Es war ein reichlich selbstbewusster Auftritt, mit dem die zur Beneteau-Gruppe gehörende Marke ihr Debüt ankündigte. Schon der Name schien Programm: Excess klang nach Überfluss, nach Ausschweifung, und der Slogan „Be immodearte!“ erst recht: Man konnte ihn als Aufforderung zur Maßlosigkeit verstehen, gemeint war aber, sich nicht in alte Konventionen zu fügen: „Sei unangepasst!“, sollte es heißen.
Das ist auch die Markenbotschaft, die Produktphilosophie: Mit Excess hat der Weltmarktführer sein Angebot an Fahrtenkatamaranen erweitert. Das bestand bis dato nur aus der Lagoon-Reihe, wobei „nur“ eine grandiose Untertreibung ist; niemand baut auch nur annähernd so viele Mehrrumpfboote wie die Werft in Bordeaux.
Die neue Linie, obschon in den gleichen Hallen gefertigt, soll eine jüngere, aktivere, mehr Lifestyle-orientierte Zielgruppe ansprechen, soll mehr Segelspaß bieten, weniger Ferienhaus auf dem Wasser sein. Und so sieht der Excess 11 denn auch aus.
Die achteren Rumpfseiten zieren, wild geschlungen, die Buchstaben „XCS“, ein Akronym des Firmennamens. Mehr noch als die auffälligen Logos signalisieren freilich die Proportionen, dass dies kein Kat wie jeder andere ist.
Über den hohen, wuchtig wirkenden Rümpfen, die reliefartig ausgeformt sind, duckt sich ein relativ kurzes flaches Kajütdach. Für eine Flybridge ist darauf kein Platz. Der Großbaum schließt fast bündig damit ab, was Druckverluste verringert. Der Mast steht vor dem Aufbau an Deck, weiter achtern als üblich, was einen effizienteren, weil gestreckteren Segelplan ergibt. Und statt eines leicht entrückten Zentralsteuerstands wird der Kat von zwei Rädern aus dirigiert, nahe an den Hecks und auf gleicher Höhe mit dem Cockpit montiert.
Es sind Merkmale eines Sport-Katamarans, und doch wäre es verfehlt, die Konstruktion so einzuordnen. Der Excess 11 ist kein pures Performance-Boot, sondern ein Sowohl-als-auch-Kat.
Obwohl bei Entwicklung und Bau viele Anstrengungen unternommen wurden, seine Verdrängung wie auch den Schwerpunkt niedrig zu halten, geriet er mit neun Tonnen recht schwer. Leistungsfördernde Details wie absenkbare Seitenschwerter oder ein drehbar gelagerter Mast fehlen und sind auch gegen Aufpreis nicht zu haben.
Seine Alleinstellung gewinnt der Excess 11 also nicht etwa durch ein Übermaß an Sportlichkeit, sondern indem er am Markt irgendwo zwischen einem Kojen- und Komfort-Wunder wie dem Bali Catspace und einem ausgewiesenen Express-Segler wie dem Dazcat 1195 aus England steht. Ein Zwitter, gewissermaßen.
In der Standardausführung kommt er auf eine Segeltragezahl von nur 4,2 – zurückzuführen unter anderem auf die zwar unaufwändig zu bedienende, in der Fläche aber begrenzte Selbstwendefock. Immerhin bietet die Werft Abhilfe gegen Aufpreis.
Beide Testboote, die wir vor Cannes bei leichtem und vor La Rochelle bei mittlerem Wind segeln konnten, waren mit der „Pulse Line“ ausgestattet, die auch von 80 Prozent der Eigner geordert wird. Das knapp 20.000 Euro teure Paket umfasst einen 1,10 Meter höheren Mast, der fünf Quadratmeter mehr Segelfläche bringt, außerdem Laminat- statt Dacronsegel und einen kurzen Alu-Bugspriet. Ein in jeder Hinsicht sinnvolles Extra.
Auf Wunsch gibt es für den Excess 11 sogar einen Carbonmast, der jedoch sehr teuer ist und kaum mehr an Zusatzleistung bringt als das Pulse-Rigg. Denn an der Segeltragezahl ändert sich dadurch nichts; sie bleibt trotz des Gewichtsvorteils bei 4,4.
Auf See vermag der Kat vor allem gegenüber der mehr auf Komfort getrimmten Konkurrenz zu überzeugen. Er ist keine Offenbarung, das nicht. Aber wie er sich schon bei 5 bis 6 Knoten wahrem Wind unter Code Zero in Bewegung versetzen lässt, nach etwas Anlauf und mit geschrickten Schoten um die 4 Knoten Fahrt macht, ist zumindest für das Genre der Touren-Kats achtbar. Damit distanziert er das Gros seiner Wettbewerber, und das teils sogar deutlich. Ein erstes Indiz dafür, dass die Konstrukteure um VPLP-Mitgründer und Design-Legende Vincent Lauriot-Prévost ganze Arbeit geleistet haben.
