Der Erhalt historischer Yachten ist mehr als nur eine Philosophie – er ist eine leidenschaftliche Lebensaufgabe für unzählige Enthusiasten weltweit. In der finnischen Hauptstadt fand nun das 12. Classic Yacht Symposium statt, bei dem sich viele dieser Liebhaber versammelten. Im Mittelpunkt des Events stand nicht nur der Austausch von Erfahrungen, sondern vor allem die Aufgabe, eine Brücke zwischen der traditionsreichen Vergangenheit des klassischen Yachtsports und seiner zukunftsorientierten Entwicklung zu schlagen.
Und das Interesse war groß: Die mehr als 300 Tickets waren laut Veranstalter in weniger als drei Wochen ausverkauft. Kaum ein Platz blieb in der finnischen Musikhalle Musiikkitalo frei. Das hatte sicherlich zwei Gründe: Zum einen gelten die Finnen als begeisterte Fans und aktive Segler klassischer Yachten. Zum anderen gelang es den Veranstaltern, prominente Persönlichkeiten des Segelsports als Redner in die skandinavische Metropole zu holen.
Einer von ihnen war der Brite Sir Robin Knox-Johnston, Gewinner des ersten Solo-Rennens um die Welt 1968/69 und Träger der Jules Verne Trophy. Er steht wie nur wenige für Segelabenteuer auf historischen sowie modernen Booten. Doch er repräsentiert mehr, sagt John Lammerts van Bueren, einer der Vorsitzenden des Classic Yacht Symposium Committee. „Er gewann das erste Rennen um die Welt. Er ist eine lebende Legende. Doch zugleich ist er niemand, der in der Vergangenheit lebt. Er hat eine klare Vision für die Zukunft.”
Heute bringt Knox-Johnston mit dem “Clipper Round the World Race” einer breiten Masse das Offshore-Segeln näher. Mehr als 7.000 Personen sind es nach eigenen Angaben, denen das Format zu einer Ozeanüberquerung verholfen hat. Nun arbeite der mittlerweile 86 Jahre alte Brite an einer neuen Flotte, sagt er.
Doch nicht nur Sir Robin Knox-Johnston gelang es, mit seiner Person und seiner Geschichte den Blick von der Vergangenheit in die Zukunft zu lenken. Ein weiteres herausragendes Beispiel war die französische Seglerin Marie Tabarly.
Sie ist die Tochter des berühmten französischen Seglers Éric Tabarly. Unlängst hat sich die 41-Jährige aus seinem Schatten gelöst und mit beeindruckenden Segelleistungen auf sich aufmerksam gemacht. Zuletzt segelte sie beim Ocean Globe Race 2023/2024 mit der „Pen Duick VI“ als Erste über die Ziellinie. In Helsinki teilte sie ihre Erfahrungen und erzählte von ihrem eigenen Weg dorthin.
So wuchs sie auf einem Gaffelkutter aus dem Jahr 1898 der „Pen Duick“-Serie auf. Dabei handelt es sich um eine Reihe gleichnamiger, erfolgreicher Hochsee-Regattayachten, die von Éric Tabarly und mittlerweile von seiner Tochter gesegelt werden. Nach ihrer Jugend an Bord wechselte sie an Bord anderer klassischer Regattayachten - darunter die „Mariska“. Eleganz, Respekt und viel harte Arbeit verbindet sie heute mit dem Leben an Bord solch klassischer Yachten, sagt sie.
Mittlerweile richtet sie ihren Blick gen Zukunft. „Die Fragilität des Segelsports ist groß“, sagt Tabarly. Deshalb ist der Erhalt des Sports und der klassischen Yachten so wichtig. Dazu möchte sie beitragen und bald die Academy Tabarly gründen, in der junge Menschen an Bord der historischen „Pen Duicks“ zu erfahrenen Offshore-Seglern ausgebildet werden.
Einer, der den klassischen Yachtsport wie kaum ein anderer für die breitere Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, ist der britische Bootsbauer Leo Goolden. Er hat die Restaurierung seiner „Tally Ho“ mit der Kamera dokumentiert und die Videos auf YouTube veröffentlicht. Mittlerweile folgen ihm über eine halbe Million Menschen auf der Plattform, und seine Fangemeinde wächst stetig.
Auf die Frage, was seinen Erfolg erklärt, antwortet der britische Bootsbauer unter anderem:
„In einer Welt, in der Risiken stark gemanagt werden, brauchen wir Menschen, die ein Wagnis eingehen, das Risiko akzeptieren und mit Entschlossenheit dabeibleiben.“
Mit seiner anpackenden und sympathischen Art hat er neue Wege aufgezeigt, wie der Sport durch innovative Ansätze zugänglich gemacht werden kann, so das Symposium-Commitee. Aus diesem Grund wurde Goolden, neben König Harald von Norwegen, für sein Engagement im Bereich der klassischen Yachten mit dem Singoalla-Award ausgezeichnet.
