DesignstudieVirale Schildkröten-Yacht “Pangeos” für Superreiche nur Fake?

Max Gasser

 · 24.11.2022

Dieses Rendering von "Pangeos" ging viral
Foto: Lazzarini
Designstudie: Virale Schildkröten-Yacht “Pangeos” für Superreiche nur Fake?

Die “Terayacht” “Pangeos” lief in den vergangenen Tagen auf Social Media und vielen hochkarätigen Nachrichtenportalen im Internet hoch und runter. Das futuristisch polarisierende Design der Idee einer modernen “Arche Noah” für Superreiche faszinierte Millionen. Wir haben uns gefragt, was hinter der Innovation stecken könnte

Mit dem Vorschlag einer riesigen schwimmenden Schildkröte hält der italienische Designer Pierpaolo Lazzarini derzeit das Internet in Atem. Der Imagefilm des Projekts wurde knapp eine Million Mal geklickt, und prominente Medien wie “stern”, “Welt” oder auch “t-online” berichteten darüber. Das “Pangeos” genannte Wasserfahrzeug würde mit seinen Maßen jede bisher gebaute Yacht wortwörtlich in den Schatten stellen – und zwar nicht nur Yachten, sondern auch die weltgrößten Kreuzfahrtschiffe.

Anders als bei den herkömmlichen Ozeanriesen sehen die Pläne allerdings keine Heimat für Kurzzeitaufenthalte vor. Im Gegenteil, die “Terayacht” “Pangeos” gleicht einer schwimmenden Stadt. Sie soll verschiedene Hotels, Einkaufszentren, Parks, Schiffs- und Flughäfen und alle anderen Einrichtungen umfassen, die erforderlich sind, um bis zu 60.000 Gäste mitten auf dem Meer zu beherbergen. Dazu soll der extravagant designte Kreuzer sich komplett emissionsfrei fortbewegen. Die Pläne für diese innovative Schildkröte klingen fast ein wenig zu gut.

“Terayacht”: “Pangeos” ist breiter als lang

Die gigantische Yacht erstreckt sich über eine Länge von 550 Metern und misst an ihrer breitesten Stelle – den Armen der Schildkröte – 610 Meter. Sofern es zur Umsetzung kommt, wäre es bei einem Tiefgang von 30 Metern das größte schwimmende Bauwerk der Welt. Um diesen Koloss antreiben zu können, soll jeder der neun Elektromotoren eine Leistung von 16.800 PS haben. Dennoch würde die Reisegeschwindigkeit bei lediglich fünf Knoten liegen. Und selbst das erscheint fraglich, wenn man die Konstruktion und ihre hydrodynamischen Eigenschaften betrachtet.

Laut den Plänen des Designers stehen diese nicht in Konflikt mit der ebenfalls vorgesehenen Emissionsfreiheit. Der Jet-Antrieb soll von verschiedenen nachhaltigen Energiequellen an Bord gespeist werden. Neben den Solarzellen am “Panzer” der Schildkröte ist eine ganz besondere Art der Energiegewinnung vorgesehen, die das Design mit den breiten Auslegern rechtfertigt. So soll in diesen während der Fahrt Energie aus dem Brechen der Wellen gewonnen werden.

Virtuelle Immobilien können bereits erworben werden

Von Apartments bis hin zu großen Villen soll es auf “Pangeos” alles gebenFoto: Lazzarini
Von Apartments bis hin zu großen Villen soll es auf “Pangeos” alles geben

Doch damit nicht genug, die Realisation hängt neben der Physik vor allem von einem Faktor ab – der Finanzierung. So wird der Bau bei einer geschätzten Bauzeit von acht Jahren wohl etwa acht Milliarden Dollar kosten. Daher wird angeboten, die aktuell noch virtuellen Räume bereits im Rahmen einer NFT-Crowdfunding-Aktion zu erwerben.

Was ist ein NFT?

Ein Non-Fungible Token (NFT) lässt sich grundlegend als ein nicht austauschbarer, einzigartiger krpytografischer Token definieren. Ein Token ist ein digitales Zertifikat, gespeichert auf einer gesicherten und verteilten Datenbank. Ein NFT ist sozusagen eine digitale Besitzurkunde, die aussagt, wer der Besitzer eines Unikats ist, in diesem Fall einer Immobilie auf “Pangeos”. Käufer können mit ihren Anmeldedaten bestimmte Inhalte und Zugänge zu den virtuellen Objekten sammeln. Dieselben Zugangsdaten dienen außerdem als Kaution für die Immobilie im Fall eines realen Baus.

NFTs standen in der Vergangenheit vermehrt in Zusammenhang mit Betrug. Häufig wird versucht, viel Aufmerksamkeit für ein Projekt zu generieren, um die Nachfrage zu steigern und einen hohen Wert und damit die Möglichkeit einer guten Investition zu suggerieren. Sobald die gesamte Kollektion verkauft wurde, arbeiteten die Entwickler nicht mehr an dem Projekt, gemachte Versprechungen wurden nicht eingehalten oder die Accounts der Entwickler gelöscht. Diese verschwanden mit den eingesammelten Investitionen, und den Anlegern blieb lediglich ein wertloser NFT.

Auf der Website des Projekts lassen sich unter dem Menüpunkt “Unreal Estate” (dt. “unwirkliches Anwesen”, “Real Estate” = Immobilie) verschiedene Angebote finden. Vom einfachen Ticket für 116 US-Dollar bis hin zu Häusern und Villen, deren Preise derzeit über 1.000 US-Dollar liegen. Bezahlt wird entweder mit der Kryptowährung Ethereum (ETH) oder per PayPal. Laut der Verkaufsseite wurden einige Objekte bereits verkauft, viele der 60.000 Plätze sind aktuell noch frei.

In diesem Menü kann die Art der Immobilie gewählt werden
Foto: Screenshot/Lazzarini
Die Website des Projektes

Warum “Pangeos”?

Der Terayacht-Vorschlag hat seinen Namen vom Urkontinent Pangea, der vor Millionen von Jahren für ungefähr 175 Millionen Jahre existierte. Eine ähnliche Halbwertszeit erhofft man sich von der Mega-Yacht, die Designer bezeichnen sie als unsinkbar. Das soll mittels der 30.000 Kammern gewährleistet werden, in die der Rumpf unterteilt ist.

Lazzarini hatte in der Vergangenheit mit polarisierenden Designs bereits Aufmerksamkeit auf sich lenken können. Der 1982 geborene, ehemals im Automotive-Bereich tätige Designer ließ sich bei der Ausarbeitung seiner extravaganten maritimen Fantasien beispielsweise schon von einem Schwan inspirieren. Auch bei diesem Projekt kam es bisher nicht zur Umsetzung.

Ob es beim neuesten Design ähnlich ablaufen wird, oder ob die “Pangeos” tatsächlich in Bau geht, wird davon abhängen, ob es dem Designer gelingt, ausreichend viele Interessenten von der Seriosität dieses Projektes zu überzeugen.


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