Tatjana Pokorny
· 26.03.2023
Am Montagmorgen wird die Ocean-Race-Flotte vor Kap Hoorn erwartet. Nach stürmischen Tagen werden die Winde bis dahin weiter abnehmen. Gleichzeitig ist nach wie vor mit starker Altsee zu rechnen. Dem Feld steht eine schwierige Passage bevor
Boris Herrmanns Team Malizia führt die Ocean-Race-Flotte nach vier Wochen auf See weiter an. Rund 40 Seemeilen Vorsprung hatte sich die Mannschaft auf “Malizia – Seaexplorer” am frühen Nachmittag des 26. März erarbeitet. Die Teams Biotherm und 11th Hour Racing folgten mit 135 und knapp 190 Seemeilen Rückstand auf die deutsche Spitzenreiterin. Das Tief, das die Flotte über Tage in Atem gehalten und geprüft hat, ist inzwischen vorbeigezogen. Die Winde werden auf den letzten 380 Seemeilen des Gipfelsturms weiter abnehmen. Damit steht bei starker Altsee eine anstrengende Kap-Hoorn-Passage auf dem Programm.
An Bord von “Malizia – Seaexplorer” kämpfen Boris Herrmann, Will Harris, Rosalin Kuiper und Navigator Nico Lunven im Spitzenduell mit Team Holcim – PRB um jede Meile. Sie werden sie im voraussichtlich eher leichtwindigen Endspurt entlang der südamerikanischen Ostküste hinauf nach Itajaì gut brauchen können.
“Wir müssen sicherstellen, dass wir aktuell jede Meile gewinnen, die wir holen können”, sagte Team Malizias Co-Skipper Will Harris am Morgen des 26. März. Dabei gehe es nicht darum, das Boot bis an seine Grenzen anzutreiben. Harris erklärte: “Wir müssen einfach hart mit dem Setup und den Bedingungen arbeiten, die wir aktuell haben. Wir agieren aktiv mit dem Autopiloten und im Trimm. Wir müssen smart handeln und konnten zuletzt wieder einige Meilen holen.”
Nach 28 Tagen auf See genossen die Crews am Sonntag wieder bessere Segelbedingungen als die zuletzt harschen Winde. Will Harris sagte: “Heute ist es schön und sonnig. Das Boot ist in einem Stück und wir liegen vorn. Außerdem haben wir unsere letzte Halse auf Kurs Kap Hoorn gemacht. Oder fast die letzte …” Rosie Kuiper schwärmte von der Schönheit des Segelns im Südmeer: “Du kannst sehen, wie groß die Wellen sind. Du siehst, wie blau das Wasser ist. Das ist Southern-Ocean-Segeln. Das ist so cool!”
In meinem nächsten Leben möchte ich ein Albatross sein.” (Antoine Auriol)
Begleitet von einem Albatross, haben für Team Malizia die letzten 24 Stunden auf Kurs Kap Hoorn längst begonnen. An-Bord-Reporter Antoine Auriol beobachtete die königlichen Seevögel mit Begeisterung und sagte: “In meinem nächsten Leben möchte ich ein Albatross sein.” Während die Crews um die schnellstmögliche Kap-Hoorn-Passage ringen, wurde in der Ocean-Race-Familie an diesem 26. März John Fisher gedacht.
Vor fünf Jahren hatte das Team Sun Hung Kai/Scallywag im Volvo Ocean Race 2017/2018 gemeldet, dass John Fisher in stürmischen Bedingungen etwa 1.400 Seemeilen westlich von Kap Hoorn über Bord gegangen war. Trotz mehrstündiger Suche in horrenden Bedingungen war es der Crew nicht gelungen, den in Australien lebenden britischen Teamkollegen wiederzufinden und zu bergen.
Das Ocean-Race-Team erinnert an diesem Sonntag an den geschätzten Segler. In einem Statement heißt es: “John, der von vielen seiner Mitsegler ‘Fish’ genannt wurde, war ein allseits geliebter und respektierter, großzügiger Mannschaftskamerad. Er genoss seine Zeit im Rennen und gab seine Erfahrungen gern an die jüngeren Teammitglieder weiter. Wir alle in der Ocean Race-Familie und die ganze Segelgemeinschaft kommen an diesem Tag zusammen, um ‘Fish’ die letzte Ehre zu erweisen und Johns Familie, seinen vielen Freunden und seinen Kameraden unser Beileid und unsere tiefsten Gedanken zu übermitteln.”
Es ist eines dieser Dinge, von denen man immer träumt. Wenn man dann das Glück hat, die Chance zur Teilnahme an diesem Rennen zu bekommen, sollte jeder sie ergreifen.” (John Fisher)