Hauke Schmidt
· 09.04.2025
Update 10. April 2025: Die Zöllen von 34 Prozent für die EU wurden von der Trump-Regierung für 90 Tage ausgesetzt, es gelten aktuell pauschal 10 Prozent. An den Aussagen im Folgenden ändert sich das nichts, insbesondere was die große Unsicherheit bei den Herstellern betrifft.
Die Auswirkungen der von US-Präsident Donald Trump verhängten Einfuhrzölle treffen nun auch die renommierte schwedische Werft Hallberg-Rassy. Das Unternehmen sieht sich gezwungen, ein Drittel seiner 194 Mitarbeiter zu entlassen. Als Gründe nennt Geschäftsführer Magnus Rassy eine Kombination aus den US-Zöllen, der Inflation und der Schwäche des US-Dollars. Die Krise bei Hallberg-Rassy ist symptomatisch für die Herausforderungen, mit denen die gesamte europäische Bootsindustrie derzeit zu kämpfen hat.
"Die Zölle von Präsident Trump treffen auch uns hart, denn die USA sind unser größter Einzelmarkt. Seine Zölle lähmen den Markt, und zwar nicht nur für uns, sondern für alle, die in die Vereinigten Staaten exportieren, und das hat Folgen für die ganze Welt. Für einen Hallberg-Rassy-Käufer aus den USA wird der Preis um 34 Prozent steigen, wenn das Boot dorthin geliefert werden soll”, so Magnus Rassy gegenüber der schwedischen Zeitung ST-Tidningen. Die Werft, die bisher ihre Produktion auf voller Kapazität halten konnte, sieht sich nun gezwungen, die Fertigung auf 62 Prozent zu reduzieren. Das bedeutet auch einen massiven Stellenabbau. Etwa jeder Dritte der 194 Beschäftigten muss gehen.
Trotz dieser Einschnitte blickt Magnus Rassy verhalten optimistisch in die Zukunft. Das Unternehmen sei schuldenfrei, habe niedrige Fixkosten und verfüge über langjährige Erfahrung in der Anpassung an Marktveränderungen.
Die Problematik beschränkt sich nicht auf Hallberg-Rassy allein. Die European Boating Industry (EBI), der Dachverband der europäischen Bootsindustrie, warnt vor den weitreichenden Folgen der Trump-Zölle. In einer Stellungnahme betont die EBI bereits am 3. April, dass Zölle Unternehmen belasten, das Wirtschaftswachstum hemmen und insbesondere Arbeitsplätze in kleinen und mittleren Unternehmen gefährden, die das Rückgrat der Bootsindustrie bilden. Die EBI begrüßt das Ziel der EU, eine Verhandlungslösung mit den USA zu finden, und erklärt sich bereit, Vorschläge zur Förderung des gegenseitigen Erfolgs der Freizeitbootindustrie einzubringen. Eine dauerhafte Abschaffung der Zölle würde nach Ansicht des Verbandes Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze und Investitionen auf beiden Seiten des Atlantiks unterstützen.
Während Hallberg-Rassy besonders stark betroffen ist, zeigt sich bei deutschen Werften ein differenzierteres Bild. Marcus Schlichting von Bavaria Yachts erklärt: "Der Anteil unseres USA-Geschäfts ist im Verhältnis zu unserem Absatz in Europa relativ gering. Und noch ist die wirkliche Höhe der von Trump verhängten Zölle auf Bootsexporte in die USA langfristig nicht fix." Schlichting sieht die größere Gefahr in der allgemeinen Verunsicherung: "Viel schlimmer ist die Verunsicherung, die sich jetzt durch die Diskussionen über Zölle bei europäischen Kunden noch verstärkt. Besonders Investitionen im privaten Bereich, und nichts anderes sind Yachten, werden zurückgestellt und belasten unser Geschäft."
Ähnlich sieht es Hanse Yachts. Die Greifswalder sind sowohl mit den Segelbootmarken Hanse, Dehler und Moody als auch mit den Motorbooten von Fjord betroffen. Sie bezweifeln, dass die Zölle von langer Dauer sein werden. Man setze auf das Verhandlungsgeschick der EU und habe bisher noch keinen Kunden verloren, so ein Mitarbeiter des Vertriebsteams.
