Kristina Müller
· 21.10.2022
Philipp Hympendahl hat Großes vor. Im Herbst 2023 will er bei der neuen Global Solo Challenge starten, einer Nonstop-Regatta um die Welt – bisher als einziger Deutscher. Nun hat er das Boot für sein Abenteuer gekauft. Ein Gespräch über Pläne, Träume und den Refit
Das stimmt, aber es ist ja auch eine Regatta, insofern ist eine sportliche Fahrtenyacht bestimmt keine schlechte Wahl. Ich hatte in den letzten sieben Jahren einen 9,20 Meter langen Halbtonner. Das neue Boot sollte von der Art her nicht allzu anders sein. Einige Leute haben mir zu einer Class 40 geraten, aber das ist nichts für mich. Es geht bei diesen Langstrecken ja auch sehr darum, sich zwischendurch erholen zu können. Und das geht nur auf einem Boot, das du einigermaßen kennst und auf dem du dich wohlfühlst. Auf meiner „African Queen“ bin ich zuletzt eine Nordseerunde gesegelt Wenn man so etwas auf einem relativ kleinen Schiff schon gemacht hat, dann kommt einem das neue vor wie ein Flugzeugträger. Ich habe darauf ein enormes Sicherheitsgefühl und halte die Yacht nicht für unsicher. Sonst würde ich es damit nicht machen.
Das Boot sollte eine Pinne haben, was in der Größenordnung nicht ganz einfach ist. Mir waren vor allem strukturelle Dinge wie die Kielkonstruktion und das Ruderblatt wichtig. Eigentlich habe ich eine Sigma 36 gesucht, aber keine brauchbare gefunden. Ein wenig hat auch Zeitdruck eine Rolle gespielt, denn ich muss bis Juni mit dem Boot noch 2.000 Seemeilen für die Qualifikation segeln und vor allem vorher noch vieles an Bord modifizieren.
Ja, da wartet sehr viel Arbeit. Los geht’s beim Kiel: Es gibt bei Comfortina eine gute Lösung, zusätzliches Bleigewicht an den Kiel zu bringen. Das soll gemacht werden. Dann müssen die Ruderlager erneuert werden, und ich überlege noch, ob ich wirklich eine feste Sprayhood haben will. Ich denke, das Sicherste in einem richtig üblen Sturm ist, so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten. Wenn man dann die Sprayhood runterklappen kann, ist das Boot wirklich komplett flach.
Das stimmt, noch gibt es wenig Möglichkeiten zum Festhalten, das muss ich auch ändern. Das Teakdeck soll runter, dafür kommt eine rutschfeste Farbe drauf. Das 7/8-Rigg ist auch so ein Thema, da muss ein neues drauf. Das ist sicher nicht die Konstruktion, die von der Stabilität her fürs Südmeer gemacht ist. Also soll auch ein zweites Vorstag her, das von innen ver-stärkt wird. Und die Fenster sind auch recht groß.
Auf jeden Fall. Das Boot braucht wasserdichte Schotten vorn und hinten. Ich will aber auch Gewicht sparen und überlege, ob ich beispielsweise einen Schrank in der Achterkajüte ausbaue. Aber so, dass er später wieder eingebaut werden kann.
Die Comfortina hat einen ziemlich großen und stabilen Spiegel. Da könnte man neben der geplanten Windfahnensteuerung auch einen Hydrogenerator anbringen. Dann ist immer noch Platz für die Badeleiter. Die braucht man ja auch, schließlich werde ich durchaus mal ins Wasser müssen, wenn sich ein Fischernetz in der Schraube verfängt oder so etwas. Eine Solarzelle habe ich auch schon, da kommen noch weitere dazu.
Grundsätzlich bin ich so ein bisschen wie Wilfried Erdmann und möchte alles ganz einfach halten. Stabil und robust. Ich glaube, die Hauptschwierigkeiten bei so einem Törn entstehen durch technische Ausfälle, etwa des Autopiloten. Bei Themen, in denen ich mich nicht so gut auskenne, wie Wettersoftware, Satellitenkommunikation oder Elektronik, werde ich mir Rat von Experten holen, damit habe ich kein Problem.
Ich träume schon immer davon. Ich mag das Projekt, ich mag es, mich solchen Herausforderungen zu stellen. Als vor vier Jahren das Golden Globe Race erstmals wieder ausgetragen wurde, habe ich es verfolgt und wirklich damit geliebäugelt. Aber da war in meinem Leben noch überhaupt kein Platz dafür, da waren ganz andere Dinge wichtig. Ich habe 20 Jahre lang als festangestellter Fotograf gearbeitet, hatte einen Leasingwagen, eine große Wohnung und diesen ganzen Kostenapparat am Bein. Dann habe ich mein Leben komplett umgekrempelt. Über Social Media erfuhr ich schließlich von der neuen Global Solo Challenge.
Ja, ich betreibe das in Vollzeit, jeden Tag mindestens zehn Stunden. Ich habe ein kleines, tolles Team, das mich ehrenamtlich unterstützt. Allein würde ich das in der Zeit gar nicht schaffen. Ich suche ja auch noch Sponsoren – das Geld fürs Boot ist geliehen. Das Problem ist, dass wir wegen der aktuellen Lieferschwierigkeiten genau jetzt schon viele Sachen bestellen müssten.
Die kennen meine Träumereien und Geschichten doch und sagen eher: Mach es doch endlich, damit wir es nicht mehr hören müssen! Viele denken aber auch, dass ich noch viel Zeit habe, da der Start erst in etwa einem Jahr ist. Sie haben nicht auf dem Schirm, was da alles dranhängt und dass jedes Detail viel Zeit kostet. Denn wenn die Vorbereitung bei nur einer Kleinigkeit schiefgeht, kann letztendlich das ganze Ding schiefgehen.
Ist er auch. Ich habe das Boot im Herbst in den Niederlanden gekauft, überführe es nun in die Werft an die Schlei, und dann geht’s los. Es gibt so viel zu tun. Das ist auch anstrengend, und ich habe wirklich unterschätzt, wie viele Baustellen auf mich warten. Es wäre optimal, wenn ich noch die Zeit hätte, vorher mit dem Boot eine Atlantikrunde zu drehen. Aber so ist es nun einmal, und auch die 2.000 Seemeilen für die Qualifikation sind ja schon ganz ordentlich.
Ich mache da nicht mit, um zu gewinnen. Ich bin kein klassischer Regattasegler, bin vielleicht fünf Regatten in meinem Leben gesegelt. Bei so einer Langstreckenregatta kommen ja ganz andere Eigenschaften zum Tragen. Entschieden wird das Ganze durch Ausdauer. Dadurch, dass du dein Boot nicht zerstörst und vielleicht eine relativ gute Durchschnittsgeschwindigkeit segelst. Und dass du dann am Ende überhaupt ankommst. Es ist ein Abenteuer. Dennoch werde ich natürlich schon versuchen, so schnell und gut wie möglich zu segeln. Aber das Hauptziel ist ankommen. Das wäre ein Riesending!