Die Programme, mit denen er das Unterwasserschiff modelliert, stammen aus dem Hochsee-Rennsport. Sein Büro entwirft High-end-Konstruktionen wie Boris Herrmanns Imoca 60 „Malizia“ oder den Ultim-Trimaran von François Gabart. Und wenn er ins Erzählen kommt, wie beim Test, blitzen seine blauen Augen. „Wir können heutzutage sehr viel bessere Vorhersagen über Widerstände und Leistungsvermögen treffen“, sagt er. „Das kommt jetzt auch Serienbooten zugute. Und es verleiht den Werften mehr Handlungsspielraum.“
So hat er errechnet, dass mit kürzeren und tieferen Kielen anstelle der langen Flossen bis zu 15 Prozent mehr Geschwindigkeit nach Luv möglich wäre. Selbst bei einem maßvollen Tiefgang von 1,60 Metern beträgt das Plus mindestens acht Prozent.
Beim zweiten Testschlag, in frischerer Brise, bestätigt sich der Leichtwind-Eindruck. Der 37-Fuß-Kat braucht nicht mehr als 3 bis 4 Beaufort, um sein Temperament unter Beweis zu stellen. Beeindruckender als die Geschwindigkeit, die im Rahmen des Erwartbaren bleibt, ist dabei die Direktheit und Mitteilsamkeit auf dem Ruder, die schon nahe an gute Einrumpfyachten heranreicht.
Der Excess 11 geht in Wenden zügig durch den Wind, nimmt rasch Fahrt auf und bietet eine erstklassige Übersicht – sowohl seitlich als auch nach vorn, durch die senkrechten, nicht getönten Aufbauscheiben hindurch. Selbst unter Code Zero gibt es – anders als bei Kats mit Flybridge-Konsole – keinen blinden Fleck. Ein erhebliches Sicherheitsplus, wenn auf dem Wasser viel Verkehr ist.
Wer elektronische Fahrhebel für die Maschinen ordert, merzt ein weiteres Kat-typisches Manko aus: die eingeschränkte Sicht bei Hafenmanövern. Der Excess 11 lässt sich dann von beiden Steuerständen führen und zentimetergenau in jede Lücke oder an jeden Steg dirigieren. Uneinsehbare Ecken gibt es so nicht.
Den Ingenieuren von VPLP ist nicht nur ein überdurchschnittlich segelnder und gut zu kontrollierender Fahrtenkat gelungen; der Excess 11 bietet auch ein für seine Länge unerreichtes Volumen. Insbesondere die Kojenmaße sind erstklassig und übertreffen teils sogar Wettbewerber von 40 Fuß Länge. Selbst im Vorschiff kommt bei Doppelbelegung keine Enge auf.
Mit Stehhöhen von über zwei Metern im Salon und mindestens 1,90 Meter in den Rümpfen übertrifft das Boot viele 45-Fuß-Einrumpfyachten. Auch das Stauraumangebot passt. Zwar mangelt es in Salon und Pantry an Schränken; stattdessen gibt es vorwiegend offene Ablagen, die bei Ausnutzung rasch den Eindruck von Unaufgeräumtheit hinterlassen. Und wo andere Kats den Platz unter den Kojen durch Schubladenauszüge erschließen, kommt man beim Excess 11 nur von oben heran – weil das Gewicht und nicht zuletzt Bauaufwand spart.
Unter Deck wirkt das Boot modern, aber auch ein wenig nüchtern. Das muss man mögen. Und zumindest bei den beiden frühen Baunummern, die wir im Test segelten, ließ die Verarbeitung zu wünschen übrig. So drangen deutliche Quietsch- und Knarzgeräusche aus dem Pantrymodul, die bis in die Eignerkammer zu hören waren. Statt mit massiven Furnieren waren die Kanten des Ausbaus nur mit dünnen Folien beklebt. Ansonsten aber zeigten die Installationen und Komponenten die von Lagoon bekannte Routiniertheit und Solidität.
Dieser Artikel erschien erstmals in YACHT 24/2021 und wurde für diese Online-Version aktualisiert.
GFK-Sandwichkonstruktion mit Polyesterharz, Rumpf in Vakuum-Infusion laminiert, Deck im Injektionsverfahren
Grundpreis ab Werft 388.535 € inkl. Segel (Stand 7/2023)
2/2 Jahre
Excess Catamarans, 162 Quai de Brazza, F-33072 Bordeaux Cedex, www.excess-catamarans.com
Das kleinste ist auch das bisher beste Modell der noch jungen Excess-Reihe. Um das Markenversprechen annähernd einzulösen, braucht aber auch der Excess 11 das optionale Pulse-Rigg mit mehr Segelfläche