Sören Gehlhaus
· 01.02.2023
Für die niederländische Werft Royal Huisman ist die „Nilaya“ die erste Hybrid-Konstruktion aus Carbon und Aluminium. Reichel/Pugh berechnete Panamax-Rigg und 46,80-Meter-Rumpf, Nauta Design stylte von außen wie innen
„Nilaya“, dieser Name prangte in exakt gleicher Schriftart zuvor auf dem Spiegel einer 34 Meter langen Baltic. Der Eigner bestritt mit dem 2010 gebauten Kohle-Cruiser erfolgreich Regatten, ließ ihn 2017 überholen und verkaufte ihn im Sommer 2022 (jetzt „Shagala Bagala“). Nun also Aluminium statt Carbon. Nicht ganz. Denn den 17,50 Meter langen Aufbau ließ Royal Huisman vom Schwesterbetrieb Rondal mit Kohlefasern laminieren.
Und auch die Alu-Wanne – dieser Begriff wird ob der breiten wie flachen Spanten erlaubt sein – schweißten die Niederländer unter strengen Gewichtsvorgaben. „Featherlight“ nennt Royal Huisman die neue Hybrid-Konstruktion, die „Nilaya“ insgesamt elf Prozent leichter machen soll im Vergleich zu der zuvor praktizierten Bauweise. Dabei setzt die Traditionswerft mit Alustar ohnehin schon auf einen Werkstoff, der 20 Prozent fester ist als herkömmliches Aluminium.
„Rumpf und Deck machen nur 15 Prozent des Gesamtgewichts einer modernen Segelyacht aus.“ Dieses Zitat kommt von Mario Pedol, Mitgründer von Nauta Design. Das Mailänder Kreativstudio entwickelte das Konzept mit dem „Nilaya“-Eigner und gestaltete innen wie außen. Besondere Erwähnung verdient das vollflächig verglaste Deckshaus mit flach ansteigender Front und einem wellenförmigen Übergang zum Süll. Laut Pedol sprechen für Metallrümpfe der Geräuschkomfort unter Deck, die Festigkeit des Materials und die Möglichkeit, Reparaturen in nahezu allen Teilen der Welt durchführen zu lassen.
Zum Federleicht-Konzept gehört auch, dass Rohre aus Komposit und nicht aus Metall bestehen und der Innenausbau auf Schaumkerne und dünnstes Holzfurnier setzt. In einigen Strukturbereichen wird zusätzliche Steifigkeit durch das Aufkleben von Kohlefasern auf Aluminium unter Verwendung modernster Techniken erreicht. Royal-Huisman-Ingenieure entwickelten ein eigenes parametrisches Software-Tool zur schnellen Bewertung verschiedener Konstruktionsentwürfe anhand von Gewicht, Steifigkeit und Festigkeit.
Zwischen den Stapelläufen der beiden „Nilayas“ liegen 13 Jahre, eine lange Zeitspanne im Yachtdesign und eine gute Gelegenheit, um Veränderungen anhand der Rumpfform zu verdeutlichen. Zumal mit den Kaliforniern von Reichel/Pugh jeweils das gleiche Konstruktionsbüro zum Zug kam. Das Längen-Breiten-Verhältnis von 4,5 ist geblieben, die Neue läuft aber im Heck wesentlich ausladender aus. Die breiteste Stelle misst auf Höhe des Cockpits satte zehn Meter. Der Steven verläuft nun beinahe lotrecht, der Freibord ist ähnlich flach, die Wasserlinie länger – und gleichzeitig schmaler. Möglich macht diesen – achtern dramatischen – Abfall des Umfangs eine weiche Kimmkante, die kurz hinter dem Bug aufsteigt und in der Oberseite des Hecks mündet. Das Anhang-Ensemble besteht aus Doppelruder, Liftkiel (4,50 bis 6,90 m) und Wellenanlage mit Verstellpropeller.
In das Vordeck integrierte Royal Huisman einen eingelassenen Tender-Parkplatz. Daraus dürfte, wie auf Yachten dieser Länge üblich und durch die über der Wasserlinie liegenden Rumpffenster signalisiert wird, ein Zwischendeck resultieren, das Leinenführung, Hydraulik und kaptive Winschen beherbergt. Letztere fertigte Rondal aus Carbon, die die Hälfte der Aluvariante wiegen. Aus den gleichen Hallen und ebenfalls aus dem Autoklav kommt der aus einem Stück laminierte Panamax-Mast. Das Carbon-Topp liegt unter dem Höhenlimit von 60 Metern, um noch die Brücken des Panamakanals passieren zu können.
Vom Mast stehen aerodynamisch optimierte Salinge ab, die besonders dünn und wie umgekehrte Schwalbenflügel geformt sind. Schließlich will „Nilaya“ auf Augenhöhe gegen Vollcarbon-Formate gleicher Länge antreten. Die Spezifikationen listen Bouwe Bekking unter dem Punkt „Owners’ Race Team“ auf. Der niederländische Segelprofi war zuvor schon als Taktiker ein fester und zentraler Bestandteil der Race-Crew und wird dieses Jahr das Potenzial des 47 Meter langen Alu-CFK-Baus unter Beweis stellen.