Fridtjof Gunkel
· 25.03.2025
Der Mann scheint glücklich ztu sein. Kraen Nielsen, CEO von X-Yachts, strahlt noch mehr Dynamik und Zuversicht aus, als man es üblicherweise von dem Dänen kennt ; Erfolg macht fröhlich. Denn: Seine neue XR 41 kommt sehr gut an. Der Star der boot Düsseldorf konnte bis zur Leitmesse am Rhein 15 Mal verkauft werden. Heute am Testtag, wenige Wochen später, wird die Baunummer 20 unterschrieben.
Der Chef dazu: „Wir waren in der Vergangenheit recht eng positioniert mit unseren Booten: Die Performance-Modelle der Xp-Reihe, unsere Allrounder X Pure und die Fahrtenyachten Xc lagen doch recht dicht beieinander. Jetzt stellen wir uns breitbandiger auf: Die neue Xc 47 ist noch mehr Fahrtenboot und unser jüngstes Baby, die XR 41, ist noch performanter und heißer, als es eine Xp früher war. Und in der großen Mitte bleiben wir bei unserem erfolgreichen X-Pure-Programm.“
„Die XR ist heißer, als es eine Xp war. Und unsere Cruiser werden noch komfortabler.“
Mit dem neuen Projekt will X-Yachts in der noch jungen Ära nach dem Wirken ihres Gründers und Hauskonstrukteurs Niels Jeppesen zurück zu seinen Wurzeln. Die liegen im Regattasegeln auf höchstem Niveau und verschiedenen Ebenen. Yachten aus Haderslev gewannen Eintonner-Weltmeisterschaften und waren im Admiral’s Cup erfolgreich, internationale Einheitsklassen wie die X-79 und die X-99 konnten sich in der Szene durchsetzen, und in jüngster Zeit räumten immer wieder Boote des Typs X 41 auf Europa- und Weltmeisterschaften nach der führenden Vermessungsformel ORC (Offshore Racing Congress) das Silber ab.
Und diese Geschichte soll weitergehen. Die ab 2007 gebaute X-41 erhält mit der XR 41 eine Nachfolgerin, die das Potenzial auf den Sieg bei der ORC-WM in Estland mitbringt. X-Yachts schickt eine Werkscrew mit dem dänischen Segelprofi Jesper Radich als Skipper ins Rennen und kann auch auf die Leistungen versierter Kundschaft hoffen. Das in der Vergangenheit mit einer Landmark 43 erfolgreiche Team von Jens Kuphal („Intermezzo“) hat die Baunummer zwei erworben.
Für die Operation ORC-WM-Sieg gönnte sich die Werft einen selten großen Aufwand. Kraen Nielsen: „Wir haben uns 45 Jahre lang alles inhouse ausgedacht. Jetzt machen wir das anders und holen die Besten der Besten aus diesem Business zusammen.“
Das Expertenteam bestand aus Mitarbeitern von North Sails, Segelprofis wie Bouwe Bekking und Jesper Radich, ORC-Optimierer Max Gurgel aus Kiel, dem dänischen Designer und CFD-Experten Casper Nielsen und Thomas Mielec, dem Design- und Engineering-Chef bei X-Yachts. Die Gruppe hat das Konzept ersonnen, ausgearbeitet, die Konkurrenz analysiert und diverse Optimierungen für ein günstiges ORC-Rating durchgespielt. Das Ziel: schnellstes Boot in der ORC-Klasse B, um nach dem Start mit freiem Wind vor dem Feld segeln zu können und mit einem günstigen Rennwert siegfähig zu sein. Oder wie es Yacht-Optimierer Max Gurgel prägnant zusammenfasst : „Fast on water, slow on paper.“
Der Number Cruncher hat diverse Designs für den Rumpf, die Kielbombe, die Kielfinne und das Ruder durchgespielt. Das Ergebnis des intensiven Austauschs mit seinen Kollegen und X-Yachts-Mann Mielec ist ein Rumpf mit einer gleichmäßigen Volumenverteilung unter Wasser und wenig Kielsprung, einem relativ langen Überhang des fülligen, nach achtern geknickten Bugs, reversen Freibords und einem annähernd dreieckigen Spiegel. Der ist für einen guten Abriss bei rund 20 Grad Lage optimiert und berührt das Wasser ohne Lage kaum, ebenso ist die benetzte Wasserfläche sehr klein gehalten. Dazu zeigt der Heckbereich sanft hohle Linien. „Dies“, so Konstrukteur Mielec, „ist ein Resultat der Computer-Simulationen. Es reduziert die Heckwelle und sorgt für einen besseren Wasserabfluss sowie weniger Widerstand.“
Auch nackte Zahlen sprechen für gute Performance: Das Boot wiegt nur 7,14 Tonnen, davon steckt mehr als ein Drittel im Kiel. Das bedeutet eine hohe Segeltragezahl von 5,4 und mit 2,65 Tonnen Ballastgewicht einen Anteil von 37 Prozent, dies bei einem Tiefgang von 2,4 Metern.
