YachtgestaltungWenn der weiße Sport bunt wird – Tipps zur Farbgestaltung

Lars Bolle

 · 29.02.2024

Very scottish: Dieses Karo-Muster am Rumpf des Zwölfers "Jenetta" wurde mit Folie realisiert
Foto: YACHT/N. Krauss
Der Phantasie sind heute kaum Grenzen gesetzt, wenn es um das Farbdesign des Rumpfes oder der Segel geht. Doch nicht alles, was möglich ist, ist auch sinnvoll, und meist wird Kreativität teuer

Bei der Farbgestaltung einer Yacht eröffnen sich heute schier unendliche Möglichkeiten. Schon die Farbpaletten der Lack- oder Gelcoat-Hersteller sind bunt wie ein Tapetenkatalog. Darüber hinaus gibt es verschiedene Spezialeffekte wie Metallic-Lackierungen. Wer es individuell mag, kann sein Boot zudem künstlerisch gestalten, per Sprühpistole. Oder mittels Folie. Das Beziehen des gesamten Rumpfes ist inzwischen eine Standardtechnik, und bei der Gestaltung der Folie gibt es fast keine Grenzen.

Dasselbe gilt für die Segel. Auch hier kann geklebt oder bedruckt werden nach Herzenslust, Sponsorenwunsch oder eigenem Geldbeutel.

Doch wo die Auswahl groß ist, wird diese oft zur Qual. Was passt zum Boot, zum Metier? Wie viel Individualismus darf sein, ab wann wird es kitschig?

Es gibt nur zwei Farben, um ein Boot zu lackieren: Schwarz und Weiß. Und nur ein Dummkopf würde ein Boot schwarz lackieren“

Das sagte einst Konstrukteur Nathanael G. Herreshoff. Wäre es doch nur so einfach!

Insbesondere bei einem Refit kann die Wahl des Designs der Yacht schwerfallen. Denn es gibt keine Bindung an einen Werftkatalog wie bei einem Neukauf. Die Phantasie hat freien Lauf.

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Einige Beispiele, was aus einer Yacht werden kann, haben wir in der Galerie zusammengestellt.

Lackierung oder Folierung?

Wer nun auf den Geschmack gekommen sein sollte, muss sich beim Rumpf klarmachen, ob eine Neulackierung oder Folierung überhaupt erforderlich und sinnvoll ist. Denn gerade ausgefallene Designs unterliegen auch dem Zeitgeschmack, und was heute als cool gelten kann, ist morgen vielleicht altbacken oder kitschig.

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Bei einer Neulackierung gilt der Spruch „Einmal lackiert, immer lackiert“. Die Schichtdicke einer Lackierung ist im Vergleich zum Gelcoat gering. Kratzer auszupolieren ist beim Lack zwar möglich, jedoch nur ein paarmal, je nach Kratzertiefe – dann steht zwangsläufig die nächste Volllackierung an.

Das Gelcoat dagegen ist dick genug, um einige Poliergänge zu überstehen. Doch auch beim Gelcoat ist irgendwann der Punkt gekommen, wo Polieren nicht mehr das gewünschte Ergebnis bringt. Spätestens jetzt wäre der Zeitpunkt gekommen, um über eine Neubeschichtung nachzudenken.

Ob dabei Folie oder eine Lackierung zum Einsatz kommt, richtet sich nach den persönlichen Vorlieben des Eigners. Und: Die Abwägung zwischen beidem ist eine Frage des gewünschten Ergebnisses, der Standzeit sowie der Kosten.

Soll etwa ein besonderes Design umgesetzt werden, mit speziellen Motiven, oder eine mattierte oder strukturierte Oberfläche, wäre dies ein Fall für eine Folie. Und beinahe schon der einzige. Denn eine Folierung ist deutlich anfälliger als eine Lackierung gegen mechanische Belastung.

Da reicht manchmal schon ein Krangurt, um die Folie zu verschieben. Auch aus Kostensicht hat die Folierung nur geringe Vorteile.

Erhalten oder modernisieren?

Bei der Wahl eines neuen Designs können aber auch andere Überlegungen eine Rolle spielen. So ergibt etwa eine werkgetreue Restaurierung Sinn, wenn es sich um eine Yacht handelt, die einen kulturhistorischen Wert im Yachtsport darstellt, der durch eine andere Farbgebung gemindert würde. Mit kulturhistorisch ist gemeint, dass manche Yachten für die Entwicklung des Yachtsports bedeutende Impulse geleistet haben. Manche davon waren und sind schon von Weitem aufgrund ihres Farbschemas erkennbar. Die Farbgebung wurde in diesem Fall zu einem elementaren Teil des Yachtdesigns.

