Vergangenes Jahr hat Paul Tetlow das Ruder bei World Cruising übernommen. Dies ist mithin seine zweite ARC, die er verantwortet. Neu ist die Veranstaltung nicht für ihn, er hat früher schon als „Yellow shirt“ gejobbt. Das ist die Bezeichnung für das Heer der WCC-Mitarbeiter, die insbesondere für die größte Veranstaltung, die ARC, erforderlich sind. Und deren Erkennungsmerkmal das gelbe Polohemd ist.
Zusammen mit seiner Frau Suzana, die nun Operating Manager ist, war er bereits in früheren Jahren bei der ARC und auch bei der World ARC dabei und hat Crews vor, während und nach ihren Törns in die Karibik oder um die Welt betreut. Auf Paul und Suzana kommen in den nächsten Jahren eine Reihe Herausforderungen zu. Die Fahrtensegler- und Blauwasserseglerszene verändert sich und entwickelt sich weiter. Darauf muss auch der WCC reagieren. Aber wie?
Kurz vor dem Start der ARC 2023, an der rund 900 Segler aus 39 Nationen teilnehmen, trafen wir Paul Tetlow zum Interview in der Marina von Las Palmas.
Paul Tetlow: Die ARC lebt von der Vielfalt ihrer Teilnehmer. Das ist ein Teil von dem, was sie ausmacht. Unser Job ist es, aus ihnen eine große Gemeinschaft zu machen, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu schaffen. Trotz all der unterschiedlichen persönlichen Hintergründe, dem unterschiedlichen seglerischen Erfahrungsschatz, der unterschiedlichen Motivation, hier mitzumachen. Das gelingt uns, indem wir ein Erlebnis versprechen, mit dem sich alle identifizieren können und wollen: den Atlantik zu überqueren. Ganz gleich, ob zum ersten oder zum wiederholten Mal. Und das nicht allein, sondern in einer Gruppe und im Rahmen einer Veranstaltung, die eine positive Erfahrung verspricht.
Das ist richtig beobachtet. Wir haben zum Beispiel die Gruppe der Kojenchartercrews. Oder die der Familiencrews. Es gibt Zweihandcrews, meist Pärchen. Es gibt ältere Crews und die jungen Wilden. Wir haben die Gruppe der Skipper und Segler auf großen, schnellen Yachten oder aber auf eher kleineren, teils schon betagten Schiffen. Die Gruppe der Katamarane. Wenn man wollte, könnte man sogar nach Nationalitäten aufgeteilt einzelne ARC-Teilnehmergruppen identifizieren. Wir fördern diese Gruppenbildung nur begrenzt. Etwa, indem wir Familiencrews mit Kindern an einen Steg legen. Ansonsten bieten wir lieber mit unserem Seminar-, Ausflugs- und Partyprogramm hier in Las Palmas und auch im Ziel auf Grenada für die ARC plus und auf St. Lucia für die ARC die Möglichkeit des Socializings und Networkings.
Wir schaffen ein Wir-Gefühl”
Ja, aber natürlich nicht in jedem Fall. Wir bieten das ja nur an, schaffen den Rahmen. Verpflichtet ist niemand, an irgendetwas teilzunehmen oder mit anderen ARC-Teilnehmern in Kontakt zu kommen. Die allermeisten aber wollen genau das. Es ist das, wofür viele die ARC mögen. Andernfalls hätten wir nicht so viele Wiederholer dabei. Wer einmal unsere Seminare besucht hat, muss das naturgemäß nicht unbedingt erneut tun. Wer einmal erfolgreich den Atlantik überquert hat, könnte sich dies das nächste Mal durchaus allein zutrauen. Es ist letztlich also wohl dieses Wir-Gefühl, das die meisten an der ARC so schätzen. Selbst die kommerziellen Kojencharteranbieter bewerben ihre Törns damit, das die ARC Teil des atlantischen Erlebnisses ist.
Das hat einen recht einfachen Grund: Es liegt an der steigenden Zahl der teilnehmenden Katamarane. Mitsegeln wollen tatsächlich wieder so viele Crews wie in den Vor-Corona-Jahren, und die Wartelisten sind wie früher lang. Das Problem ist die begrenzte Liegeplatzkapazität insbesondere für die ARC plus auf den Kapverden und für die ARC in St. Lucia, aber auch hier in Las Palmas. Bei zusammen rund 300 Schiffen war früher der Platz ausgeschöpft. Durch die vielen Katamarane, die doppelt so viel Platz wie ein Einrumpfer benötigen, haben wir in diesem Jahr das Platzlimit bereits bei knapp 260 Schiffen erreicht.
Momentan ist der Mix, die Balance der ARC-Teilnehmer gut”
Nein, so weit sind wir sicherlich noch lange nicht. Im Gegenteil arbeiten wir fortwährend daran, gemeinsam mit den Hafenbetreibern und verantwortlichen Behörden vor Ort mehr Liegeplatzkapazitäten in den Start- und Zielhäfen zu schaffen. Momentan ist der Mix, die Balance der ARC-Teilnehmer gut. Ich denke, das wird auch in Zukunft so bleiben.
Es stimmt, in den vergangenen Jahren sind kontinuierlich weniger Crews aus Deutschland bei der ARC mitgesegelt. Woran das liegt, ist schwer zu sagen, wir wissen es selbst nicht so genau. Wir verstärken daher unsere Anstrengungen, um wieder mehr Crews aus Deutschland dabeizuhaben. So halten wir nun beispielsweise Online-Webinare einige Wochen vor der Messe boot in Düsseldorf ab. So geben wir den Leuten die Möglichkeit, sich auf die Messe gezielt vorbereiten und dort etwa noch fehlende Langfahrtausrüstung kaufen zu können. Oder eben auch an unseren Stand auf der boot zu kommen, um uns persönlich offen gebliebene Fragen zu stellen, sich zu informieren oder um sich im besten Falle zur ARC oder einer unserer vielen anderen Rallyes anzumelden.
Um den Leuten mehr Flexibilität zu ermöglichen. Nicht jeder kann es ja einrichten, am ersten Messewochenende nach Düsseldorf zu kommen. Dank des Webinars kann man nun auch unter der Woche oder am Ende der boot kommen, ohne das Gefühl zu haben, Wichtiges über die ARC verpasst zu haben.
Wir arbeiten an einer Neuauflage der ARC Baltic”
Wir arbeiten daran, wieder eine ARC Baltic zu veranstalten. 2024 wird es aber noch keine geben. Es ist im Übrigen nicht die einzige Rallye, die wir wiederbeleben oder ganz neu initiieren wollen.
Wir wollen auch wieder die Channel-Rallye zu den Kanalinseln machen. Vor allem aber haben wir die Idee, künftig auch ganz kurze Rallyes zu organisieren, gemeinsame Ausfahrten, nur ein Wochenende lang.
Wir wollen Küstensegler unterstützen, die ihren Horizont erweitern möchten”
Nun, wir haben erkannt, dass wir bei den Küstenseglern aktiv werden müssen, wenn wir auch künftig noch Menschen für unsere Ozean-Rallyes begeistern können wollen. Wir wollen aus Küstenseglern Ozeansegler machen. Dafür müssen wir ihnen aber helfen, ihren Horizont zu erweitern. Das gelingt am besten schrittweise. Daher wollen wir sie mit Weekend-Rallyes abholen, weiterführen zu längeren Küsten-Rallyes und sie am Ende bestenfalls auf ihrem Törn um die Welt begleiten.
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