Eine Vorgabe der Werft war die Gleitfähigkeit, das Boot sollte unter Gennaker viel Freude bereiten, selbst wenn dies einen schlechteren Rennwert bedeuten würde. Wieder spricht eine Kennziffer für das Schiff : Neben der Segeltragezahl über fünf kommt das Boot im Verhältnis von Gewicht zu Wasserlinienlänge auf einen Wert von rund 124. Somit sollte die XR 41 einfach gleiten und nicht nur surfen können; dazu benötigt es ein DSPL/LWL-Verhältnis von nicht mehr als 180.
Für das gewünscht niedrige Gewicht sorgt die Bauweise. Die XR wird im Vakuum-Infusionsverfahren gefertigt; das Verfahren steht für einen gesund niedrigen und vor allem definierten Harzanteil. Das Sandwich besteht aus hochdichtem Schaum, biaxialem E-Glass und partiell eingesetzter unidirektionaler Kohlefaser, alles verbunden mit Epoxidharz. Der X-typische Stahlrahmen trägt den Kiel und die Riggkräfte; der Rumpf dient überspitzt formuliert nur noch zum Wasserabhalten.
Neben der hochwertigen Bauweise, dem tiefen T-Kiel mit Bombe und dem serienmäßigen Carbonrigg nutzt das X-Team eine weitere Maßnahme, um das Gewicht niedrig zu halten. Mit Möbelmodulen im Cockpit und besonders unter Deck lässt sich das Boot vom Normalbetrieb in einen Race-Modus verwandeln.
Dann entnimmt die Crew die achteren Segmente der Duchten im Cockpit, wodurch sich die Genuawinschen auch ergonomischer bedienen lassen, und sie baut Teile des Interieurs aus. Das sind die Vorschiffskoje, sämtliche Schränke, die Salontische und der komplette Waschbeckenblock in der Pantry. Die Teile sind mit werkzeuglos zu bedienenden Knebelschrauben befestigt. Ist alles ausgebaut, muss das Boot immerhin 350 Kilogramm weniger Material bewegen und es gibt unter Deck mehr Platz, um Segel zu stauen sowie den Gennaker zu bergen und zu packen.
Auch unter Deck gehen die Dänen neue Wege und stellen die Performance auf Platz eins
Obendrein ist das Interieur schön leicht gebaut. Einige Schotten bestehen aus Composit, ebenso die mit Walnussholz-Imitat gefinishten Möbel. Eine weitere Besonderheit ist das Layout : Pantry und Bad liegen vorn am Hauptschott, der Salon beginnt gleich am Niedergang. Schwere Teile sind also in der Schiffsmitte platziert. Ebenso gibt es keine Tanks im Vorschiff.
Die XR 41 ist trotz aller Jagd nach weniger Gewicht ein vollwertiges Fahrtenboot unter Deck, auch wenn der Stauraum etwas knapp bemessen ist und die Achterkojen breiter ausfallen könnten. Immerhin bietet sie Annehmlichkeiten wie ein großes Bad und eine seegerechte Pantry. Die ist mit einem halbkardanischen Induktionskocher ausgestattet. Als Option ist statt eines Ofens ein Airfryer zu haben. Beides wird über das potente 24-Volt-Bordnetz mit standardmäßig 160 Amperestunden und optionalen 320 weiteren versorgt.
Und unter Segeln? Ein Traum! Wir starten ab Aarö bei klirrender Kälte und blauem Himmel, die Saison ist eröffnet, prima. Rund 12 bis 14 Knoten und eine handzahme, wenn auch recht kurze Welle schiebt das Boot mit dem genau richtigen Ruderdruck leichtfüßig gegenan. Bei um die 40 Grad am wahren Wind lassen sich Geschwindigkeiten zwischen 6,8 bis 7,2 Knoten erzielen, mit reduzierter Crew auf der Kante. Sobald die Welle harmonischer fließt, steigt der Speed sogleich um zwei, drei Zehntel an. Auch die Beschleunigung nach der Wende ist sehenswert, das Drehverhalten ebenso. Das Schiff erweist sich als steif. Und der Wasserablauf am Heck bei Lage ist eine Wonne. Die Geschwindigkeiten sind leicht abrufbar, das Steuern eine große Freude, ebenso die wie Bleche stehenden Carbonsegel von North.
Das Deckslayout tut sein Übriges. Acht auf Wunsch kräftige Winschen stehen zur Verfügung. Alle sind gut bedien-und bestens erreichbar. Der relativ weit hinten stehende serienmäßige Carbonmast von Axxon ermöglicht ein längeres J und somit größere Vorsegel. In Kombination mit dem 1,80 Meter langen Race-Bugspriet ergibt sich ein 190 Quadratmeter großer Gennaker.
Und der soll nun gerne hoch. Fast geht ein Ruck durchs Schiff, die XR 41 beschleunigt auf neun Knoten, zehn, elf, mal sehen wir heute die zwölf. Schnell verlässt die XR ihr eigenes Wellensystem und beginnt zu gleiten, ohne jegliche Wellenunterstützung. Der Bug bohrt nicht im Wasser, er hebt sich empor auf seine eigene Welle. Der lange Bugspriet erleichtert die Halsen. Das doppelte Achterstag wirft ebenfalls keine Probleme auf, kein Vergleich mit den früher verwendeten tiefer ansetzenden Backstagen, die sich gerne in der Halse am Großbaum fest-hängten und Mastbrüche provozierten.
Die Achterstagen sind vierfach untersetzt. Die vermeintlich festen Enden langen unter Deck und werden dort mit kleinen Hydraulikzylindern feinjustiert. Der am Vorstag ankommende Zug lässt sich über eine Druckdose messen und der Wert an einem der vielen MFD ablesen. Der Zylinder wird über eine elektrische Hydraulikpumpe bewegt, die ein Crewmitglied im Cockpit per Knopfdruck betätigt.
Mit diesem System trimmt die Crew auf Wunsch auch das Großsegel-Unterliek, den Rohrkicker, die Vorsegel-Holepunkte und die Vorliekstrecker von Groß und Fock. Letztere Vorrichtungen sind nötig, da die Fallen beider Segel mit Fallenschlössern nach dem Setzen arretiert werden, was Gewicht im Rigg spart und Stauchdruck vom Mast nimmt. Somit steht kein Fall zum Trimmen zur Verfügung. Alternativ zur Hydraulik lassen sich Taljen ordern. Die Genuaholepunkte sind auf Querschienen hydraulisch ein- und aus- sowie hoch- und runterfahrbar. Das optionale Hydrauliksystem funktioniert; ob es auch zuverlässig ist oder Potenzial birgt, der Crew den Tag zu ruinieren, muss sich zeigen.
Ebenso, was die neue XR 41 gegen die Konkurrenz, insbesondere die J/112E, die Italia Yachts 11.98 oder auch die altbewährte X-41, zu leisten imstande ist. Zu Letzterer drängt sich ein Vergleich auf: Die XR ist bei gleichem Gewicht einen Fuß länger, trägt zwölf Quadratmeter mehr Segelfläche und hat bei 20 Grad Krängung ein zwischen 20 und 25 Prozent größeres aufrichtendes Moment, bei einer „vergleichbar bewerteten Amwind-Geschwindigkeit nach ORC“, so Thomas Mielec.
