Osmose-Spezial, Teil 5Die Geheimnisse der Profis – wirkungsvolle Osmose-Vorsorge

YACHT-Redaktion

 · 17.03.2023

Eingepackt: Die 34 Jahre alte Etap 38i ist bereit zur Bestandsaufnahme
Foto: YACHT / H. Schmidt

Abblätterndes Antifouling, rostige Eisenkiele und ein fraglicher Osmoseschutz. Gerade bei älteren Yachten ist das Unterwasserschiff oft eine unansehnliche Baustelle. Doch auch neuere Yachten können mit der Osmoseprophylaxe wirkungsvoll vor Osmose geschützt werden. Außerdem sieht der Rumpf danach besser als neu aus


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Hat die Yacht 20 und mehr Saisons im Kielwasser und entsprechend viele Farbschichten auf dem Rumpf, ist es mit Übermalen nicht mehr getan. Um wieder einen glatten und tragfähigen Untergrund zu bekommen, muss der alte Bewuchsschutz komplett entfernt  und neu aufgebaut werden – eine mühsame Arbeit, zumindest wenn mit Schaber und Schleifmaschine gearbeitet wird. Rostigen Kielen und der leidigen Gummifuge am Übergang zum Rumpf kommt man mit dieser Technik schon gar nicht bei. Denn mit Schleifen und Topfbürste bleiben immer Rostnester zurück, und die Korrosion lässt sich nicht dauerhaft stoppen.

Die Profis von Peter Wrede Yacht Refits nutzen für diese Vorbereitung das Sandstrahlverfahren. So vorbereitet, kann das Unterwasserschiff substanziell aufgearbeitet und der neue Bewuchsschutz wieder aufgetragen werden und das U-Schiff sieht wie neu aus.

Diese Art gründliche Vorbehandlung ist auch eine Grundvoraussetzung für eine Osmose-Prophylaxe, die im Wesentlichen im Aufbringen einer Epoxid-Sperrschicht besteht. Gerade bei Yachten, die noch keine Osmoseschäden aufweisen, kann diese Art der Osmoseprophylaxe sinnvoll sein, um das Entstehen von Osmose wirkungsvoll zu verhindern und eine spätere, deutlich teurere Sanierung zu vermeiden.

Beim Aufbringen des neuen Osmoseschutzes ist es wichtig, dass dieser bis mindestens sechs Zentimeter oberhalb der Schwimmline erfolgt. “Dann ist der Rumpf optimal vor eindringender Feuchtigkeit geschützt und der Hafen-Schmutz bleibt auf dem Antifouling und somit der Wasserpass sauber”, sagt Florian Brix, Refit-Spezialist bei Wrede.

Die Begutachtung des Ist-Zustandes des Unterwasserschiffes wird in der Strahlhalle durchgeführt, dort ist es nicht nur warm, trocken und hell, sondern die nötigen Werkzeuge sind auch griffbereit.

Bestandsaufnahme

Nachdem das Überwasserschiff staubdicht verpackt und die neue Oberkante der neuen Unterwasserschiff-Beschichtung abgeklebt wurde, beginnt die Bestandsaufnahme. Dafür werden vier Verfahren angewendet, die Schleifprobe, die Wischprobe, der Test mit UV-Licht sowie eine Strahlprobe im Roto-Blast-Verfahren. Für den Profi hat jede dieser Proben seine spezifische Daseinsberechtigung, um den tatsächlichen Ist-Zustand des Rumpfes bewerten zu können.

Die in diesem Artikel beschriebenen Verfahren Schleif- und Wischprobe kann auch jeder Eigner selbst anwenden, um eine Grundahnung zu bekommen, ob und wie weit fortgeschritten sein Boot von Osmose betroffen ist.

Die Strahlprobe

Hierzu sind Profiwerkzeug und Erfahrung nötig. Um den Zustand des Gelcoats zu beurteilen, wird das Boot an mehreren Stellen mittels Roto-Blast-Verfahren angestrahlt, sprich: Der Altanstrich wird bis zum Gelcoat abgetragen. “Mit unserer Sandstrahltechnik können wir sehr feinfühlig arbeiten, bis hin zum Abtragen einzelner Antifoulingschichten“, so Florian Brix.

Das partiell freigelegte Gelcoat wird dann noch einmal final geprüft und ohne Auffälligkeit wird das ganze Unterwasserschiff bis zum Gelcoat entschichtet. “Abschließend wird dann noch einmal jeder Quadratzentimeter des Unterwasserschiffes kontrolliert“, so Brix, “damit auch wirklich kein vielleicht doch vorhandener Defekt im Untergrund verbleibt.“

Besonderes Augenmerk wird dabei auch auf den Kiel-Rumpf-Übergang gelegt, daher wird der Bereich vor und hinter dem Kiel freigestrahlt. In erster Linie geht es darum, durch Grundberührungen entstandene und vom Altanstrich verdeckte Risse auszuschließen. Solche Strukturschäden können die Refitprofis zwar auch beheben, der zusätzliche Aufwand geht aber über eine normale Überholung des Unterwasserschiffs hinaus. Rost spielt bei der Voruntersuchung eine untergeordnete Rolle, er wird im Zuge des Strahlvorgangs sowieso porentief entfernt.

