Lars Bolle
, Hauke Schmidt
, Felix Keßler
· 04.02.2023
Wie man die passende Farbe auswählt, sie aufbringt und häufig gemachte Fehler beim Auftragen vermeidet. Mit Erklärvideos und Schritt-für-Schritt-Anleitungen
Für Eigner von Holz und auch von Stahlyachten gehört der Umgang mit Lack zur normalen Winterarbeit, selbst wenn nicht jedes Jahr die komplette Außenhaut lackiert werden muss. Auszubessern gibt es immer etwas. Wer nicht ständig mit Rolle und Pinsel hantiert, steht einer Komplettlackierung deutlich skeptischer gegenüber, denn im gleichen Maß, wie ein makellos glänzender Rumpf die Anmutung der Yacht verbessert, kann eine missglückte Lackierung die Optik ruinieren.
Damit die Auffrischungskur gelingt, sollte zuallererst entschieden werden, ob eine Einkomponentenfarbe oder ein Zwei-K-System verwendet wird. Mehrkomponentige Produkte sind in der Regel sehr viel widerstandsfähiger, sie zerkratzen nicht so schnell und sind UV-beständiger. Entgegen der landläufigen Meinung ist ihre Verwendung auch nicht problematischer. Abgesehen vom Anmischen sind die Arbeitsschritte identisch, und die Farben lassen sich genauso gut (oder schlecht) mit Rolle und Pinsel aufbringen wie konventionelle Einkomponentenlacke.
Die Wahl des Lacksystem ist auch eine Frage des Untergrundes. Ist bereits ein Altanstrich vorhanden, kann es bei Zweikomponenten-Produkten zu Problemen kommen. Deren Lösungsmittel sind sehr aggressiv und weichen auch jahrzehntealte Ein-K-Beschichtungen auf. Die Beständigkeit des Untergrunds lässt sich aber einfach prüfen: Ein mit Zwei-K-Lösungsmittel getränkter Lappen wird mit Folie und Klebeband auf dem Altanstrich fixiert. Nach etwa zehn Minuten kontrolliert man, ob sich die Farbe angelöst hat. Sind keine Veränderungen zu erkennen, kann gefahrlos mit einem Zweikomponentenlack gearbeitet werden. Löst sich der Anstrich an, bleibt nur vollständiges Abschleifen oder die Ein-K-Variante.
Wir gehen vom Schlimmsten aus und wählen die Maximalvariante; bei unserer Dehlya 25, dem großen YACHT-Refitprojekt, fand sich nur noch ausgekreidetes Gelcoat, Polieren zwecklos. So war eine Neulackierung unumgänglich, zudem wies die betagte GFK-Dame Schäden im Laminat auf. Das ermöglichte andererseits auch gleich ein moderneres Design. Denn die Achtziger-Jahre-Optik mit dem breiten blauen Zierstreifen passte nicht mehr in die Zeit. Also: runter mit dem Lack.
Zwar hätte der Rumpf auch mit einer Folie bezogen werden können. Dies erschien uns jedoch nicht sinnvoll. Denn um ein perfektes Ergebnis zu erzielen, hätte die Außenhaut genauso umfangreich vorbereitet werden müssen – wie Lack bringt auch eine Folie alle Unebenheiten darunter später nur umso deutlicher zum Vorschein. Die Lackierung schützt jedoch den Rumpf besser und ist langlebiger. Eine Folierung ist also nur bei glatten Untergründen sinnvoll oder um besondere Effekte wie Metallic-Look oder Motivapplikationen zu realisieren.
Endlich... das heruntergekommene Äußere ist Geschichte!
Da beide Varianten ungefähr gleich teuer gewesen wären – in unserem Falle etwa 4000 Euro –, entschieden wir uns zusammen mit unserem Projekt-Partner Peter Wrede Yachtrefit GmbH für eine Spritzlackierung. Wer nicht so viel Budget einsetzen möchte, kann alle gezeigten Schritte mit Geschick und viel Zeitaufwand auch selbst ausführen – allerdings mit sehr wahrscheinlich weniger professionellem Endergebnis.
Denn ein Farbauftrag mit Pinsel oder Rolle ist zwar möglich, nur sind dann meist zwei Arbeitsgänge mit Zwischenschliff nötig, um die geforderten Schichtstärken zu erreichen. Und mangels staubfreier Lackierhalle sind unschöne Einschlüsse in der Farboberfläche nicht zu vermeiden. Einsparungen durch Eigenleistungen gehen also zwangsläufig zu Lasten der optischen Güte. Wir haben die Schritte zur gelungenen Spritzlackierung in einer Bilderstrecke und einem YACHT-TV-Beitrag mit den Experten von International zusammengestellt:
Das Deck übrigens wird erst ganz zum Schluss vorbereitet und lackiert, wenn wirklich alle Arbeiten am Schiff erledigt sind und die Position der Beschläge genau festgelegt ist. Sonst würde es nur unnötig zerkratzt oder müsste aufwändig abgedeckt werden.
