YACHT-Redaktion
· 16.03.2023
Viele ältere GFK-Schiffe sind von Osmose befallen. Ist die Bläschenkrankheit in einem fortgeschrittenen Stadium angelangt, führt kein Weg an der Sanierung vorbei. Wie man sie selbst bewerkstelligt
Ist die Osmose-Diagnose eindeutig, geht es an die Reparatur des Schadens. Dazu werden Antifouling, Gelcoat und das befallene Laminat entfernt. Anschließend muss der Rumpf trocknen. Danach wird die Außenhaut des Unterwasserschiffs neu aufgebaut und durch eine Sperrschicht dauerhaft abgedichtet. Ohne Frage eine unangenehme und aufwändige Aktion, die sich aber durchaus in Eigenarbeit bewältigen lässt.
Um Antifouling, Gelcoat und die erste Laminatschicht abzuhobeln, eignet sich ein GelPlane. Dieses etwa 4,5 Kilogramm schwere Gerät wurde speziell zur Osmose-Sanierung entwickelt und arbeitet sehr effizient. Mit etwas Übung lässt sich das Material gleichmäßig abtragen. Durch die integrierte Absaugung entsteht dabei wenig Staub. Da in einem Arbeitsgang mehrere Millimeter GFK abgeschält werden können, ist ein entsprechend potenter Industriesauger mit möglichst dickem Schlauch nötig. Zudem muss unbedingt ein Gehörschutz getragen werden. Der Antrieb der mit etwa 11.000 Umdrehungen rotierenden Messer erzeugt sehr viel Lärm, der sich beim Schneiden am Rumpf noch verstärkt.
Etwa 2.700 Euro muss man für einen GelPlane investieren, für eine einzelne Sanierung lohnt sich die Anschaffung also kaum. Leihgeräte sind schon für 180 Euro pro Wochenende erhältlich. Zu zweit und entsprechend vorbereitet schafft man in dieser Zeit die Arbeiten an einem 30-Fuß-Schiff. Man sollte dabei die eigene Ermüdung einkalkulieren, gerade das Arbeiten über Kopf kostet mit dem Gerät einige Kraft.
Sind die befallenen Laminatschichten entfernt, ist Geduld gefragt, denn vor der weiteren Sanierung muss der Rumpf austrocknen. Der einfachste und günstigste Weg ist die Lufttrocknung. Dazu muss das Boot einige Monate an Land stehen und gut belüftet sein. Gegen Regen beziehungsweise Schnee abgedeckt, funktioniert das natürliche Ablüften im Freilager teils besser als in einer windgeschützten Halle.
Selbst wenn viel Laminat abgehobelt wurde, können Säurereste im Rumpf zurückbleiben. Daher sollte das Unterwasserschiff in der Trocknungsphase mehrmals mit Frischwasser gespült werden. Das klingt zunächst kontraproduktiv, doch tatsächlich gibt das Laminat die Feuchtigkeit deutlich schneller ab, wenn Säurerückstände und Salze abgewaschen sind.
Wann der Trocknungsprozess beendet ist, lässt sich am besten mit einem Feuchtigkeitsmessgerät feststellen. Dazu markiert man in einem gleichmäßigen Raster über den Rumpf verteilt Messpunkte und protokolliert die Werte alle paar Wochen. Entsprechen die Messungen am Unterwasserschiff denen am Überwasserschiff, kann mit dem Neuaufbau begonnen werden.
Wer weniger Zeit hat, kann die Feuchtigkeit auch per Vakuum aus dem Rumpf saugen. Dazu ist allerdings viel Aufwand und eine sehr kostspielige Ausrüstung nötig.
Der weitere Arbeitsablauf richtet sich danach, wie stark die Osmose fortgeschritten war und wie viel Material abgetragen wurde. Sind nur Gelcoat und die erste, dünne Laminatschicht entfernt worden, genügt es in der Regel, den Rumpf mit Epoxidspachtel zu glätten und anschließend mit einer Sperrschicht zu versiegeln. Wenn das Laminat insgesamt sehr dünn ist oder tiefer gehobelt werden musste, ist Laminieren angesagt.
Um den Rumpf wieder auf die ursprüngliche Materialstärke und Festigkeit zu bringen, werden eine oder mehrere Lagen Glasgewebe in leicht überlappenden Bahnen auflaminiert. Damit die unvermeidbaren Unebenheiten an den Dopplungen ausgeglichen werden, haben wir auf das frische Laminat eine dünne Schicht Spachtelmasse aufgetragen. Hierfür eignet sich eine mit Microlight-Füller angemischte Masse sehr gut. Sie kann fein ausgezogen werden und lässt sich sehr gut schleifen.
Auf den Spachtel folgt Abreißgewebe. Dieses Nylonmaterial verbindet sich nicht mit dem Harz und kann, wie der Name sagt, nach dem Aushärten des Laminats wieder abgezogen werden. Selbst wenn nur geschliffen werden soll: ein lohnender Schritt.
Es hinterlässt eine gleichmäßige Oberfläche, auf der ohne Vorbehandlung weitergearbeitet werden kann. Zudem erspart man sich das mühsame Entfernen eventuell vorhandener Aminröte, die das Schleifpapier schnell verkleben würde.
Wie viel Aufwand für das anschließende Straken des Unterwasserschiffs nötig ist, hängt vom persönlichen Anspruch ab. Da der Hobel das Material sehr gleichmäßig abgetragen hat, ist das neue Laminat schon recht gut. Für ein perfekt glattes Unterwasserschiff sind trotzdem mehrere Spachtel- und Schleifgänge nötig. Damit ist es die langwierigste Etappe der Osmose-Sanierung und kann fünf bis sechs Wochenenden beanspruchen. Wer sorgsam spachtelt, hat weniger zu schleifen.
Alle bisherigen Arbeiten sind mit Epoxidharz erfolgt, das bedeutet, dass das neue Laminat nicht mehr vom Wasser zersetzt werden kann. Durch kaum vermeidbare Poren und Lufteinschlüsse besteht aber nach wie vor das Risiko, dass erneut Feuchtigkeit an das darunterliegende Polyesterlaminat gelangt.
Abhilfe schafft eine zusätzliche Sperrschicht. Dazu werden fünf weitere Lagen Epoxidharz aufgerollt, sodass eine etwa 400 Mikrometer starke Dampfsperre entsteht. Um die Wasserdichtigkeit zu erhöhen, wird dem Harz ab der zweiten Schicht ein spezieller Füllstoff beigemischt.
Das Praktische dabei: Außer diesem Sperrschichtadditiv wird kein zusätzliches Produkt benötigt. Zudem enthält das Epoxidharz keine Lösungsmittel, die ablüften müssen oder Poren hinterlassen, daher kann nass in nass gearbeitet werden.
Das spart Zeit, denn sobald das Material leicht angezogen hat, kann die nächste Schicht aufgebracht werden. Mit dem zur Temperatur passenden Härter ist etwa eine Schicht pro Stunde möglich. Heißt in der Praxis: Wenn man am Heck angekommen ist, kann am Bug der nächste Auftrag beginnen.
Einziger Nachteil diese Verfahrens: Da die letzte Schicht an der Luft aushärtet, kann sich auf der Oberfläche Aminröte bilden. Der Rumpf muss also abgewaschen und angeschliffen werden, bevor der Primer für das Antifouling aufgetragen wird.