„Uns treffen die Zölle nicht wirklich, da viele unsere Schiffe nicht unter deutscher oder US-Flagge segeln“, sagt Michael Schmidt, Gründer von YYachts. YYachts baut Yachten zwischen 70 und 90 Fuß Länge, ein 60-Fuß-Modell ist in Planung. Generell sind die auf Superyachten spezialisierten Werften weniger betroffen, da ihre Kunden die Yachten selten unter amerikanischer Flagge laufen lassen.
“Ein Großteil unserer aktuellen Kunden ist unmittelbar betroffen und so beobachten wir die Entwicklung intensiv. Im Oktober sind wir Aussteller auf der Annapolis Boatshow im ‘Segelmekka’ der Ostküste”, erklärt Werftchef Torsten Schmidt. Derzeit verkauft die Werft aus Plön rund 80 Prozent ihrer Yachten ins Ausland. Eigner aus den USA haben daran bisher einen besonders starken Anteil. So geht 2026 die gesamte Produktion der Sirius 35 DS an Kunden in den USA und Kanada. “Dennoch sind wir der Meinung, dass es sich bei der neuen Entwicklung eher nur um eine temporäre Beeinträchtigung handelt, da ein nachhaltiger Nutzen für keine Seite erkennbar ist. Die Unsicherheit am Markt und in der Weltpolitik und die geschwächten Börsen sind aber auch für den europäischen Markt nicht gut”, so Schmidt.
Einen Vorteil sieht Schmidt in der hohen Auslastung und den damit verbundenen traditionell langen Lieferzeiten von zwei bis drei Jahren: “Wir sind von kurzfristigen Dämpfungen in der Regel nicht beeinträchtigt”. Insgesamt blickt er zuversichtlich auf die Zukunft: „Mit unseren qualitativ hochwertigen Deckssalonyachten füllen wir eine Nische, für die es in den USA ohnehin keine Konkurrenz gibt.“ Der Zollaufschlag scheint da keine Rolle zu spielen. Außerdem haben seine Kunden oft die Möglichkeit eine Weile der Einfuhr in die USA auszuweichen denn die meisten Eigner aus den USA importieren ihre Yachten nicht direkt nach Fertigstellung, sondern übernehmen ihre Yachten in der Ostsee und segeln Sie auf eigenem Kiel über die Kanaren und die Karibik nach Hause.
„Die US Zölle haben im Moment einen starken Einfluss auf unser Engagement in den USA. Derzeit sind die meisten Bestellungen auf „Hold“ gesetzt. Vor allem die Unsicherheit, ob es bei diesen Zöllen bleibt oder ob es bald eine Einigung zwischen der EU und den USA gibt, legen jede zukünftige Bestellung für den Moment lahm. Unsere amerikanischen Partner wollen jetzt keine Boote mit Zollaufschlag bestellen, da es die Möglichkeit gibt, dass es bald wieder zu einer Reduktion dieser Abgaben kommt. Die nächsten Monate werden dazu hoffentlich Klarheit schaffen und danach rechnen wir mit einer Entspannung der Situation, so Geschäftsführer Stefan Frauscher. “Unsere Reaktionsmöglichkeiten auf die amerikanischen Zölle sind beschränkt. Wir sind jedoch in der glücklichen Lage einen starken Heimmarkt in der EU zu haben. Dazu kommen noch neue gute funktionierende Märkte wie die Türkei und Canada. Auch die Tatsache, dass wir mit den Motor- und Elektrobooten zwei verschieden Produktlinien anbieten, macht sich gerade jetzt in herausfordernden Zeiten positiv bemerkbar”, erklärt Frauscher weiter.
Auch in den USA selbst zeigen sich die Auswirkungen der Handelspolitik von Präsident Trump. Laut einer Umfrage der National Marine Manufacturers Association (NMMA) unter US-Bootsherstellern sehen 93% der Befragten negative Auswirkungen auf ihr Geschäft durch die Zölle auf Aluminium und Stahl. Die Hersteller berichten von steigenden Kosten, Lieferverzögerungen und Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Materialien.
Die Unsicherheit über zukünftige Handelsbeziehungen und mögliche weitere Zölle belastet die Planungssicherheit der Unternehmen. Viele US-Hersteller befürchten, dass die steigenden Kosten letztendlich an die Verbraucher weitergegeben werden müssen, was zu einem Rückgang der Nachfrage führen könnte.