Dufour 32Smarter Hipster aus Frankreich im Test

Michael Good

 · 17.06.2023

Der Rumpf ist mit kleinen Anpassungen derselbe wie beim Vorgängermodell. Neu ist der Bugspriet
Fotos:os: YACHT/O. Blanchet
Dufour Yachts unterzieht seinen bewährten Fahrtenyacht-Einsteiger einer radikalen Verjüngungskur und ergänzt das Boot mit einer Menge von überaus spannenden und innovativen Details. Ob die alle funktionieren? Der Test

Was ist das denn? Großes Erstaunen auf dem Steg in La Rochelle. Am Heck der kleinen Tourenyacht hängt etwas, das auf den ersten Blick und ohne Kenntnis nur schwer einzuordnen ist. Vielleicht ein SUP-Paddelboard? Eine Schwimmhilfe? Oder gar eine Art Heckklappe? Die Lösung ist in der Kombination all dieser Mutmaßungen zu suchen. Dufour Yachts hat die erste aufblasbare, schwimmfähige und multifunktionale Badeplattform erfunden, die man zudem leicht wegnehmen und platzsparend verstauen kann. Sie ist der wohl auffälligste Bestandteil einer umfassend angesetzten Modellpflege für das kleinste Modell der aktuellen Fahrtenreihe. Und dies ist bei Weitem nicht das einzig spannende Novum.

Der Reihe nach: Im Sommer 2021 hat Dufour Yachts ein neues Einsteigermodell angekündigt – den ersten Visualisierungen und Beschreibungen nach zu urteilen ein komplett neu entwickeltes Schiff als Ersatz für die Dufour 310, welche 2014 als Neuheit auf den Markt gekommen ist. Tatsächlich aber basiert der neue Typ auf dem Rumpf seines Vorgängermodells, und auch das Deck bleibt weitgehend unverändert. Was letztlich kein Fehler sein soll. Denn: Die 310, eine Konstruktion von Umberto Felci, hat sich über die Jahre ein Renommee als äußerst solides und zuverlässiges Tourenschiff mit einem durchdachten und stimmigen Konzept erarbeitet.

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Und dennoch hat Dufour konstruktiv viel am Boot geändert. So hat die Werft die doppelten Ruderblätter sowie die zwei Steuerstände aus dem Schiff verbannt und durch eine simple Pinnensteuerung mit einem sehr schlanken und tiefen Einzelruder ersetzt. Mit dem Wegfall der platzraubenden Steuerräder konnten die Duchten verlängert werden, was das Platz- und Komfortangebot sowie die Bewe­gungsfreiheit im Cockpit wesentlich erhöht.

Neues bei der Dufour 32

Neu und anders ist auch die Rigg-Geo­metrie. Anstelle des einfachen Aluminium-Masts mit einem Paar Salingen wie beim Vorgängermodell wird jetzt ein etwas höheres, modernes Rigg mit zwei stark nach achtern gepfeilten Spreizen gestellt. Auffällig daran: Das Alu-Profil wird mit ziemlich viel Mastfall (Rake) und zudem mit mehr Riggspannung und damit Vorbiegung getrimmt. So soll erreicht werden, dass das Vorstag am Wind weniger durchhängt und das Vorsegel für mehr Höhe am Wind flacher getrimmt werden kann. Dieses angesagte Riggkonzept mit viel Mast­fall ist bei reinen Fahrten­yach­ten relativ neu und wird derzeit aktuell auf kleineren Booten vermehrt umgesetzt, bei denen für den Einsatz eines weit ausgestellten Großsegels sowie aus Platzgründen im Cockpit auf ein Achterstag verzichtet werden soll. So wie jetzt auf der neuen Dufour 32 oder der Sun Odyssey 380 von Jeanneau.

In einem Punkt reduziert Dufour sein Angebot mit der Neuauflage seines Ein­steigers. Ein variabler Tiefgang wird für die neue 32er mit der Umstellung auf das Einzelruder leider nicht mehr möglich sein. Für die Dufour 310 war diese Varianz mit der Ausführung als Kielschwerter und zwei Ruderblättern noch gegeben, womit sich das Boot auch zum Trockenfallen in Tidengewässern geeignet hat. Die erhältlichen Festkiele für das neue Schiff bestehen aus Gusseisen und kommen in L-Form mit einer Ballastbombe. Der Standard-Anhang hat mit 1,90 Metern vergleichsweise viel Tiefgang, alternativ ist ein Kurzkiel mit nur 1,60 Meter Tauchtiefe und dafür mehr Ballastanteil machbar.

