LeistungssportDSV fördert Olympia-Kandidaten mit Kind

Tatjana Pokorny

 · 15.05.2023

Formula-Kiterin Leonie Meyer mit Sohn Levi
Foto: privat

Gleich zwei aktuelle Mitglieder in den Top-Kadern des German Sailing Teams sind Leistungssportler und glückliche Eltern mit Kind: Kiterin Leonie Meyer und der olympische Bronzemedaillen-Gewinner Paul Kohlhoff vereinen Spitzensport und Familienleben auf Kurs Olympia. Weil das Herausforderungen mit sich bringt, hat der DSV jetzt eine gezielte finanzielle Unterstützung für Athleten mit Kind beschlossen.

Es ist ein fortschrittliches Signal, das am 15. Mai aus der Zentrale des Deutschen Segler-Verbandes (DSV) in Richtung Leistungssport gefunkt wurde: Das Präsidium hat einstimmig beschlossen, einen Sonderfonds aus Verbandsmitteln für junge Eltern mit Kindern und Olympia-Ambitionen zu schaffen. Aus diesem Fond sollen Mehrkosten unter anderem für Reisen, Unterbringung und Kinderbetreuung finanziert werden, damit Kinder und Eltern auch in der Trainings- und Wettkampfzeit möglichst viel Zeit zusammen verbringen können.

Zeitlich unbegrenzter Elternfond für nachhaltige Unterstützung

„Es kann ja nicht sein, dass in der Olympiavorbereitung Mütter und Väter wochen- und monatelang ihre Kinder nicht sehen“, so Mona Küppers. „Höchstleistungen sind nur dann möglich, wenn die Bedingungen stimmen – und dazu gehört auch, dass Eltern und Kinder sich wohlfühlen.“ Der Fonds ist auf keine begrenzte Dauer, sondern auf eine dauerhafte, nachhaltige Unterstützung angelegt.

Hintergrund für die Entscheidung ist eine auch auf internationaler Ebene anhaltende Diskussion darüber, wie eine bessere Familienförderung für Männer und Frauen im Leistungssport erreicht werden kann. Das gilt für die olympische Bühne ebenso wie das See- und Solosegeln.

Zuletzt hatte der Fall Clarisse Crémer hohe Wellen geschlagen. Die Französin hatte ihren Sponsor Banque Populaire für die geplante Vendée-Globe-Teilnahme in Folge der Geburt ihres Kindes verloren und ihren Fall öffentlich gemacht. Inzwischen hat sich der Sponsor von der Solo-Weltumseglung zurückgezogen. Clarisse Crémer verfolgt ihre Vendée-Globe-Ambitionen mit Alex Thomson und ihrem neuen Partner L’Occitane weiter intensiv.

Für Leonie Meyer, Paul Kohlhoff und alle Eltern, die nach ihnen kommen

„Leistungssport und Familienleben dürfen sich nicht ausschließen“, findet nicht nur DSV-Präsidentin Mona Küppers. „Mit Paul Kohlhoff und Leonie Meyer haben wir das erste Mal seit langer Zeit einen Vater und eine Mutter in der Nationalmannschaft. Diesen beiden hervorragenden Sportlern – und allen Eltern, die nach ihnen kommen – möchten wir die bestmögliche Unterstützung ermöglichen.“

Der 27-jährige Paul Kohlhoff sagte: “Das ist ein mega Statement für Leistungssportler, ein sehr positives Zeichen für alle, die sich zum Spitzensport bekennen und trotzdem Lust auf Familie haben.” Genau diese Unterstützung will der Verband leisten. Mona Küppers sagt: “Wir geben damit das Signal: Alle sind willkommen. Und wir machen die Sportwelt ein Stück diverser, indem wir junge Eltern mit Ambitionen unterstützen.”

Ich möchte eine Goldmedaille gewinnen. Ich glaube, dass ich das noch kann.” Marit Bouwmeester

Gerade, weil der Segelsport ein Erfahrungssport ist, sind Leistungssprotler hier oftmals bis weit in ihre Dreißger Jahre erfolgreich. Nicht alle wollen so lange warten, bis sie Eltern werden. Ein international bekanntes Beispiele ist Hollands Segelstar Marit Bouwmeester, die nach drei olympischen Medaillen (Silber, Gold, Bronze) aktuell als junge Mutter im Alter von 34 Jahren auf Kurs Olympia 2024 segelt und noch einmal Edelmetall ins Visier genommen hat. Auch sie erfährt auf ihrem Weg multiple Unterstützung aus ihrem sportlichen und familiären Umfeld, allerdings keine spezielle Eltern-Fördermittel, wie sie jetzt der DSV angekündigt hat.

Marit Bouwmeester sagt: "Ich möchte mich für Paris 2024 qualifizieren und meine Karriere mit Stil beenden. Für mich gibt es dabei nur eine Platzierung, die zählt: Ich möchte eine Goldmedaille gewinnen. Ich glaube, dass ich das noch kann. Deshalb bin ich hier und mache es immer noch. Ich bin meinem Freund sehr dankbar, der mir diese Chance gibt und sich sehr um unser Kind kümmert. Und ich bin meinem Trainer dankbar, der an mich glaubt. Er macht eine Menge Arbeit für mich, weil ich nicht so viel trainieren kann, wie ich möchte. Ich mache wahrscheinlich nur noch die Hälfte von dem, was ich vorher gemacht habe."

Ich bin nicht schlechter geworden, weil ich eine Familie habe.” Paul Kohlhoff

Die deutschen Olympia-Kandidaten sind beste Beispiele dafür, dass die Elternschaft im Spitzensport nicht nur Mütter, sondern auch Väter fordert. Paul Kohlhoff hatte sich nach der Geburt seines Sohnes Bruno im vergangenen Jahr durchaus gefragt, ob er sein Leistungsniveau als junger Familienvater wie bislang wird halten können. Er war froh, als zum Saisonauftakt am Ende des Spanien-Klassiker Trofeo Princesa Sofía feststellen konnte: “Ich bin nicht schlechter geworden, weil ich Familie habe.”

Leonie Meyer, Kitesurferin und Mutter eines zweijährigen Sohnes sagt: „Es ist cool, ein Teil dieser neuen Zeit sein zu können, in der sich richtig viel zum Positiven verändert. Und der DSV ist einer der Vorreiter-Verbände.“

Ausnahmeseglerin und Mama: Hier geht es zum Interview mit Marit Bouwmeester (ab zweite Hälfte), die über die Doppel-Herausforderung als Mutter und Olympionikin und die große Unterstützung spricht, die sie auf Kus Marseille 2024 erfährt: