Royal Huisman81-Meter-Schoner “Sea Eagle II” im Charter

Sören Gehlhaus

 · 05.04.2023

Rennen am Riff von Moorea. Vor dem polynesischen Atoll reizt der 81 Meter lange Dreimast-Schoner die Rumpfgeschwindigkeit von 22 Knoten aus
Foto: Tim McKenna

Die niederländische Royal-Huisman-Werft realisierte mit „Sea Eagle II“ die weltgrößte Segelyacht aus Aluminium. Nun besegelt der Flybridge-Schoner auch mit Gästen die Weltmeere. Beeindruckende Bilder liefert das Törnbeispiel Französisch-Polynesien

Royal Huisman lieferte „Sea Eagle II“ 2020 im Schatten der Pandemie aus und begrüßte den Alu-Bau 2022 zur Überholung wieder in den Niederlanden. Zu diesem Zeitpunkt war der Drei-Mast-Schoner bereits weit gereist. Mittlerweile stehen mehr als 45.000 Seemeilen im Logbuch. Er ist ein weiterer Meilenstein in der über 125-jährigen Geschichte der Traditionswerft und mit 81 Metern nach der 90 Meter messenden „Athena“ die zweitlängste Yacht in der Huisman-Flotte.

Die Idee für den segelnden Superlativ reifte in dem Eigner während einer Weltumsegelung auf seiner 43-Meter-Slup gleichen Namens und Werftursprungs. Gesucht war eine äußerst komfortable und geräumige Yacht mit guter Seetüchtigkeit und außergewöhnlichen Annehmlichkeiten für Gäste und Crew. Sie sollte über hervorragende Langschlagqualitäten verfügen, damit der Eigner so viel wie möglich von der Welt unter Segeln sehen kann. Ein echter Großsegler modern interpretiert: praktisch, leistungsstark, sicher und leicht zu handhaben.

Die Rumpfgeschwindigkeit von 22 Knoten wird schnell erreicht

Bei ersten Segeltests loggte „Sea Eagle II“ noch auf der Nordsee bei mäßiger Brise 21,5 Knoten und lag damit einen halben Knoten unterhalb der Rumpfgeschwindigkeit. An der Kreuz stehen 2580 Quadratmeter Doyle-Segel im Wind, auf raumen Kursen sind es 3552 Quadratmeter. Laut Royal Huismans Werftkapitän ist die Hydraulik so leistungsstark, dass alle drei Großsegel problemlos zeitgleich gesetzt werden können – was nicht länger dauern soll als bei halb so großen Slups.

Der Effizienz der Segelsysteme liegen komplexe Rumpf- und Riggberechnungen von Dykstra Naval Architects zugrunde. Obwohl Rumpf und Aufbauten aus Aluminium bestehen, hatten es die niederländischen Ingenieure mit unterschiedlichen Festigkeiten zu tun. Da sich sehr große Glasflächen durch das Hauptdeck ziehen, flext der Aufbau anders als der Rumpf. Die Lösung ist eine Klebeverbindung für den vorderen Teil, die Bewegungen von bis zu zwei Zentimetern ausgleicht. Der achterliche Part der Aufbauten wurde angeschweißt.

Um schnell vom Pazifik in den Atlantik zu gelangen, laminierte Huismans Schwesterbetrieb Rondal die drei Carbomasten Panamax-konform; von der Wasseroberfläche ragen sie 61 Meter in den Himmel und entsprechen damit den maximalen Durchfahrtshöhen der Panamakanal-Brücken. Aus Kohlefasern sind auch die Rollbäume und das stehende Gut von Carbo-Link. Aus dem gleichen Material besteht das mit fünf Metern längste Carbonruderblatt der Welt. Rondal lieferte zudem 34 Hydraulik-Winschen, von denen sich zwölf an und 22 unter Deck drehen. Auf den Schoten lasten bis zu 18 Tonnen.

Unvergessliche Charter für zwölf Personen

Die 1150 Gross Tons großen Innenräume für 12 Gäste und 14 Crewmitglieder konnte BOOTE EXCLUSIV während des Baus begehen und die zeitlose Eleganz des Mark-Whiteley-Interieurs erleben. Auf dem Unterdeck stehen zwei Mastersuiten, drei Doppelkabinen und ein Fitnessraum, der in eine Kabine für Kinder, Nannys oder zusätzliche Crew umgewandelt werden kann. Whiteley wirkte auch am geradlinigen Exterieur mit, das er an der Seite von Dykstra ausarbeitete.

Eine unvergessliche Charterwoche erlebt, wer dem britischen Brokerhaus Burgess 550000 Euro überweist. Obwohl das nur die Nutzung der Yacht abdeckt, erscheint der Deal mehr als verlockend. Zum Vergleich: Motoryachten vergleichbarer Länge – mit einem doppelt so hohen Innenraumvolumen, aber für die gleiche Anzahl an Gästen – werden für knapp eine Million Euro die Woche gelistet. Ein großer Unterschied, zumal der Verbrauchsvorteil des Seglers nicht zu vernachlässigen ist. Denn in der Charterrate sind weitere Kosten wie die für den Kraftstoff und die Verpflegung oder das Trinkgeld für die Crew nicht enthalten.

Bei Royal Huisman steht schon der nächste Rekordbau in den Startlöchern: Im niederländischen Vollenhove gehen die Arbeiten an einer 85 Meter langen Slup voran, die ebenfalls aus Aluminium geschweißt wird, allerdings nach Plänen von Frers Design.

Das vollständige Porträt von „Sea Eagle II“ gibt es in BOOTE EXCLUSIV-Ausgabe 4/23 zu lesen, die am 28.06.2023 erscheint.


Technische Daten „Sea Eagle II“

  • Länge über alles: 81 m
  • Breite: 12 m
  • Tiefgang: 6 m
  • Exterior Styling: Dykstra Naval Architects + Mark Whiteley Design
  • Interior Styling: Mark Whiteley Design
  • Konstruktion: Dykstra Naval Architects
  • Rumpfgeschwindigkeit: 22 kn
  • Material: Aluminium
  • Klasse: Lloyd’s MCA (LY-3)
  • Motoren: 2 x 1081 kW, Caterpillar C32
  • Generatoren: 2 x 120 kW, Caterpillar C7.1
  • Batteriesystem: 120 kWh für die Laststeuerung
  • Rigg: Rondal
  • Masthöhe: 61 m
  • Segelfläche (am Wind): 2580 qm
  • Segelfläche (vor dem Wind): 3552 qm
  • Segel: Doyle Sails, High Roach Stratis
  • Integrierte Segelsysteme: Rondal

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