Y9Kleinserien-Flaggschiff von YYachts mit einfachem Handling

Martin Hager

 · 12.03.2023

„Bella“ am Wind: Dank Knopfdrucksteuerung und Selbstwendefock lässt sich die 6,80 Meter breite Carbon-Slup auch  mit kleinster Crew segeln
Foto: Nico Martinez, Stefan Sauer

Das Kleinserien-Flaggschiff von YYachts kombiniert einfaches Handling und voluminöse Innenräume, die Norm Architects und Design Unlimited gestalteten. Für schnelles Segeln reichen dem knapp 30 Meter langen Tripp-Design Y9 mit dem Namen „Bella“ zwei Personen

Seit der Werftgründung im Jahr 2015 zeichnen sich YYachts-Modelle durch einfache Bedienbarkeit aus – „Keep it simple“ ist nicht umsonst das Credo der Bootsbauer um Michael Schmidt. Dass die Y9 durchaus auch auf Segelleistung getrimmt ist, zeigen die leichtgewichtige Carbonkonstruktion und der lange Bugspriet an. Den 55-Tonner bewegen am Wind 430 Quadratmeter und raumschots mit Gennaker bis zu 859 Quadratmeter Segel aus dem italienischen Zaoli-Loft. Während der Überführung vom Werftstandort Ladebow an der Ostsee bis ins Mittelmeer loggte der „Bella“-Kapitän 26 Knoten Topspeed und ein Etmal von 240 Seemeilen. Da kommt selbst ein erfahrener Skipper ins Schwärmen.

Komfort an Bord der Y9 nicht eingeschränkt

Dass wie schon auf der Y7 zwei Personen an Deck ausreichen sollen, liegt an der Knopfdrucksteuerung der Segelsysteme und daran, dass Manöverstress vermieden wird durch Selbstwendefock und ein Großsegel, das dank schmalem Topp ohne Backstagen gefahren wird. Zudem ist das Cockpit frei von der Großschot, die am festen Bimini zwischen Solarpaneelen angeschlagen ist – getreu der Philosophie von YYachts: Eine Yacht muss auf das Notwendige reduziert werden, ohne den Komfort einzuschränken. Die Großschot-Lösung hat einen weiteren Vorteil: Die Eignerfamilie und ihre Gäste bewegen sich im gemütlich und dank festem Bimini komplett beschatteten Cockpit außerhalb der Gefahrenzone, denn das 242-Quadratmeter-Groß wirkt je nach Windstärke und gesteuertem Kurs mit großen Lasten auf das Tauwerk.

„Bella“ ist die erste Vertreterin einer neuen Kleinserie, ein 90-Fuß-Einzelbau legte mit „Prevail“ bereits 2021 in Ladebow ab. Die Y9 vertraut ebenfalls auf Linien von Bill Tripp, gut zu erkennen an dem markanten Deckshaus. Die Entstehung des neuen Flaggschiff-Modells geht laut YYachts-Geschäftsführer Dirk Zademack auf mehrere Gespräche mit Eignern zurück:

Eigentlich waren die Kunden an einer Länge von 100 Fuß interessiert. Doch ab dieser Größe werden Yachten meiner Erfahrung nach unverhältnismäßig teuer, weil viele Sonderanfertigungen eingebaut werden müssen. Mit unserem Knowhow haben wir daher den Komfort einer 100-Fuß-Yacht auf einer Länge von 90 Fuß umgesetzt.“

Davon ließ sich auch der „Bella“-Eigner überzeugen, den Michael Schmidt und sein Team bereits seit vier Jahren gut kennen. Er gehörte zu den ersten Y7-Eignern und war schon bei seiner ersten „Bella“ schnell von der einfachen Bedienbarkeit und den hervorragenden Segeleigenschaften überzeugt. Bereits wenige Monate nach Übernahme und während des damaligen BOOTE EXCLUSIV-Testsegelns vor Palma de Mallorca dachte er darüber nach, auf ein größeres YYachts-Modell umzusteigen, so es denn verfügbar ist. Nun also schwimmt die XL-„Bella“, und der Eigner ist glücklich. In den vergangenen vier Jahren sog er den Segel-Lifestyle voll und ganz auf, seine Vergangenheit als Besitzer einer 73-Fuß-Motoryacht scheint er völlig vergessen zu haben. „Die Yachten von Michael Schmidt haben mir die Augen geöffnet und zeigten mir, dass Segeln um ein Vielfaches komfortabler ist, als mit Motoryachten zu reisen. Es hat gute Gründe, warum Motorboote ab einer Windstärke von 4 Beaufort nicht mehr den Hafen verlassen“, erzählte uns der „Bella“-Eigner damals lächelnd und zufrieden am Steuerrad seiner Y7.

