Tatjana Pokorny
· 27.10.2022
Die 43. Auflage des 600-Seemeilen-Klassikers Rolex Middle Sea Race wird als “Schneckenrennen” in die Geschichte des Rennens von Malta rund Sizilien, Stromboli, Pantelleria und Lampedusa eingehen. Die “Line Honors”-Sieger blieben mehr als 30 Stunden hinter dem erst im vergangenen Jahr aufgestellten Rekord zurück
So viele Aufgaben hat es im Rolex Middle Sea Race lange nicht gegeben. Und schon gar nicht aus diesem Grund: Es war so flau! Schon vor dem Ende hatte sich fast die halbe Flotte aus dem Rennen genommen. Die Teams konnten und wollten keine Geduld für den Stress- und Hungertest in den flauen Bedingungen aufbringen und hätten auch das Ziel nicht rechtzeitig erreicht. Durchgekommen sind in diesem Rolex Middle Sea Race vor allem die großen und schnellen Boote.
Die Line Honors sicherte sich die Mannschaft auf der Farr 100 “Leopard 3” nach für ihre Verhältnisse beschaulichen 70 Stunden, 34 Minuten und 29 Sekunden. Der erst im vergangenen Jahr von “Comanche” im Rolex Middle Sea Race aufgestellte Einrumpf-Streckenrekord von 40 Stunden, 17 Minuten und 50 Sekunden war angesichts der Leichtwind-Wetterlage nie erreichbar. Bei den Mocras kamen fünf von neun Teilnehmern durch. Im Kampf um den Mehrrumpfsieg hatte die MOD 70 “Mana” die Bugspitze gut zehn Minuten vor “Maserati Multi 70” im Ziel.
Den IRC-Gesamtsieg nach berechneter Zeit sicherte sich Eric de Turckheims französische NMYD 54 “Teasing Machine”. Für den Liebhaber von 600-Seemeilen-Rennen ist es nach vielen guten Leistungen und Klassenerfolgen in den vergangenen Jahren der erste große Sieg. De Turckheim sagte: “Ich habe eine Leidenschaft für diese 600-Seemeilen-Strecken. Das ist wie Marathonlaufen. Es ist diese Mischung daraus, dass du 24 Stunden auf 24 Stunden immer wieder fit sein musst, dass du Widerstandskraft besitzt und Teamwork beherrschst. Für uns war es die siebte Teilnahme. Erfahrung zählt hier viel.”
Auf die Plätze zwei und drei der Gesamtwertung segelten im 43. Rolex Middle Sea Race die Botin 65 “Spirit of Lorina” und die RP 60 “Wild Jo”.
Beste deutsche Boote im anfangs großen Feld von fast 130 Booten aus 24 Nationen waren die Botin 56 “Black Pearl” mit Skipper Stefan Jentzsch auf Platz sieben der IRC-Gesamtwertung und die Berliner “Rafale” von Henri de Bokay mit Skipper Philipp Kadelbach auf Platz elf. Noch mehr als fünf Tage nach dem Start waren viele Boote weiter auf See. Die Mehrheit hatte jedoch aufgegeben, weil das Ziel nicht mehr im Zeitlimit erreichbar war. Hier geht es zu den IRC-, ORC- und einzelnen Klassenergebnissen.
So beschrieb es auch der österreichische Mini-Segler Christian Kargl von Bord der XP-44 “Aqua Nomis” für das Team um Skipperin Ursula Berger und Steuerfrau und Mini-Seglerin Lisa Berger in einem seiner stets heiter-informativen Logbucheinträge: “Das Rennen wird in einem Umlaufbeschluss mit 26.10.2022, 18:00 Uhr beendet. Es ist nicht möglich, bis Sonntagabend das Ziel zu erreichen und die Vorhersage lässt uns keine andere Wahl. Unfinished Business. Und wir sind uns einig, dass wir bei der nächsten Edition wieder dabei sind! Immerhin gehört uns der Titel ,Last Austrians standing’.”
Kargl und viele andere hatten schon vor dem Rennen gewusst, dass es eine äußerst flaue Angelegenheit werden würde. “Nix für schwache Nerven” hatte ihm “Meteo-Guru” Mike Burgstaller vor dem Start gesagt und den eigenen Rückflug auf Verdacht drei Tage nach hinten verschoben. Kargl hatte seine Erkenntnisse aus dem Studium der Prognosen anschaulich formuliert: “Die Wettermodelle zeigen mehr Windlöcher, als Kanaldeckel in Wien zu finden sind.”