Jochen Rieker
· 01.03.2023
Schwerer Rückschlag für das französisch-deutsche Team um Skipper Benjamin Dutreux und Robert Stanjek. Die Crew hat sich zum Abbruch der Etappe entschlossen und kehrt um
Schon der Auftakt zu dieser Etappe erweist sich als beinhart. Nach dem wechselhaften Start mit bis zu 45 Knoten Wind in Böen und einer ersten ungemütlichen Nacht im Südatlantik forderte der Indische Ozean die ersten Opfer. Team Malizia musste nach dem ungewollten Öffnen eines Fallenschlosses den Code Zero freischneiden. Heute Früh dann erwischte es Guyot Environnement – Team Europe noch weitaus härter.
An Position zwei liegend und mit um die 20 Knoten zügig auf der Rückseite eines großen Sturmtiefs gut unterwegs, hörte die Crew zwei aufeinanderfolgende Schläge. Bei der Untersuchung des Bootes zeigte sich, dass im zentralen Crewbereich hinter dem Mastschott der Rumpfboden nachgab – ein akutes Alarmzeichen.
Benjamin Dutreux verständigte sein Technik-Team. Gemeinsam kamen sie zu dem Schluss, dass das Sandwich-Laminat gebrochen oder zumindest schwer kompromittiert sein muss.
Thomas Cadrin, der Technische Direktor , sagte: “Gemessen an der derzeitigen Position und der Distanz zum Etappenziel in Itajaí ist es leider besser für die Sicherheit von Crew und Boot, nach Kapstadt umzukehren.” Das sind rund 600 Seemeilen, und die Wetterprognose für die Strecke ist vergleichsweise günstig, weil sich hinter dem Tief, das die anderen Teams Richtung Australien “reiten”, ein Hochdruckgebiet bildet mit leichten bis mittleren Winden, die zudem aus Nordost wehen.
Das lässt hoffen, dass die umgebende Struktur intakt bleibt und die Segler sicher nach Kapstadt zurückkommen können. Dennoch bleiben bis auf Weiteres Fragezeichen, wie schwer der Schaden ist und ob es zu einem Wassereinbruch kommen kann. Gegen diese Sorgen verblassen alle Gedanken an die bis dahin famose Platzierung und den Verlust der Punkte auf der wichtigen Teiletappe.
“Guyot Environnement – Team Europe” ist das älteste Boot der The-Ocean-Race-Flotte. Die ehemalige “Hugo Boss”, von 11th Hour Racing zwischenzeitlich als Trainingsboot genutzt, gilt als besonders erprobt und weniger fragil als einige der neueren Imocas. Vielleicht hat die Crew im Vertrauen darauf den am weitesten südlichen Kurs gewählt.
Allerdings ist der Rumpf aus Sandwich-Material gebaut, mit nur je einer dünnen Kohlefaserschicht außen und innen. Aufgrund der mit den neuen, größeren Foils sehr hohen Geschwindigkeiten kommt es immer wieder zu extremen Kompressionslasten, die schon öfter für Schäden gesorgt haben.
Alex Thomson etwa berichtete nach seinem Abbruch bei der Vendée Globe 2020/21 von regelrecht zerborstenem Kernmaterial. Unter anderem deshalb hat Boris Herrmann beim Bau seiner “Malizia – Seaexplorer” im gesamten Rumpf auf Sandwich verzichtet und die Schale stattdessen aus einem monolithischen Kohlefaserverbund laminieren und tempern lassen.
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