Das Roto-Blast-Verfahren

Wenn das Gelcoat intakt aussieht, wird es mit dem Roto-Blast-Verfahren zur Weiterbehandlung vorbereitet
Foto: Peter Wrede Yacht Refits

Altbeschichtung entfernen

Ist das Gelcoat intakt und osmoseschadensfrei, erfolgt der Neuaufbau des Unterwasserschiffes im Roto-Blast-Verfahren. Das komplette Entfernen der Altbeschichtung geht damit schnell von der Hand, bei einer Etap 38i etwa dauert es gerade einmal zwei Stunden, bis das Gelcoat blank ist.

Treten in der freigelegten Fläche jedoch viele Poren zutage, empfiehlt Brix eine gröbere Vorgehensweise. “Jeder Lufteinschluss ist ein potenzielles Osmose-Nest, selbst wenn wir eine dicke Epoxidschicht darüberlegen, kann es später Probleme geben. In so einem Fall nutzen wir das abrasivere Shot-Blast-Verfahren, um möglichst viele Poren zu öffnen”, so Brix.

Das Shot-Blast-Verfahren

Für Rümpfe mit hoher Feuchtigkeit, Haarrissen oder Gelcoat-Problemen wurde das Shot-Blast-System entwickelt
Foto: Peter Wrede Yacht Refits

Nach beiden Strahlmethoden erfolgt eine zwölfstündige Trocknung des Unterwasserschiffs bei 40 Grad Celsius. Nach dem Einsatz des Shot-Blast-Strahl-Verfahrens werden die entstandenen Löcher im Gelcoat mit Epoxidspachtel gefüllt und der Rumpf wird verschliffen.

Der Osmoseschutz

Um das hydrolyseanfällige Polyester-Laminat dauerhaft vor Osmose zu schützen, bekommt das Unterwasserschiff eine Feuchtigkeitssperre aus Epoxidharz. Um eine gleichmäßige Oberfläche zu erreichen, wird das Harz im Airless-Verfahren aufgespritzt. Damit lassen sich sehr hohe Schichtstärken erreichen. Nach sechs Durchgängen ist eine Trockenschichtstärke von mehr als 350 Mikrometern erreicht, das entspricht 12 bis 15 mit der Rolle aufgetragenen Lagen. Da nass auf klebrig gearbeitet wird, muss zwischen den Schichten nicht angeschliffen werden. Zur vollständigen Härtung wird der Rumpf wieder für 12 Stunden auf 40 Grad Celsius erwärmt.

Die Epoxid-“Ummantelung” stellt eine wirkungsvolle Sperrschicht dar, die das Eindringen von Feuchtigkeit deutlich verzögert, aber auch nie ganz verhindern kann.

Insgesamt sechs Lagen Epoxid-Harz werden aufgespritzt. Das sorgt für eine gute Feuchtigkeitssperre und schützt sicher vor Osmose. Die Pallung wird mehrfach versetzt, sodass ein homogenes Unterwasserschiff entstehtFoto: YACHT/H. Schmidt
Insgesamt sechs Lagen Epoxid-Harz werden aufgespritzt. Das sorgt für eine gute Feuchtigkeitssperre und schützt sicher vor Osmose. Die Pallung wird mehrfach versetzt, sodass ein homogenes Unterwasserschiff entsteht

Langzeit-Antifouling

Nach dem Osmoseschutz folgt der Bewuchsschutz. Wrede setzt seit vielen Jahren auf eine selbstpolierende Antifouling-Lösung, die in zwei verschiedenfarbigen Lagen schichtstark aufgespritzt wird. “Für 95 Prozent unserer Kunden ist das die optimale Lösung. Für besonders schnelle Motorboote oder Regattayachten bieten wir auch individuelle Antifouling-Lösungen, wie Hartantifoulings, an”, so Brix. Der Vorteil selbstpolierender Antifoulings ist die Standzeit, solange noch Farbe vorhanden ist, wirkt auch der Bewuchsschutz. Das heißt, es muss nicht jeden Winter neu gemalt werden.

Dank glattem Untergrund und Airless-Spritzen wird auch der Bewuchsschutz schön schier. Das selbstpolierende Antifouling hält viele Jahre und muss nur partiell ausgebessert werdenFoto: Wrede Yachtrefits
Dank glattem Untergrund und Airless-Spritzen wird auch der Bewuchsschutz schön schier. Das selbstpolierende Antifouling hält viele Jahre und muss nur partiell ausgebessert werden

Um besser abschätzen zu können, ob das Antifouling noch für die nächste Saison reicht, wird die erste Schicht auf Wunsch in einer Kontrastfarbe gespritzt, beispielsweise Rot unter schwarzem Antifouling. Beginnt sie durchzuleuchten, ist es Zeit für einen Neuanstrich, wobei im Grunde nur die Bereiche nachgearbeitet werden müssen, an denen der Indikator-Anstrich zu sehen ist. Das spart in den Folgejahren viel Arbeit und Material und verhindert unnötig dicke Farbschichten auf dem Rumpf.

Und was kostet das alles?

Beispiel: Die Überholung des Unterwasserschiffs einer Etap 38i schlägt mit rund 6.000 Euro zu Buche, wobei rund ein Drittel der Kosten auf das verwendete Material entfallen. Für die Sanierung des nassen und von Osmose befallenen Ruderblatts kommen etwa 4.500 Euro hinzu. Die Korrosions-Sanierung des Kiels kostet rund 2.200 Euro.


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