YACHT-Redaktion
· 16.03.2023
So lässt sich erkennen, ab wann Osmose vorliegt, wie schwer die Schäden sind und ob Handlungsbedarf entsteht
Um gleich einmal mit einem Vorurteil aufzuräumen: Die vielfach gerühmten Feuchtigkeitsmessgeräte eignen sich nicht zur Osmose-Diagnose. Mit ihnen kann lediglich im Laminat vorhandene Feuchtigkeit aufgespürt werden. Und selbst das gelingt nur relativ zu einem vermutlich trockenen Bereich, beispielsweise am Überwasserschiff. Niemand kann bei einer solchen Messung aber sagen, und das gilt auch für Gutachter, wie viel Feuchtigkeit im Laminat ist, sondern nur ob. Und auch nicht feststellbar ist, ob es sich um Laminatfeuchte handelt oder Säure, ohne die es aber wiederum keine Osmose gibt.
Feuchtemesser sind also speziell für Laien kein Diagnosewerkzeug. Man könnte böswillig auch behaupten, dass Feuchtemessungen zur Osmose-Diagnose Scharlatanerie sind.
Wirklich hilfreich ist ein Feuchtigkeits-Messgerät erst bei der Sanierung. Mit einem kapazitiv arbeitenden Instrument lässt sich der Trocknungsprozess des freigelegten Laminats überwachen. Günstige Holzfeuchtemesser mit Prüfspitzen sind ungeeignet. Sie liefern nur Werte für die Materialoberfläche, im Laminat steckende Feuchtigkeit kann nicht aufgespürt werden.
Eine Osmose-Prüfung zielt darauf ab, das Gelcoat auf Blasenbildung hin zu untersuchen. Doch das kann schwierig sein. Denn man muss das Gelcoat erst einmal sehen.
So werden bei älteren Yachten die Gelcoatblasen oft durch eine dicke Schicht Antifouling verdeckt, die ihrerseits uneben ist und die Osmoseblasen in der Fläche kaschiert. Erschwerend kommt hinzu, dass der Rumpf an Land auch wieder austrocknet – dabei schrumpfen die Blasen. Steht eine Yacht mehrere Wochen oder Monate an Land, so sind möglicherweise keine Anzeichen für einen Osmose-, besser: Hydrolyseschaden zu erkennen, und das, obwohl der Zerfall im Inneren des Laminats eventuell weit fortgeschritten ist. Das Tückische: Der Prozess setzt sich beim nächsten Wasserkontakt unvermindert fort.
Die Beurteilung eines Bootes in puncto Osmose sollte daher direkt nach dem Auskranen stattfinden. Frisch aus dem Nass gehoben, lassen sich Unebenheiten am Unterwasserschiff gut entdecken.
Gleich nach dem Auskranen das noch nasse Unterwasserschiff gegen das Licht in Augenschein nehmen. Da bei richtigem Blickwinkel das Licht wie Streiflicht parallel zum Rumpf verläuft, werden sich in den Bereichen mit Wölbung nach außen Schatten bilden. Blasen werden sichtbar.
Ein Streiflicht lässt sich aber auch in der Halle mit einer starken, flach an den Rumpf gehaltenen Taschenlampe herstellen. Jede Erhebung wirft einen Schatten, Blasen sind gut zu erkennen.
Hierbei wird mit P120er-Schleifpapier eine etwa DIN A4 große Fläche bis zum Gelcoat plan verschliffen. Vorhandene Blasen, welche ja Erhebungen sind, werden als Erstes freigelegt (geköpft) und zeichnen sich als Punkte in der Fläche ab. Damit ist auch klar, ob die Blase im Farbaufbau entstanden ist oder ob das Gelcoat betroffen ist. Zudem sind an den Rändern des Schleifbereichs die einzelnen Schichten des Altanstrichs erkennbar.
Mit einem Lösemittel wie Aceton die Unterwasserschiff-Beschichtung anlösen und abwischen. Einkomponentige Primer lassen sich einfach mit anlösen. Kann die gesamte Unterwasserschiff-Beschichtung bis zum Gelcoat weggewischt werden, befindet sich kein zusätzlicher Osmoseschutz auf dem Gelcoat, das Boot wurde noch nie in dieser Hinsicht speziell behandelt. Lässt sich der Primer nicht anlösen, handelt es sich sehr wahrscheinlich um einen Epoxid-Primer, der schon einmal als Osmoseschicht aufgebracht wurde.
Bis zum Stadium der Blasenbildung ist die Laminatzersetzung (Osmose) von außen nicht zu erkennen. Um zu prüfen, ob bereits eine Säurebildung im Laminat stattgefunden hat, wird das Gelcoat zunächst sauber verschliffen, siehe Schleiftest. Der zu prüfende Bereich wird mit einer UV-Licht-Prüflampe abgeleuchtet, welche die Säureeinwirkung laminatseitig auf das Gelcoat als dunkle Flecken sichtbar macht. Diese Verfärbungen sind unter natürlichem Licht (Tageslichtquellen) nicht zu sehen, sodass ohne UV-Beleuchtung das Gelcoat völlig intakt erscheint. Mit dieser Methode können Osmosenester – die (noch) nicht durch Blasenbildung zu lokalisieren sind - festgestellt werden. Diese Methode gilt damit als Osmose-Früherkennung.
Diese kann nur der Profi mittels Sandstrahlen vornehmen. Wie diese Probe abläuft, lesen Sie in diesem Artikel:
Werden solche Blasen entdeckt, geht es an die Ursachenforschung, denn es muss sich nicht unbedingt um Osmoseblasen handeln. Es kann auch ein Problem im Beschichtungsaufbau vorliegen. Entweder haben sich einzelne Schichten des Antifoulings voneinander gelöst und sind „aufgeblüht“, oder aber das gesamte Beschichtungssystem hat sich vom Gelcoat gelöst, etwa, wenn ein falscher, mangelhafter oder gar kein Primer (Haftvermittler) verwendet wurde.
Aber: Nur eine Ablösung des Gelcoats in Blasenform vom Laminat oder eine Ablösung zwischen den Laminatlagen deutet auf Osmose hin.
Die einfachste Form der Prüfung ist, mit einem spitzen, halbrunden Teppichmesser in die Blase einzustechen und die Blasenwand vorsichtig aufzuklappen. Alternativ kann auch die Ecke eines Stechbeitels verwendet werden. Die Rückseite der Blasenwand wird dann immer die sich ablösende Schicht sein.
Etwas rabiater ist es, mit der Stechbeitelecke direkt in die Blase zu stechen. Dringt das Werkzeug dabei mit einem leisen Knackgeräusch deutlich in den Rumpf ein, wird das Laminat sichtbar und tritt auch noch eine stinkende Flüssigkeit aus, handelt es sich um eine Osmoseblase.
Nach einem Osmosebefund kann es nötig sein, das gesamte Unterwasserschiff zu sanieren, entweder im DIY-Verfahren, oder man lässt den Profi übernehmen.