Im Vergleich: Y9 und Y7

Wie viel größer die Y9 im Vergleich zur 8,03 Meter kürzeren Y7 ist, zeigt sich vor allen Dingen in der breiten und gleitfreudig flachen Hecksektion, in der das Beiboot quer und von oben einparkt. Hinter den Steuerständen mit Carbonrädern befindet sich unter einer breiten Luke, die sich mittels hydraulischen Reckmann-Zylindern öffnet, eine wasserdichte Bucht, die wie eine Crashbox aufgebaut ist. Hier lagert der Tender. Auf „Bella“ ist das erstmals ein YTender, ein 4,35-Meter-Rib mit einem Kat-Rumpf aus Carbon, der konventionell über Außenborder oder elektrisch angetrieben wird und nur 230 Kilogramm wiegt. Der Luftschlauch füllt und leert sich über integrierte Pumpen in nur 45 Sekunden, wodurch sich im leeren Zustand die Breite um 30 Zentimeter verringert. Die Wasserung erfolgt mittels eines kompakten Davitkrans aus Carbon, der bei Bedarf und mit wenigen Handgriffen an Deck installiert wird. In der geräumigen Parkbucht finden zudem Surfbretter, SUPs oder Tauch-Equipment Platz. Der Verzicht auf eine Tendergarage, die über den Spiegel zugänglich ist, hat gute Gründe, wie Werftgründer Michael Schmidt erklärt: „Ich wollte schon bei der Y7 keine Garage mehr, die über das Heck zugänglich ist“, erklärt Schmidt. „Selbst wenn die Lazarette richtig gut abgedichtet ist, hat man immer Feuchtigkeit drin.“

Das Interieur der “Bella”

Vor dem wasserdichten Schott startet das Interieur, im Fall von „Bella“ mit dem Crew-Areal. Hier finden sich zwei Kabinen für bis zu vier Personen und eine so gemütliche wie funktionale Messe mit gegenüberliegenden Bordelektronik-Paneelen, Multifunktionsdisplays und dem üblichen Kommunikationsequipment. Der „Bella“-Eigner setzt meistens auf eine zweiköpfige Mannschaft, die dementsprechend von dem großzügig geschnittenen Bereich profitiert. Davor schließt sich steuerbords die Galley an, in der auch der Eigner selbst gern die Kochlöffel schwingt. Dann bleibt die Crew achtern für sich, eine Tür trennt die Bereiche voneinander ab und sorgt so für Privatsphäre. Gegenüber liegt eine von zwei Gästekabinen, die über ein Doppelbett und ein großes Bad mit Dusche verfügt. Angrenzend an den kurzen und in den Salon führendem Korridor brachte Konstrukteur Bill Tripp die Luke in den gut zugänglichen Motorenraum unter, in dem neben Frischwasseraufbereitungsanlage und einem Fischer-Panda-Generator mit 20 Kilowatt Leistung auch ein Volvo-Penta-D4-Aggregat als Hauptmaschine seinen Dienst verrichtet.

Eignerreich voraus: An der Büronische vorbei geht es in die Mastersuite
Foto: Nico Martinez, Stefan Sauer

Die Raumaufteilung des wenige Stufen höhergelegten Salons ist besonders gelungen. Auf der Steuerbordseite steht ein Speisetisch für acht Personen, das angrenzende achterliche Wandpaneel versteckt unauffällig Staufächer und einen Weinkühlschrank, den sich der Eigner hier wünschte. Die Sitzecke gegenüber mit großem Tagesbett, Beistelltisch und zwei Sesseln dient als Entertainment-Bereich. Ein in das vordere Querschott integriertes Samsung-TV fungiert im „Frame“-Modus als farbenfrohes Kunstwerk und sonst natürlich als Fernseher mit den üblichen Zugängen zu Netflix & Co. Handläufe sind – wie es sich für eine echte Segelyacht gehört – überall an Bord zu finden, an der Decke des Salons in einer cleveren wie bewährten Ausführung à la Michael Schmidt: In zwei nahezu über die gesamte Salonlänge reichenden Metallschienen sind je zwei mitlaufende Leder-Halteschlingen befestigt, deren Form an Deckenschlaufen aus Bus und Bahn erinnert. Der Salon geht nahtlos in eine gemütliche Lounge-Nische an Steuerbord über, die neben einem Arbeitsplatz einen Fernseher gegenüber dem Sofa bietet. Backbords liegt Gästekabine Nummer zwei, ebenfalls mit Doppelbett und Badezimmer inklusive Dusche.

