtern ausgebaut werden, zudem ist durchweg ein zweiter Toilettenraum im Vorschiff möglich.
Und die Dufour kann noch eine zusätzliche Abwandlung anbieten: Die 390 ist auch in einer Version als Dreikabiner mit drei Toilettenräumen erhältlich. In diesem Fall rückt die Pantry als lange Zeile anstelle des zweiten Sofas auf die Backbordseite vom Salon. Diese Varianz hat die Französin innerhalb ihrer Klasse exklusiv.
Allerdings wird das Schiff in dieser Ausführung nicht häufig bestellt, so die Werftvertreter, weil die Kompromisse zulasten der Wohnlichkeit unter Deck doch sehr einschneidend sind, selbst für den Einsatz in der Yachtcharter.
Für die Bewertung des generellen Raumeindrucks unter Deck gehen die YACHT-Tester von Schiff zu Schiff. Die Bavaria C36 gefällt mit einem eher klassisch wirkenden, einladenden Innenausbau aus Mahagoni, was dem Standard entspricht. Wahlweise verbauen die Yachtbauer in Giebelstadt auch helle Eiche oder Walnussholz. Farbliche Alternativen für den Fußboden und für die Polster erweitern das Spektrum zur Individualisierung. In der direkten Gegenüberstellung sowie auch im Vergleich der Layoutpläne räumt Bavaria dem zentralen Salon weniger Platz ein. Die Sitzgruppe erscheint gedrängter arrangiert, die Pantry vergleichsweise übergroß, der Innenraum wirkt ein wenig verbaut. Die beim Testschiff dunklen Hölzer und Polster tragen optisch zu diesem Eindruck bei. Licht gibt es in der Bavaria dennoch ausreichend. Die Fenster im Rumpf sowie im Kajütaufbau sind größer als bei den Wettbewerbern. Sie sorgen für viel Transparenz.
Beim Besuch auf der Dufour 390 ist der Raumeindruck ein anderer. Mit den hellen Eichenholzmöbeln bietet die Französin unter Deck mehr gefühltes Raumvolumen als die Bavaria. Der Salonbereich ist hier offener gestaltet, weiträumiger, und das bei identischer Rumpfbreite. Zwar sind bei der Dufour die Fenster in Aufbau und Rumpf kleiner, dafür fällt viel Licht durch das große Panoramafenster im Kajütaufbau, was das Ambiente unter Deck hell und luftig macht. Dufour bietet Optionen für den Innenausbau mit dunklerem Teakholz.
In Sachen Gemütlichkeit vermag die Hanse 388 zu punkten. Obwohl sie etwas schlanker ist als die Schiffe von Bavaria und Dufour, ist bei ihr der Raumeindruck ebenfalls offen und großzügig, die Anmutung modern und zeitgemäß. Auch die Hanse kommt zum Test mit einem hellen Ausbau in Eichenholz. Alternativ sind dunklere Töne möglich: Mahagoni (Standard) oder Kastanienholz; zudem sind zahlreiche Varianten bei den Polsterbezügen machbar. Die fast quadratischen Rumpffenster sorgen für Licht und Sicht unter Deck, sind aber nur von innen schön.
Die Beurteilung des Raumeindrucks im Wohnbereich unterliegt beim Gruppentest im direkten Vergleich der persönlichen Empfindung. Was die einen als schön und angenehm wahrnehmen, müssen andere nicht zwingend ebenfalls mögen. Dies gilt es an dieser Stelle zu berücksichtigen.
Für die Bewertung der Kojenmaße dagegen übernimmt der Zollstock das Zepter. Allerdings gibt es auch dazu Erklärungsbedarf innerhalb der Testgruppe: Die Bavaria C38 ist im Vorschiff mit einem zusätzlichen Toilettenraum ausgestattet, was die Größe der Liegefläche doch deutlich reduziert (siehe unten). In der Standardversion ohne Nasszelle im Vorschiff würde die Yacht aus Giebelstadt vorn über die weitaus größte und breiteste Doppelkoje in der Klasse verfügen, sie profitiert dabei von ihrer enorm voluminösen Bugsektion. 2,22 Meter wäre das Maß der Breite auf Höhe der Schultern. Beim Testschiff mit optionalem Bad kann dagegen lediglich eine Breite von 1,47 Metern ermittelt werden.
Auch auf der Dufour ist die Koje im Vorschiff in Schulterhöhe mehr als zwei Meter breit. Sollte der Kunde einen Toilettenraum im Vorschiff wünschen, würde dies die Kojenmaße kaum beeinträchtigen.
Auf der Hanse bleibt das Doppelbett im Vorschiff gleich groß, egal ob mit oder ohne optionalem Bad. Allerdings ist die Liegefläche auf dem Boot aus Greifswald recht weit in den Bug hineingebaut. Bei den Füßen wird es mit nur 70 Zentimeter etwas eng. Zudem verschenkt Hanse auf Höhe der Schultern wertvolle Breite zugunsten von seitlichen Ablagen. Das sieht im Stil von einem Inselbett gut aus, hat aber nur wenig Nutzen. Die Doppelkoje der Hanse ist bei den Schultern nur 1,60 Meter breit – nicht so viel wie bei der Konkurrenz, aber immer noch komfortabel, auch für die Belegung durch zwei Personen.