Die aufblasbare Badeplattform

Zurück zur schwimmenden, aufblas­baren Badeplattform: im Prinzip eine interessante, weil sehr innovative und bisher noch einzigartige Idee, die überdies gut zur Absicht von Dufour passt, das neue Schiff und dessen Konzept auf die Bedürfnisse einer jungen, aktiven und sportlichen Klientel auszurichten. Das fle­xible Floß ist technisch im Dropstitch-Verfahren wie ein SUP-Board aufgebaut, wird mit Fußpumpe oder mit einem zusätzlich erhältlichen Bordkompressor aufgeblasen und mit vorinstallierten Leinen am Heck arretiert. Das Aufholen geht ebenso leicht, weil die Plattform nur wenige Kilogramm schwer ist. Oben festgelascht, stört das Plateau beim Segeln nicht und bietet obendrein einen sicheren Heckabschluss, was sich Familiensegler mit Kindern wünschen.

Zum Baden und Spielen ist die schwimmende Plattform am Heck der absolute Hit. Zudem kann sie entlüftet an einem kleinen Ort in der Backskiste gelagert werden. Als Heckplattform und vor allem als Zugang vom Steg auf das Boot ist das Luftfloß aber gänzlich ungeeignet; es bietet keinen si­cheren Stand, außerdem ist das Anbringen einer Badeleiter daran nicht möglich. Eine feste Heckklappe wie beim Vorgänger­modell bietet Dufour für das neue Schiff ­bedauerlicherweise auch als zweite Option nicht mehr an.

Der bunte Reigen erfindungsreicher Details als zusätzliche Extras zieht sich im Cockpit weiter. Als Tisch offeriert Dufour eine schöne große Holzplatte, die auf Beinen aus Alurohr zwar wackelig steht, dafür aber als Einlegebrett zwischen die beiden Duchten passt und auf diese Weise die Plicht zu einer großen Sonnenbank konvertieren kann. Das ist in der Längenklasse eine echte Novität. Die Polster für Duchten und Liegeflächen sind gleichfalls aufblasbar und lagern bei Bedarf, ebenso platzsparend, in der Backskiste – eine prima Lösung mit viel Potenzial zur Nachahmung.

Was passiert mit der Tischplatte?

Stellt sich dennoch die Frage nach dem Verbleib der großen Tischplatte bei Nichtgebrauch oder während des Segelns. In die Backskiste passt die nicht rein, und auch zum Stauen unter Deck ist sie schlicht zu sperrig. Die etwas eigenartige Antwort der Werft dafür: Die Platte lagert ganz einfach umgedreht auf dem Plichtboden, ohne rutschfesten Belag freilich und mit den scharfkantigen Muffen für Tisch­beine nach oben. Das ist keine gute Lösung und birgt obendrein auch noch ein hohes Risiko für Verletzungen.

Die Testfahrt mit der Dufour 32

Für die Probefahrt mit der YACHT steht die Baunummer 1 zur Ver­fügung. Das Boot ist zu Testzwecken mit sämtlicher Zusatzausstattung und überdies mit dem optionalen Performance-Paket versehen. Das bedeutet: Segel-Upgrade mit hochwertiger Laminatware von Elvstrøm, Großsegel mit Squarehead, überlappende Genua statt Standard-Selbstwendefock, Holepunkte mit Feinverstellung sowie alle Beschläge zum Segeln mit zusätzlichen Raumwindtüchern. Zudem ist das Testboot mit einem rollbaren Code Zero ausgerüstet.

Bei anfangs nur leichter, später etwas auffrischender Brise zwischen 10 und 12 Knoten zeigt sich die Dufour 32 mit dem Leistungs-Booster von einer sehr sportlichen Seite. Das Schiff kommt schnell gut in Fahrt, legt hart am Wind mit einer Geschwindigkeit von 5,8 Knoten vor und wendet über einen Winkel von 90 Grad, was für die Bedingungen ganz ordentlich ist. Ab 90 Grad wahrem Windeinfall kann der A3 ausgerollt werden, was die Französin mit einer bemerkenswerten Dynamik quittiert und die Logge zwischendurch gegen 8 Knoten Speed treibt.