Fünf Layout-Optionen möglich

Insgesamt offeriert YYachts für die Y9 fünf Layout-Optionen, von denen drei auf eine achtern liegende Eignersuite setzen. Der „Bella“-Eigner hingegen wünschte sich sein Reich im Bug. Hier findet er einen begehbaren Kleiderschrank, viel Stauraum in umlaufenden Sideboards, ein großes Badezimmer ganz vorn und ein frei stehendes Queensize-Bett. Selbstverständlich finden sich auch hier Details, die auf die Seetüchtigkeit jeder Y9 schließen lassen. Über dem Bett finden sich Halterungen für Leesegel, und in die umlaufenden Möbel sind versteckt Handläufe integriert. Die Türen der Regale lassen sich wie überall an Bord mittels eines dünnen Lederbands öffnen – ein smartes Detail, das wieder auf den kreativen Geist von Michael Schmidt zurückgeht, der genau weiß, wie er seine Boote haben will. Für genug Helligkeit im gesamten Interieur sorgen fünf große Fenster pro Rumpfseite plus die rundum laufenden Fenster des Deckshauses, die auch eine gute Aussicht auf den Horizont ermöglichen.

Auch hier dominiert geöltes und  geräuchertes Eichenholz, helles Leder ziert die Möbelfronten
Foto: Nico Martinez, Stefan Sauer

Wie schon bei seiner Y7 entschied sich der Eigner für ein Interieur, das Norm Architects aus Kopenhagen und Design Unlimited aus Lymington für die erste Y9 entwickelten. Die beiden Designstudios kreierten einen skandinavisch-eleganten Look, der dem Prinzip des „Soft Minimalism“ folgt; geräucherte und geölte Eiche, graue Stoffe und helle Wand-Paneele bestimmen die Farbpalette. Katrine Goldstein, Geschäftsführerin von Norm Architects, fasst es so zusammen: „Die Y9 folgt in ihrem Design der bereits preisgekrönten Y7, ist aber viel komplexer. Sie ist ein komfortabler und ruhiger Rückzugsort, um sich von den ständigen Reizen des Alltags zu erholen.“ Genau das sollte ja das Ziel einer jeden Yacht sein.

Technische Daten der Y9

  • Länge über alles: 29,71 m
  • Länge (Rumpfform): 26,04 m
  • Breite: 6,80 m
  • Tiefgang (Teleskopkiel): 3,20–4,80 m
  • Verdrängung (leer): 55 t
  • Material: GFK/Carbon
  • Motoren: 2x VOLVO D4-175
  • Motorleistung: 2 x 129 kW
  • Segelfläche (am Wind): 430 m²
  • Segelfläche (raumschots): 859 m²
  • Segel: Zaoli
  • Mast: Axxon Composites, 42 m
  • Generatoren: 1x Fisher Panda 25i
  • Kraftstoff: 3.000 l
  • Wasser: 2.000 l
  • Navigation, Segelinstrumente: B&G
  • Tender: YTender, 4,35 m
  • Konstruktion: Tripp Design
  • Exterieurdesign: Tripp Design
  • Interieurdesign: Norm Architects
  • Werft: Michael Schmidt Yachtbau, 2022
Salon: Im Wohnbereich wird steuerbords gegessen, im Sofa- und Sessel-Ensemble gegenüber lässt sich dank großformatigem TV auch mal ein gemütlicher Kinoabend abhalten. Die Eignersuite im Bug: Die Kabine bietet neben einem begehbaren Kleiderschrank viel Stauraum in umlaufenden Sideboards und ein Badezimmer mit Doppelwaschbecken und XL-Dusche. Leesegel lassen sich an der Decke befestigen. | Karte: BEX
Salon: Im Wohnbereich wird steuerbords gegessen, im Sofa- und Sessel-Ensemble gegenüber lässt sich dank großformatigem TV auch mal ein gemütlicher Kinoabend abhalten. Die Eignersuite im Bug: Die Kabine bietet neben einem begehbaren Kleiderschrank viel Stauraum in umlaufenden Sideboards und ein Badezimmer mit Doppelwaschbecken und XL-Dusche. Leesegel lassen sich an der Decke befestigen. | Karte: BEX

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