Das Projekt klingt vielversprechend. Kraen Nielsen: „Wir haben noch nicht entschieden, ob wir später eine XR in einer anderen Größe bringen. Als Nächstes widmen wir uns einer neuen Xcruising. Die Xc 47 ist sehr gut angekommen und der Markt verlangt nach einem größeren Modell.“
X-Yachts hat einen guten Lauf, trotz der hohen Preise. Rund 650.000 Euro kostet die voll ausgestattete XR 41.
Stand 03/2025, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, lesen Sie hier!
Damit liegt sie deutlich über den bislang bewährten Yachten der Klasse und vor allem deutlich über einer gebrauchten X-41, die immer noch Siegchancen hat. Und das sei ein hausgemachtes Dilemma, wie aus der Werft zu hören ist, die Langlebigkeit und der hohe Wiederverkaufswert würden die eigenen älteren Boote zur Konkurrenz im Bootsmarkt machen. Ein Luxusproblem.
Klare Ausrichtung
Aufwendige Bauweise
Werftseitig ORC-optimiert
Herausragendes Potenzial
Gute Gleiteigenschaften
Einfach abrufbarer Speed
Sehr hohe Stabilität
Entfernbare Ausbaumodule
Sehr sauberes Finish
/(-) Reduzierter Innenraum
Handlauf an der Decke fehlt
Carbonrigg Standard
Varianten fürs Großsegel
Hochfunktionales Deckslayout
Sandwich mit Schaumkern und E-Glass/Epoxidharz-Laminat, gefertigt im Vakuum-Infusionsverfahren. Getempert und teils mit Carbon verstärkt. Ein Stahlrahmen nimmt die Kräfte des Kiels und des Riggs auf.
Für weniger Gewicht und mehr Platz lassen sich ausbauen: Schränke, Vorschiffskoje, Waschbeckenmodul Pantry, Tische, Backskisten.
Das Servicenetz arbeitet mit 24 Volt, 200 Ah sind im Standard an Bord, weitere 400 lassen sich ordern. Mit Strom betrieben wird der Induktionsherd sowie ein optionaler Airfryer, der einen Ofen ersetzt.
Optional ist eine elektrisch bedienbare Hydraulikeinheit mit Zylindern für die Backstagen, Vorliekstrecker, Groß und Genua, Genuaholepunkte und mehr zu haben.
Nach ersten Rechnungen erhält die XR 41 ein ORC-Handicap (APH, All Purpose Handicap) von 493,4.
X-Yachts, Haderslev/Dänemark, www.x-yachts.com
X-Yachts Germany, cbarth@x-yachts.de
All Purpose Handicap (APH): Beispielrennwert für das jeweilige Boot. Je kleiner der Wert, desto schneller theoretisch das Schiff, desto mehr Zeit muss es Yachten mit größerem Wert vergüten.
Die Alternative. Starker Performer aus dem Rechner von ORC-Guru Matteo Polli. Vizeweltmeisterin 2024, hinter einer Grand Soleil 44, ebenfalls von Polli. Erhältlich in zwei Versionen. APH: 525.9. Lesen Sie hier den YACHT-Test.
Die Edle. Ähnlich modern und groß wie die XR und ebenso gleitfähig, aber in Klasse A unterwegs. Exklusiv. Offenes Interieur. Extreme Profile. Mehr Racer als Cruiser. Zugang zu Nautors Regattawelt. APH: 470. Rumpflänge 13,19 m; Breite 4,25 m; Gew. 7,5 t; ab 1.011.500. Euro. Lesen Sie hier den YACHT-Test.
Die Konservative. Schmales Heck und gewohnte Rumpflinien. Vierte in der EM 2024. Nachfolgerin wird die J/36. Deutlich kleiner als die XR 41, aber in derselben Gruppe (B). APH: 526.6. YACHT-Test: Heft 20/2016.
Das Benchmark-Boot. Das 2007 in den Markt gebrachte One Design wurde nach vielen Erfolgen noch ORC-Europameister 2024. Klassischer Performance-Cruiser. Gesuchtes Gebrauchtboot. APH: 502.8. YACHT-Test: Heft 11/2007.