Wir probieren aus, die kleine Dufour einhand zu segeln. Das funktioniert mit der simplen Pinnensteuerung und eingekoppelten Autopiloten ganz ausgezeichnet. Mit dem für ein Fahrtenboot sehr schlanken und ungewöhnlich tiefen Einzelruder lässt sich das Schiff über den Pinnenausleger gefühlvoll und trotzdem ohne hohen Kraftaufwand an der Windkante lenken und reagiert unmittelbar auf die Steuerimpulse. Der Steuermann kann die Pinne zwischendurch auch mal kurz loslassen, um die Segel zu trimmen, ohne jeweils den Autopiloten bemühen zu müssen. Das Schiff segelt sehr ausgewogen und vermittelt viel sportlichen Segelspaß – kein Vergleich mit dem eher trägen Verhalten des Vorgängermodells mit zwei Rudern und zwei Steuerrädern.

Und das Handling stimmt ebenfalls. Die Genua wird über die beiden 40er- Dachwinschen getrimmt, dazu sind die fliegenden Holepunkte über Schottaljen leicht aus dem Cockpit zu bedienen. Die Großschot lässt sich wahlweise über die Dachwinsch oder sportlicher mit einer bei Bedarf zusätzlich eingeschorenen Schottalje direkt aus dem Cockpit bedienen, ebenfalls eine sehr gut funktionierende und durchdachte Anordnung.

Das System „Sail in Boom“

Auf dem Testboot ist überdies eine neuartige Installation zum Verstauen des Großsegels montiert, ähnlich Lazybags, allerdings mit festen und ebenfalls aufblasbaren Seitenteilen, die auf Wunsch zusätzlich mit Solarpaneelen belegt werden können. Das System „Sail in Boom“ wurde von Dufour exklusiv entwickelt und soll nach der Testphase beim kleinen Boot als Option auch auf die größeren Modelle der Marke übertragen werden.

Für den Innenausbau der neuen 32er hat die Werft auf die ganz großen Umstrukturierungen verzichtet. Es bleibt im Wesentlichen bei derselben Aufteilung wie beim Vorgängermodell Dufour 310 mit geringfügigen, kaum relevanten Änderungen. Auf der Strecke geblieben ist der kleine Kartentisch. Dafür ist jetzt die Salonkoje auf der Steuerbordseite bis zur Nasszelle durchgezogen und bietet sich hier als zusätzliche Koje für großgewachsene Segler an.

Die Koje im Vorschiff endet nun vor den zwei seitlich angeschlagenen Schränken und ist lediglich 1,83 Meter lang. Die flexi­ble Verlängerung der Liegefläche mit Ein­legebrettern bis zum Hauptschott wie beim Vorgängermodell wird werftseitig nicht mehr angeboten. Mehr Platz offeriert die Vorschiffskoje über die Breite. 1,54 Meter beträgt das Maß auf Höhe der Schultern, was im Vergleich großzügig ist. In der Ach­ter­kabine muss Dufour die Kojenfläche quasi um den Motorenraum herum bauen, was dem kompakten Format geschuldet ist. Die Liegefläche ist darum abgestuft und auf der Innenseite nur gerade 1,40 Meter lang. Für zwei erwachsene Personen bleibt achtern also zu wenig Platz, eine Person übernachtet hingegen komfortabel.

Punkten kann die kleine Dufour mit der Größe ihrer Nasszelle, auch im Vergleich mit der Konkurrenz. Im Bad ist für die täg­liche Toilette reichlich Platz vorhanden, das WC ist von ordentlicher Größe, und es gibt sogar eine Aufhängemöglichkeit für nasses Ölzeug sowie gut nutzbare Spiegelschränke. Eine relativ große Decksluke sorgt zudem für Durchlüftung.

Stauraum an Bord der Dufour 32

Im Salon mangelt es an gut nutzbaren Stauräumen. Dufour hat mit der Neuauf­lage seines Einsteigermodells auf die seitlich hängenden Schränke verzichtet und begründet dies mit mehr gefühltem Raumvolumen. Auch als Extra sind die seitlichen Schrankzeilen leider nicht mehr erhältlich. Größere Stauräume stehen dafür unterhalb der Sofakojen zur Verfügung, wo aber auch ein Teil der Bordtechnik (Heizung, Boiler) verbaut wird. Und für die Zugänglichkeit müssen die Sitz- und auch die Rückenpolster komplett entfernt werden. Leider ist die große Backskiste auf der Steuerbordseite nur vom Cockpit her erreichbar. Vermisst wird hier ein zweiter Zugang von innen, etwa durch eine Klappe in der Rückwand der Nasszelle.