Unvergessen ist hier als Beispiel die Konkurrenz zwischen Hallberg-Rassy und Najad in den achtziger Jahren. Spötter behaupteten damals, die Yachten seien nur auseinanderzuhalten, weil der eine Streifen blau und der andere rot sei.

Bei solchen Modellen kann auch der Werterhalt am Gebrauchtbootmarkt durch ihren guten Ruf ein Entscheidungskriterium sein. Dieser bleibt sehr wahrscheinlich umso stabiler, je werkgetreuer die Lackierung ist. Dabei sollte aber unbedingt der originale Farbton verwendet werden!

Ist man dagegen Besitzer einer weitgehend unbekannten Yacht, spielt die Wahl der Farbe eine untergeordnete Rolle. Kein Gebrauchtbootkäufer wird sich für oder gegen das Modell wegen der Originalität des Farbschemas entscheiden.

Tipps für die Neugestaltung

Eine sinnvolle Maßnahme bei einer Neugestaltung kann auch sein, das Antifouling etwas höher zu ziehen, als es nötig wäre. Das erspart einem nicht nur Verschmutzungen und Vergilbungen in der sogenannten Schwabbelzone. Der Rumpf wird optisch auch etwas flacher, wenn der Farbton des Antifoulings einen sichtbaren Kontrast bildet.

Die Aufgabe, den Rumpf zu strecken, haben auch die Zierstreifen: einmal eine Art optische Scheuerleiste – hier könnte man natürlich auch eine reale anbringen – und einmal ein breiter Doppelstreifen als das, was man früher Wasserpass nannte.

Noch ein Tipp zu Doppelstreifen: Ihre Wirkung hängt vom Höhenverhältnis der Farb- und Leerstreifen ab. Nicht zu empfehlen sind uniforme Teilungen, also ein Drittel Farbe, ein Drittel leer, ein Drittel Farbe. Eine bessere Wirkung kann erzielt werden, wenn die Farbstreifen deutlich höher als der Leerstreifen ausfallen. Das lässt sich vorab gut mit Klebeband simulieren.

So kommen Motive in die Amwind-Segel

Wer seinen Amwind-Segeln einen individuellen Touch verpassen möchte, hat wie beim Rumpf zwei Mittel zur Wahl: kleben oder drucken. Kleinere Flächen bis zu etwa zwei Metern lassen sich gut als Aufkleber fertigen und so auch applizieren. Man kennt das von größeren Regatten meist als Sponsorenlogos. Vorteil des Ausklebers ist zudem, dass er sich ablösen lässt.

Sollen größere Motive realisiert werden, kommt man nicht am Druck vorbei. Doch der kann teuer werden. Eine Fläche von etwa vier mal vier Metern kann leicht 4.000 bis 5.000 Euro kosten.

Bunte oder weiße Vormwind-Segel?

Das gilt auch für die Vormwind-Segel wie Spinnaker und Gennaker. Am „schnellsten“ sind hier weiße Tücher, da das die Farbe des Rohmaterials ist. Wer bunte Blasen möchte, muss auch immer etwas mehr Gewicht in Kauf nehmen, da das Tuch eingefärbt wird. Das Mehrgewicht ist jedoch beim Fahrtensegeln vernachlässigbar.

Geht es um Motive, die auf dem Segel zu sehen sein sollen, stehen wieder zwei Methoden zur Wahl. Einfache Formen, wie Sterne etwa, lassen sich relativ leicht in den Schnitt integrieren. Prinzipiell lässt sich so fast jedes Motiv realisieren, nur besteht der Gennaker oder Spi dann aus viel mehr Einzelteilen, als nötig wären, man kann sich das wie ein Buntglasfenster vorstellen. Das treibt wegen der enormen Arbeitsstunden den Preis nach oben und wird deswegen auch nur von wenigen Segelmachern realisiert. Außerdem steht das Tuch vielleicht nicht ganz so gut im Profil, da es doch immer wieder Materialabweichungen bei verschiedenen Farben geben kann.

Die andere Methode ist wieder der Druck. Hier lässt sich fast alles realisieren, jedoch auch mit hohen Kosten. Bei komplizierten Motiven sind diese aber wahrscheinlich geringer, als wenn das Motiv in den Schnitt integriert wird.


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