The Ocean RaceNach dem Bergfest ist vor dem Finale – das Atlantik-Duell

Tatjana Pokorny

 · 28.03.2023

Die glücklichen Kap-Hoorn-Sieger vom Team Malizia
Foto: Antoine Auriol/Team Malizia/The Ocean Race

Auf der Königsetappe im Ocean Race ist die Finalphase eingeläutet. Nach Team Malizias Kap-Hoorn-Triumph läuft im Atlantik das Duell um den Sieg. Boris Herrmann und sein Team verteidigten am 30. Tag der Königsetappe von Kapstadt nach Itajaí eine 30-Seemeilen-Führung vor Team Holcim – PRB. Die Spannung steigt

Knapp 1.600 Seemeilen haben die beiden führenden Boote im Ocean Race noch bis zur Ziellinie der Königsetappe zu meistern. Boris Herrmann und sein Team Malizia liegen vorn. Kevin Escoffiers Team Holcim – PRB jagt das deutsche Boot. Zwei Etappen und die Halbzeit der Königsetappe haben die Gesamtführenden unter Schweizer Flagge bereits gewonnen. Nur zu gern würden sie auch in Itajaí noch einmal die volle Punktzahl der doppelt gewerteten Etappe abräumen. Können Boris Herrmann und sein Team das verhindern und ihre Führung weiter verteidigen?

Wir werden unser bestes Spiel abliefern müssen.” (Will Harris)

“Es wird ein Kampf bis ins Ziel”, prophezeit Maliizias Co-Skipper Will Harris. Der Brite weiß kurz nach seiner Kap-Hoorn-Premiere: “Team Holcim ist nur ein paar Seemeilen hinter uns. Sie machen einen unglaublich guten Job dabei, uns unter Druck zu setzen. Ich wünschte, sie würden ein wenig Teampo rausnehmen (lacht). Wir werden unser bestes Spiel abliefern müssen.” Weiter erzählte Harris von der Nacht nach Kap Hoorn: “Wir hatten den bislang härtesten Kampf. Ich habe über 50 Knoten Wind auf der Anzeige gesehen. Das war wohl mehr, als wir in den Tagen vor Kap Hoorn erlebt haben.”

Die Böen seien “brutal und teilweise gefährlich” gewesen, so Harris. “Das Boot fliegt total, wenn solche Bedingungen herrschen. Und schießt dann mit dem Bug in die Wellen. Das macht es extrem fordernd hier draußen. Heute Morgen haben sich die Bedingungen dann etwas beruhigt. Ich glaube, ich habe vermutlich nur drei Stunden in den letzten 48 Stunden geschlafen, seit Rosie ihren Unfall hatte.” Dem Team fehlt seitdem in dieser Phase des Ocean Race einer von vier Akteuren, weil die Niederländerin aufgrund ihrer erlittenen Gehirnerschütterung die meiste Zeit ruhen muss.

Der Atlantik hat uns im Griff, lässt nicht locker.” (Will Harris)

“Ich habe viele Solo-Wachen hinter mir. Ich tausche mit Boris, während Nico in seiner Navigationsrolle fließend agiert. Das Leben ist gerade echt hart. Der Atlantik hat uns im Griff und lässt nicht locker. Aber ich genieße den Kampf und das Segeln gegen die anderen auch. Drückt die Daumen, dass wir so bis ins Ziel kommen.”

Was ist Team Malizias im Südmeer erworbener Vorsprung im Endspurt wert?

Während die anderen beiden Teams 11th Hour Racing und Biotherm mit mehr als 370 und 400 Seemeilen hinterhersegeln, tobt das Spitzenduell seinem Höhepunkt entgegen. Team Holcim – PRB hatte Kap Hoorn am 27. März um 19.40 Uhr deutscher Zeit 1 Stunde und 17 Minuten nach Team Malizia passiert. Auf den am Nachmittag des 28. März noch verbliebenen knapp .Seemeilen bis nach Itajaí wird sich zeigen, was der im Südmeer mit großem Stolz der Crew nach der horrenden Mastreparatur und dem gelungenen Comeback erarbeitete Vorsprung für Team Malizia wert ist.

Im Rücken eines südlich der Falkland-Inseln aktiven Sturmtiefs ging es am Tag nach dem Bergfest zunächst rasant voran. Doch die Navigatoren werden auf den letzten Seemeilen der historisch längsten Ocean-Race-Etappe in phasenweise schwer berechenbaren Winden stark gefordert sein, denn auf dem Restkurs bis Itajaí lauern auch flaue Bereiche. Nicht einmal die Experten wagen aktuell präzise Prognosen. Mit der Ankunft der ersten Boote wird in Itajaí am 2. April gerechnet.

Boris Herrmann verneigte sich nach seiner sechsten Kap-Hoorn-Passage am Abend des gelugenen Gipfelsturms noch einmal persönlich und ausführlich vor der legendären Landmarke. Hier die Widmung des 41-jährigen Skippers:

“Ein kurzer Moment im grauen Süden, aber ein großer Schritt für das Team Malizia! Er vergeht so schnell … Fast fühlen wir uns aus unserer Kokonwelt, in der wir uns in den letzten Wochen eingerichtet haben, herausgerissen! Der Moment, in dem wir Arm in Arm mit diesem ikonischen Felsen im Rücken in die Kamera jubeln, hat bei mir und uns allen eine Reihe von Emotionen ausgelöst. Das Hoorn sah heute wunderschön aus und verschwand nach ein paar Minuten wieder im grauen Nebel! Wir sind zurück in unserem Kokon, aber auf einer neuen Ebene. Wir sind im Atlantik und sehen, wie die Wassertemperatur von 6,5 auf 7,2 Grad steigt. Wir steuern mit sehr hoher Geschwindigkeit fast auf Itajaí zu, es ist sehr unruhig, was die Möglichkeiten zum Tippen einschränkt. In zwei Stunden laufen wir in die Le-Marie-Passage ein.

Die Belohnung, die man für harte Arbeit, Glauben und Nicht-Aufgeben bekommen kann.” (Boris Herrmann)

Nachdem wir vor ein paar Wochen hier saßen und ans Aufgeben dachten, ist dies ein Beispiel für die Belohnung, die man für harte Arbeit, Glauben und Nicht-Aufgeben bekommen kann. Wir sind hier, auch dank euch allen. Und ich hoffe, dass ihr die Inhalte genießen werdet, die in den nächsten Stunden und morgen online gehen werden. Lasst uns diesen Moment gemeinsam feiern. In diesem Winter weht unsere Flagge als erste um das Kap … Die Malizia-Flagge! Die für viele Nationen steht!


Die Kap-Hoorn-Rundung von “Malizia” im Video:


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