Für den Innenausbau kann der Kunde zwischen den drei bekannten Dufour-Stilen (Boston, Europa, Millennium) mit dunklen oder hellen Holzsorten wählen. Darüber hinaus sind Polster und Bodenbretter in unterschiedlichen Farben und Materialien frei kombinierbar. Der Ausbaustandard zeugt von der Massenproduktion am Band; nicht alle ­Möbelkomponenten fügen sich passend zusammen, und die Spaltmaße sind teilweise noch recht unstimmig. Und die Bodenbretter knarren unter Belastung, was lästig ist.

Das Gesamtpaket

Die Kleine von Dufour wurde in der Saison 2022 für 127.000 Euro angeboten, was im Vergleich zu den Wettbewerbern aus den großen Produktserien zwar etwas teurer, aber immer noch konkurrenzfähig ist. Profitieren kann der Kunde aber von einer ganzen Reihe von funktional zusammengestellten Ausstattungspaketen mit attraktiven Vorteilen gegenüber den Einzeloptionen.

Unter dem Strich bietet Dufour mit seinem neuen Einsteiger ein ehrliches, geradliniges und funktionierendes Gesamtpaket. Die vielen zusätzlichen Gadgets sind spannend, machen Spaß und das Angebot für eine junge Kundschaft attraktiv. Und segeln kann die Kleine obendrein auch noch ganz ordentlich.


Dieser Artikel erschien in der YACHT-Ausgabe 03/2022 und wurde für die Online-Version überarbeitet.


Technische Daten

  • CE-Entwurfskategorie: A
  • Rumpflänge: 9,36 m
  • Gesamtlänge: 10,31 m
  • Wasserlinienlänge: 8,70 m
  • Breite: 3,31 m
  • Tiefgang/alternativ: 1,90/1,60 m
  • Masthöhe über Wasserlinie: 14,30 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigkeit: 7,2 kn
  • Gewicht: 4,9 t
  • Ballast/-anteil: 1,3 t/26 %
  • Großsegel: 34,0 m²
  • Selbstwendefock: 18,0 m²
  • Maschine (Volvo P.): 14 kW/19 PS
  • Kraftstofftank (Kunststoff): 90 l
  • Frischwassertank (Kunststoff): 160 l
  • Fäkalientank (Kunststoff): 50 l
  • Batterien (AGM): 2 x 12 V
  • Konstrukteur: Felci Yacht Design
  • Werft: Dufour Yachts, 11 rue Blaise Pascal, 17180 Perigny (Frankreich); www.dufour-yachts.com
  • Vertrieb: Internationales Händlernetz

Preis

Grundpreis ab Werft 153.802 Euro

Rumpf- und Decks­bauweise

Rumpf: GFK-Volllaminat, hergestellt in Handauflage. Vinylesterharz außen, Polyesterharz innen. Deck: GFK-Sandwich mit Schaumkern, aufgebaut mit Vakuum-Injektion (RTM). Strukturelle Bodengruppe am Rumpf anlaminiert

Decksausstattung

Zwei Winschen (Lewmar 40) auf Kajütaufbau, Fallenstopper (Spinlock XAS), Selbstwendeschiene von Lewmar, Baumniederholer mit Schotkaskade

Rigg und Segel

Aluminiummast mit zwei Salingen von Hersteller Sparcraft. Großbaum aus Aluminium. Mastfuß auf Deck. Profilvorstag mit Vorsegel-Rollanlage von Furlex

Motor und Getriebe

3-Zylinder-Einbaumaschine Volvo Penta D1-20 mit Saildrive. 2-Blatt-Festpropeller im Standard. Keine Option auf Leistungs-Upgrade

Messergebnisse

Bild 1
| Abbildungen: YACHT

YACHT-Bewertung

Gelungene Komplettüberabeitung von Dufours kleinstem Modell für Einsteiger. Mit einer Vielzahl von neuartigen, innovativen Merkmalen richtet sich das Angebot an eine junge, aktive Kundschaft. Dazu passen die sportlichen Segeleigenschaften

Konstruktion und Konzept

  • + Zahlreiche spannende Gadgets
  • + Konkurrenzfähiger Preis
  • + Robuste Bauweise
  • - Keine variablen Tiefgänge

Segelleistung und Trimm

  • + Gute Segelleistungen am Wind
  • + Hohe Formstabilität
  • + Gefühlvolles Steuern mit Pinne
  • + Einhandtaugliches Handling

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Simpler, schnörkelloser Ausbau
  • + Schöne, große Nasszelle
  • - Koje im Vorschiff relativ kurz
  • - Kaum Stauräume im Salon

Ausrüstung und Technik

  • + Rigg ohne Achterstag
  • + Ordentliche Decksausstattung
  • - Kein Staufach für Rettungsinsel
  • - Wackeliger Cockpittisch


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