Im Achterschiff bleibt es auf den Booten aus Deutschland bei der symmetrischen Aufteilung mit zwei gleich großen Kabinen, abgetrennt durch einen Technikkanal, was bezüglich der akustischen Separation der Kammern angenehm ist. Bavaria nutzt die enorme Ausladung ihres Hecks, um achtern zwei quadratische Doppelkojen einzubauen. Die Breite der Betten ist mit 1,38 Metern allerdings knapp für die Doppelbelegung. Bei der am Heck schlankeren Hanse laufen die Kojen nach hinten zusammen, dafür wird die Rumpfbreite besser ausgenutzt. 1,48 Meter beträgt die Breite der Liegen auf Schulterhöhe, was schon sehr komfortabel ist.
Auf beiden Schiffen kann jeweils eine der Achterkabine auch als Backskiste genutzt werden (siehe Teil 1 des Vergleichstests).
Die Ausnahme zum Klassenstandard bildet einmal mehr die Dufour. Auf der Französin sind die beiden Kabinen im Achterschiff nur durch ein einfaches Längsschott getrennt, was zulasten der Privatsphäre in den Räumen geht, dafür jedoch positive Auswirkungen auf die Kojenmaße hat. Im Standard-Ausbau als Dreikabiner sind die Doppelbetten achtern mit einer Breite von 1,64 Metern bei den Schultern größer als auf den Wettbewerbern. Das Testboot von Dufour ist der Zweikabiner mit einem großen Stauraum auf der Backbordseite. Wegen des nicht vorhandenen Technikkanals kann die Werft in dieser Version das Längsschott flexibel gestalten und die Kojenfläche bis weit über die Schiffsmitte vergrößern. Hinten schläft man in dem Fall quer zur Fahrtrichtung und dazu mit absolut fürstlichen Platzverhältnissen. Die Breite vom Bett beträgt hier beinahe zwei Meter.
Die Bavaria hat die größten Toilettenräume im Vergleich. Auf der C38 sind sowohl das Standard-Bad achtern wie auch die optionale Nasszelle im Vorschiff geräumiger. Dazu ist der WC-Bereich mit Dusche halb abgetrennt, was sehr angenehm ist. Auf der Hanse ist das Bad achtern ähnlich groß und ebenso funktional wie das der Bavaria, dazu auch noch sehr schön ausgebaut, ebenfalls mit einer teilweise Separierung. Möchte der Kunde ein zusätzliches WC im Vorschiff, würde dieses auf der Hanse allerdings sehr klein und eng ausfallen – eine Option, die gut überlegt sein will.
Auf dem Schiff von Dufour ist die Standard-Toilette achtern deutlich kleiner als die der Konkurrenz aus Deutschland. Eine Duschoption ist hier nur in Form eines ausziehbaren Wasserhahns vorhanden.
Werden die Boote allerdings mit zwei Kabinen ausgebaut, wendet sich das Blatt. In diesem Fall ist bei den Schiffen von Hanse und Dufour die Möglichkeit geboten, zusätzlich eine große Duschzelle zu installieren, auf der Hanse sogar als eigener, komplett separierter Nassraum zwischen Pantry und Backskiste. Bavaria beweist diesbezüglich weniger Wandelbarkeit: Auf der C38 bleibt der Toilettenraum bei allen Varianten gleich groß, und die Möglichkeit für eine zusätzlich komplett geschlossene Duschzelle ist nicht gegeben.
Von ihrem kompakteren Arrangement im Salon profitiert die Bavaria hinsichtlich der Gestaltung der Pantry, die bei ihr größer ausfällt als bei Hanse und Dufour. Tatsächlich verbauen die Giebelstädter hier dasselbe Küchenmodul wie auf der einen Meter längeren Schwester C42 und beschneiden dieses nur etwas. Zudem sind mehr, größere und besser nutzbare Stauräume vorhanden. Was allerdings fehlt, ist eine Abdeckung über dem Herd, welche Bavaria auch als Option nicht anbietet. Damit reduziert sich die nutzbare Arbeitsfläche im Vergleich zu den Wettbewerbern, bei denen flexible Abdeckungen über der Kochstelle bereits im Standard mitgeliefert werden.
Für die Navigation hat Dufour eine smarte Lösung mit einem absenkbaren Kartentisch gefunden. Dabei lässt sich die Sitzbank auf der Backbordseite mit einem Einlagepolster zur vollwertigen Sofakoje verlängern und so eine zusätzliche Schlafmöglichkeit schaffen. Auf den Schiffen von Bavaria und Hanse bleibt die Couch dagegen kurz und nur noch für Kinder als Koje nutzbar.
Einen absenkbaren Salontisch für die Verwendung der Sitzgruppe als Doppelkoje bieten nur Bavaria und Dufour an. Hanse hat diese Option dagegen nicht im Programm.