Nicht überall sind die Bedingungen für eine Spritzlackierung gegeben, und verständlicherweise wollen nicht alle Eigner für einen neuen Anstrich derart tief in den Geldbeutel greifen. Was gar kein Problem ist: Mit etwas Übung lässt sich auch mit Rolle und Pinsel eine gute Oberfläche erzielen.
Ist die Entscheidung für eine Farbe gefallen, beginnt jedoch auch hier die Vorbereitung des Untergrundes. Dazu gehören sorgfältiges Anschleifen und eine Grundierung mit dem zum Lacksystem passenden Primer. Geschliffen wird in der Regel mit 220er- bis 320er-Papier. Dabei gilt: Je dunkler der Farbton, desto feiner muss geschliffen werden, da sich eventuell vorhandene Kratzer besonders stark abzeichnen. Für den in unserem Beispiel verwendeten dunkelblauen Lack erfolgte der letzte Schliff daher mit 400er-Korn.
Die Grundierung gibt es meist nur in hellen oder dunklen Farbtönen. Damit es auch bei Grün oder Rot zu keinen Problemen mit durchscheinender Grundierung kommt, kann der helle Primer einfach mit etwas Lack abgetönt werden.
Kleine Flächen können direkt per Pinsel gelackt werden. Auf größeren Objekten ist es aber schwierig, die Farbe gleichmäßig aufzutragen, daher nutzt man hierfür eine Schaumrolle.
Nachteil dabei: Die Poren der Schaumrolle erzeugen unzählige Luftbläschen. Lässt man die Farbe so trocknen, platzen die Bläschen und bilden winzige Krater, aus denen eine Orangenhaut entsteht. Dieses Problem löst man mit dem sogenannten Verschlichten. Dazu führt man einen breiten Pinsel in parallelen Bahnen über den frischen Lack. Die Borsten öffnen die Blasen und ebnen die Krater ein, sodass der Lack sauber verlaufen kann.
Dabei gehen allerdings auch Lösungsmittel verloren, deshalb sollte man höchstens einmal im Kreuzgang arbeiten. Große Flächen lackiert man am besten zu zweit. Eine Person rollt die Farbe auf, die andere folgt etwa in Armabstand dahinter und verschlichtet die Blasen.
Neben einer Orangenhaut sind Pinselspuren, sichtbare Ansätze, Läufer oder Poren die häufigsten Fehler beim Lackieren. Bleiben an der Oberfläche Furchen oder Ansätze zurück, bedeutet das: Der Lack konnte nicht mehr verlaufen, weil zu wenig Lösungsmittel vorhanden war.
Das kann an zu hohen Umgebungstemperaturen liegen, oder es wurde zu spät verschlichtet oder korrigiert.
Um den Verlauf zu verbessern, kann die Farbe in Maßen verdünnt werden, oder man mischt etwas Klarlack bei. Die transparenten Beschichtungen glätten sich in der Regel besser. Wie bei der Verdünnung muss darauf geachtet werden, dass Farb- und Klarlack kompatibel sind.
Alles richtig gemacht, und doch ist das Finish unsauber oder wirkt mit Schlieren und Bläschen geradezu amateurhaft? Dann lag es vermutlich am falschen Werkzeug. Denn zwischen Himmel und Hölle liegt beim Lackieren in der Regel nur ein Pinsel beziehungsweise eine Rolle. Daher gilt: Augen auf bei der Werkzeugwahl! Nur mit hochwertigen Pinseln aus gleichförmigen Naturborsten und möglichst feinporigen Schaumrollen gelingt das Lackieren wirklich. Doch welche Rollen sind überhaupt geeignet? Eine Übersicht:
Ansonsten gilt: Ob Ein- oder Zweikomponentenlack, Rolle, Pinsel oder Spritzen: Lackieren ist und bleibt ein Handwerk und ist somit zu einem guten Teil Übungssache. Daher ist es eine Überlegung wert, das gewünschte Farbsystem an einem überschaubaren und nicht ganz so wertvollen Objekt auszuprobieren. Vielleicht findet sich dazu ja wie in unserem Fall eine betagte Optimisten-Jolle aus der Jugendabteilung.
Mehr Erfahrung haben professionelle Lackierer. Hier drei Tipps vom Profi: