Route du Rhum“Linked Out” übernimmt die Führung, Joyon wird Vierter

Andreas Fritsch

 · 18.11.2022

Im Flug-Modus: Thomas Ruyants "Linked Out"
Foto: Jean Marie Liot/ Linked Out
Hat den Platz an der Sonne übernommen: Thomas Ruyants ”Linked Out”

Es wird noch einmal spannend: Bei den Imocas wackelt die Dominanz von Charlie Dalin, zum ersten Mal gibt er die Führung ab. Boris Herrmann bekommt endlich Wind

Gestern startete Ruyant seine Attacke, war “Linked Out” stundenlang schnellstes Boot, heute erntet er die Lorbeeren dafür und übernimmt die Führung bei den Imocas – aber wahrlich nur hauchdünn. Gerade einmal 4,8 Meilen konnte er zwischen sich und den bislang so klar dominierenden Charlie Dalin und seine “Apivia” legen. Aber der dürfte alarmiert sein, denn schon beim letzten Transatlantik-Rennen, der Transat Jacques Vabre, schnappte ihm der Normanne den Sieg knapp vor der Nase weg.

Im Tracker segelt “Apivia” derzeit schon wieder vier Knoten schneller als der Führende, man darf gespannt sein, ob Ruyant gestern Nacht vielleicht nur eine kurze Schwäche von Dalin nutzen konnte. Vielleicht hatte er auch ein kleines technisches Problem, aber erfahrungsgemäß halten beide Segler so etwas geheim, um die Konkurrenz im Dunkeln zu lassen.

“Linked Out” an der Spitze des Feldes. Die Führungsgruppe hat fast 400 Meilen Vorsprung vor dem FeldFoto: RDR2022
“Linked Out” an der Spitze des Feldes. Die Führungsgruppe hat fast 400 Meilen Vorsprung vor dem Feld

Fahrt aufgenommen hat auch das Verfolgerfeld, in dem die vier Neubauten “Charal” (Jérémie Beyou), “V and B Monbana Mayenne” (Maxime Sorel) , “Biotherm” (Paul Meilhat) und “Holcim” (Kevin Escoffier) jetzt erst mal in Raumschots-Foil-Bedingungen ihre Boote so richtig fliegen lassen können.

Boris Herrmann ist auf Platz 24 liegend nun endlich von der Flaute erlöst, ist mit rund 17 Knoten unterwegs und verholt sich gerade nach Nordwesten, um danach einen guten Windwinkel im Passat für die Anfahrt nach Guadeloupe zu haben. Die Boote im Top-Ten-Bereich, etwa Isabelle Joschke mit ihrer “MACSF” oder Nicolas Troussel mit seiner “Corum”, sind aber fast 180 Meilen vor ihm, es wird schwer, da noch heranzukommen. Zum Ziel sind es fürs Feld noch etwa 1.400 Meilen, zirka vier Tage, vielleicht etwas schneller.

Boris Herrmann gibt heute Mittag eine Live-Pressekonferenz von Bord, die YACHT wird heute Nachmittag auf YACHT online davon berichten, wie der Deutsche seine Route du Rhum bislang erlebt und einschätzt.

Gestern kamen bei den Ultims Francis Joyon mit seiner “Idec Sport” und danach Yves Le Blevec mit “Actual Ultim” auf Platz vier und fünf ins Ziel. Der 66-jährige Joyon machte im Ziel einen gelösten und erstaunlich fitten Eindruck, dafür dass er gerade einen 105-Fuß-Tri mit 22,3 Knoten Durchschnitts-Speed über den Atlantik gesegelt hatte. Aber so kennen die Fans ihn: Der Bretone ist echtes Segel-Granit, es war seine 8. Route du Rhum!

“Es war ein schwieriges Transatlantik-Rennen, nicht wegen des schlechten Wetters, sondern weil wir so viel mehr Manöver fahren mussten. Und ‘Idec Sport’ ist ein Boot, auf dem die wirklich schwer sind. Für mich wäre es fast besser gewesen, wenn wir doch am Sonntag gestartet wären, ich wäre dann bis Irland gesegelt und danach südlich, besser als all diese Wenden und Halsen.”

“Ich habe bei diesem Rennen Dinge getan, von denen ich dachte, ich könnte sie gar nicht mehr, zum Beispiel musste ich ein Drittel des Mastes hochklettern, um ein vertörntes Fall zu lösen, das Ganze in riesigem Seegang, sodass ich hart herumgeschleudert wurde. Du musst dich selbst überwinden, um ein Transat mit diesen Booten zu beenden!”

“Ich bin sehr erschöpft, das ist das Ergebnis des engen Rennens, das ich mir mit Yves (Le Blevec) geliefert habe. Ich konnte mich vor ihn setzen, durfte dann aber nicht nachlassen. Diese beiden Boote haben wirklich schon viele Rennen gefahren. Am Ende glaube ich, das Boot von Yves hat ein Gedächtnis und wollte eine Revanche. Es war aber knapp bis ins Ziel, und mein Boot verhinderte, dass ihm dasselbe passiert wie ihm vor vier Jahren.” Damals hatte Joyon kurz vor dem Ziel François Gabart überholt, dessen “Macif” ist heute “Actual”

Beeindruckt zeigte er sich von den neuen Ultims, die in 20 Knoten Wind zehn Knoten schneller sind als seine “Idec Sport”, die immerhin schon 16 Jahre auf dem Buckel hat.


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