Stauräume sind auf allen drei Booten keine Mangelware. Für Ordnung unter Deck sorgen die großen Schränke in allen Kabinen, dazu Fächer seitlich im Salon sowie unterhalb der Sofas und Kojen. Dufour baut bei der 390 unter der Sitzbank im Salon große Schubladen ein, damit nicht bei jedem Zugriff zu den Stauräumen umständlich die Sitz- und Rückenpolster entfernt werden müssen – eine gute Lösung, die einen Pluspunkt verdient. Bei der Hanse 388 hingegen fehlen im Vor- und Achterschiff seitlich offene Ablagen, das ist schade.
Viel Sicherheit auf See bieten die Schiffe von Dufour und Hanse mit soliden Handläufen am Niedergang, zusätzlichen Griffmulden sowie langen Handläufen im Salon seitlich entlang des Kajütaufbaus. Bei der Bavaria C38 allerdings sucht man unterwegs vergeblich nach gutem Halt unter Deck. Eine Festhaltemöglichkeit am Niedergang ist zwar vorhanden, Handläufe an der Decke oder seitlich fehlen aber ganz, und auch an den Einbauten kann man sich kaum festhalten.
Auch bezüglich der elektrischen Installationen muss sich das Boot aus Giebelstadt der Konkurrenz geschlagen gegeben. Die vielen Kabel sind teilweise lose und unübersichtlich verlegt und dazu kaum beschriftet. Eine Fehlersuche hier würde viel Zeit in Anspruch nehmen. Besser, sauberer und nachvollziehbarer eingebaut ist die Elektrik auf der Hanse und der Dufour.
Einen Vorteil verschafft sich die Bavaria hingegen mit der sehr guten Zugänglichkeit zur Einbaumaschine. Bei den Wettbewerbern sind die Komponenten für Kontrolle und Wartung (Impeller, Ölmessstab, Seewasserfilter etc.) schwieriger zu erreichen. Und auf der C38 bestehen alle Borddurchlässe und Ventile aus Kunststoff, was hinsichtlich möglicher Korrosionsprobleme als gut und vorteilhaft zu werten ist. Bei den zwei anderen Booten bestehen diese Teile zumindest partiell aus Messing.
Fehlt zum Schluss noch ein vergleichender Blick auf das Preisgefüge. Während die Bavaria C38 und die Hanse 388 mit Brutto- Basispreisen von rund 210 000 Euro etwa gleichauf liegen, ist die Dufour 390 fast 50 000 Euro teurer (Preise Stand Sommer 2023), was sich mit einer besseren und kompletteren Grundausstattung wenigstens ein Stück weit erklären lässt. So ist die Französin bereits ab Werft mit einer Badeplattform, einem Cockpittisch sowie einem langen Bugspriet ausgerüstet. Bavaria und Hanse verlangen nicht unerhebliche Aufpreise für diese Komponenten, die im Grunde sowieso zu einem ordentlichen Fahrtenboot gehören.
Auch nach dem eingehenden Check der drei Vergleichsboote unter Deck und unter Einbeziehung aller Bewertungsfaktoren aus Teil 1 und Teil 2 ist eine eindeutige und herausragende Siegerin letztlich nicht zu bestimmen. Alle Boote im Gruppentest haben diverse Vor- wie auch Nachteile – was für eine gesunde Konkurrenz aber nur gut und recht ist.
Letztlich muss der Kunde selbst entscheiden, welches Konzept er bevorzugt und entsprechend wählen. Das Gute: Falsch machen kann er mit allen drei Booten nichts. Schon erstaunlich, wie viel Komfort, Volumen, Varianz und Segelfreude die führenden Werfen auf Booten von elf Metern realisieren können – und zu welchem Preis. Kein Wunder, dass viele kleinere Hersteller bei diesen sehr attraktiven Angeboten nicht mithalten können und passen. Die Konkurrenz ist und bleibt also klein – dafür fein.
Gemessen in Marschfahrt (80% der Höchstdrehzahl)
Voluminöser Tourer aus Giebelstadt mit einem modernen, komfortablen Interieur. Das Boot ist bezüglich der Ausbaumöglichkeiten etwas weniger wandelbar als die Konkurrenz. Preislich attraktiv
Bavaria Yachtbau, 97232 Giebelstadt, Deutschland; www.bavariayachts.com, Vertrieb: Händlernetz
Das Boot aus Frankreich zeigt mehr Varianz für individuelle Ausbauwünsche mit bis zu drei Kabinen und drei Nasszellen. Das Schiff ist ab Werft umfangreich ausgestattet, kostet dafür aber auch deutlich mehr
Dufour Yachts, 17180 Perigny, Frankreich; www.dufour-yachts.com, Vertrieb: Händlernetz
Mit ihrem sehr gemütlichen und hochwertig gebauten Interieur kann die Hanse im Vergleich punkten. Das generelle Konzept ist ausgewogen und durchdacht. Und auch die Preise sind stimmig
Hanseyachts AG, 17493 Greifswald, Deutschland; www.hanseyachts.de, Vertrieb: Händlernetz
Dieser Artikel erschien erstmals in YACHT 15/2021 und wurde für diese Online-Version überarbeitet