Der Preis wird jährlich an eine Person oder Institution verliehen, die einen bedeutenden Beitrag zur Mission des Helsinki Symposiums geleistet hat. Ziel des Symposiums ist es, die Verbindungen zwischen den Seglern klassischer Yachten zu stärken und ein vertiefendes Verständnis für die Geschichte, die Gegenwart und die zukünftigen Perspektiven des klassischen Yachtsports zu fördern.
Das Classic Yacht Symposium fand 2011 zum ersten Mal mit 30 Teilnehmern statt und hat sich seitdem stetig weiterentwickelt, berichtet John Lammerts van Bueren. Die Veranstaltung wird nach wie vor ehrenamtlich organisiert. „Wir tun dies aus Leidenschaft für die Boote und den Sport. Es ist unsere Möglichkeit, etwas zurückzugeben“, sagt Lammerts van Bueren.
Den historischen Teil, der einen Rückblick auf die Blütezeit des klassischen Yachtdesigns und -baus bot, lieferte der Amerikaner Steve Tsuchiya. Er ist ein führender Yachthistoriker, Mitglied des New York Yacht Club und Vorsitzender des Auswahlkomitees der America's Cup Hall of Fame. In seinem Vortrag ließ er das legendäre America's-Cup-Rennen von 1934 zwischen der britischen „Endeavour“ und der US-amerikanischen „Rainbow“ neu aufleben.
Eine ganz andere Perspektive bot der Schwede Claes Hultling, der das Publikum mit seiner inspirierenden Lebensgeschichte beeindruckte. Bei einem Tauchunfall erlitt der Arzt eine Rückenmarksverletzung und wurde querschnittgelähmt. Im Laufe seines Lebens gelang es ihm, diese Herausforderung in sportlichen Erfolg umzuwandeln. Unter anderem vertrat Hultling Schweden in der 2.4mR-Klasse bei den Paralympischen Sommerspielen 2000 in Sydney.
Heute zeigt er Menschen mit Rückenmarksverletzungen unter anderem durch das Segeln neue Perspektiven auf. Neben einem nordischen Folkeboot baute er eine 8mR-Yacht so um, dass Rollstuhlfahrer darauf segeln können und unternimmt Reisen in das Stockholmer Archipel.
Doch auch zahlreiche junge Nachwuchstalente bekamen bei dem Symposium eine Bühne – darunter die junge finnische Segelmacherin und Seglerin Viivi Moisio. Sie nahm am Ocean Globe Race 2023/24 teil und segelt zudem aktiv in der Klasse der 6mR-Yachten. Sie schätzt die Gemeinschaft innerhalb der klassischen Yachtszene: „Anders als vielleicht in anderen Klassen ist hier jeder willkommen“, sagt sie. Vor allem durch das Engagement der Ruissalon Telakka, der historischen Bootswerft in Turku, ist die Zahl junger Klassiksegler in den letzten vier Jahren stark gestiegen. Im Jahr 2027 plant Moisio, mit einem selbstgebauten Globe-5.80-Boot beim “Globe 5.80 Transat” den Atlantik zu überqueren.
Ein weiterer aufstrebender Nachwuchssegler ist Aaro Immonen. Auch er lebt in beiden Welten – der des Hochseerennens und der klassischen Yachten. Er schätzt das Physische, das mit klassischen Yachten verbunden ist; die gesamte Crew sei bei Manövern gefordert, um das Boot zu kontrollieren, sagt er. Aktuell plant der junge Finne ein neues Projekt. Für das Ocean Globe Race 2027 will er gemeinsam mit anderen ein internationales Team aus unter 30-Jährigen zusammenstellen – und das Rennen um die Welt gewinnen. Beim Classic Yacht Symposium stellte er das neue Projekt vor.
Es sind junge Segler, wie Viivi Moisio und Aaro Immonen, denen das Symposium eine Bühne bieten will: “Wir versuchen, nicht nur 50 Prozent nordische, sondern auch 50 Prozent internationale Teilnehmer zu gewinnen – dasselbe gilt für Jung und Alt“, sagt William J. Collier, der ebenfalls Mitglied im Helsinki Classic Yacht Symposium Committee ist. Das Ziel sei zwar noch nicht vollständig erreicht, doch man befinde sich auf einem guten Weg, so Collier. „Wir wollen das erhalten, was andere Generationen erreicht haben. Ansonsten wird es irgendwann nicht mehr existieren.“
Und schon jetzt sind die Planungen für das nächste Symposium in vollem Gange. Fest steht, dass es erneut im März stattfinden soll. Wann genau, ist laut Veranstalter jedoch noch offen. Sicher ist hingegen, dass für 2026 ein größerer Veranstaltungsort in Betracht gezogen wird, um dem wachsenden Interesse am klassischen Segelsport gerecht zu werden.