Sarch S8Optisch extravaganter Kompaktkreuzer im Test

Michael Good

 · 15.10.2023

Anders und viel Volumen: kantige Formen, hoher Freibord, Cockpit ohne Süll sowie ein langer und breiter Kajütaufbau
Foto: T. Stoerkle
Rumpf aus Sperrholz, harter Knickspant, innen offen: Boote der Marke Sarch sind außergewöhnlich, auch das neue Flaggschiff S8. Der Sonderling auf dem YACHT-Prüfstand

Kleine Boote sind beliebt, nicht nur weil sie günstig und simpel im Umgang sind. Klein- und Kompaktkreuzer stemmen auch einen gewichtigen Teil am Bootsmarkt als willkommene Basis für Einsteiger und als unkomplizierte Plattform einer vielschichtig ausgelegten Freizeit- und Sportgesellschaft. Allerdings wird das Marktsegment aktuell leider nicht mehr im selben Maße mit Neuzugängen bedient wie noch vor zehn Jahren und davor. Weitgehend weggebrochen sind insbesondere die oft sehr preiswerten und deshalb attraktiven Angebote der polnischen Hersteller. Die generelle Preisexplosion innerhalb der Branche fordert selbst hier ihren Tribut. Bekannt ist: Mit der seriellen Produktion von kleinen Booten lässt sich nur noch schwer Geld verdienen.

Der Umstand eröffnet gleichermaßen aber auch Chancen und Möglichkeiten für neue, junge Hersteller, welche die Lücken mit spannenden und individuellen Angeboten in kleinen Serien schließen möchten. Marken wie zum Beispiel Sarch (gesprochen „Sartsch“). Die Werft in der spanischen Kleinstadt Pego unweit von Valencia ist 2017 mit dem sehr ungewöhnlichen Kleinkreuzer-Projekt Sarch S7 auf dem Markt vorstellig geworden. Die YACHT hat den Test des unkonventionellen Bootes 2019 veröffentlicht. Danach folgte mit dem kleinen Sportboot dS6 der Linienausbau vorerst nach unten (Test YACHT 6/2020), jetzt mit dem größeren Kompaktkreuzer Sarch S8 wieder nach oben. Und so soll es auch weitergehen: Eine S10 ist in Planung und wird wohl schon bald in die Produktion gehen.

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Die Konkurrenz: handlich, bezahlbar, tourentauglich und schon seetüchtig

Die Baunummer drei der neuen S8 steht uns für einen Probeschlag in der Schweiz zur Verfügung. Der Zürichsee, nicht bekannt als besonders windsicheres Revier, wird seinem Ruf einmal mehr gerecht. Es gibt vorerst noch nicht mal einen Hauch. Zeit, um sich mit der Konstruktion und der Bauweise der Spanierin zu befassen.

Sarch baut die Rümpfe seiner Boote aus Sperrholz im Multi-Knickspant. Danach werden die Strukturen außen mit Kohlefaser und innen mit Glasfaser überzogen und das ganze Konstrukt mit Harz-Infusion unter Vakuum laminiert und verdichtet. Die Bauweise ist nicht nur ungewöhnlich, sondern auch einzigartig und verspricht darüber hinaus besonders steife Strukturen bei gleichzeitig wenig Gewicht. Das Deck ist eine herkömmliche GFK-Sandwichkonstruktion mit Schaum­kern, ebenfalls gebaut im Vakuum-Infusionsverfahren.

Sarch: auffällig und außergewöhnlich

Axel de la Hidalga heißt der Mann, der neben Werftchef Paco Pons die Produktion der Boote bei Sarch Composites betreut. Und er ist auch für deren Konstruktion verantwortlich, die genauso außergewöhnlich ist wie die Bauweise. Der Rumpf des Multi-Knickspanters zeigt nämlich einen nahezu quadratischen Spant. Der Freibord fällt über die ganze Schiffslänge und bis zur Wasserlinie lotrecht ab. Dort knicken die Rumpflinien hart, fast im rechten Winkel zu einem ex­trem flachen Unterwasserbereich ab. Von vorn betrachtet ist der Rumpf schon beinahe würfelförmig.

Auffällig ist auch der Knick im Bugsteven, der zu einem Art Markenzeichen für die Boote von Sarch geworden ist. Die Form hat konstruktiv wenig Bedeutung, kann aber die sonst klobig wirkenden Rumpflinien optisch etwas auflockern. Zu einem eher korpulenten Äußeren trägt überdies der Kajütaufbau bei, der keilförmig fast bis zur Rumpf-Außenseite reicht, ähnlich wie bei einem klassischen Backdecker.

Die S8 ist zwar einen Meter länger als ihre kleine Schwester S7, zeigt aber im Wesentlichen dieselbe Konstruktion, dasselbe Konzept, das gleiche Layout an Deck sowie auch einen fast übereinstimmenden Innenausbau. Überdies sind beide Schiffe gleich breit, nämlich 2,49 Meter, und eignen sich damit auch für den problemlosen Transport auf einem Straßentrailer. Dafür zeigt sich die Werft flexibel und baut als Option wahlweise einen Schwenkkiel oder, wie beim Testboot, einen Hubkiel an, der über einen Taljenzug und mit Hilfe der Winsch an Deck aufgeholt wird. Das funktioniert im Test einwandfrei. Allerdings schlägt der Hubkiel in aufgeholtem Zustand im Kielkasten wild hin und her. Die Werft will die Führungen deshalb nochmals anpassen.

Steuermann und Mannschaft beim Segeln gefordert

Zusammen mit den doppelten Ruderblättern, welche am Heck angehängt und ebenfalls aufholbar sind, lässt sich die Sarch S8 problemlos über die Sliprampe ein- und auswassern. Für den einfachen Transport auf dem Trailer spricht zudem das geringe Gewicht. Die Sarch S8 wiegt segelfertig nur gerade 1,2 Tonnen bei einem Ballastanteil von 27 Prozent. Damit ist sie deutlich leichter als vergleichbare Boote der Konkurrenz.

Würde sich das geringe Gewicht auch als Vorteil beim Segeln herausstellen? Um das zu klären, bietet der Zürichsee mittlerweile einen leichten Wind um sechs Knoten Geschwindigkeit (2 Beaufort), was für einen Eindruck der Segeleigenschaften knapp ausreicht. Was auffällt, ist die anfangs sehr hohe Form­stabilität des fülligen Rumpfs mit seinen scharfen und tief liegenden Kimmkanten. Allerdings ist die Konstruktion nur bis zu einer gewissen Schräglage wirklich steif, bei mehr Druck unter Gennaker nimmt das Boot dann doch schnell viel Krängung auf. Das fordert den Steuermann und die Mannschaft, die rasch reagieren müssen, damit das Schiff nicht unvermittelt aus dem Ruder läuft, was schnell passieren kann.

Die Sarch S8 ist daher ein Boot, das sehr aktiv gesegelt werden will und mit seinen agilen, lebhaften Segeleigenschaften sogar eine gewisse Sportlichkeit bietet. Zudem ist ihr geringes Gewicht mit einer erstaunlich guten Beschleunigung spürbar. Als zusätz­licher Booster sorgt der im Vergleich hohe und kräftige Segelplan mit einem oben weit ausgestellten Großsegel (Squaretopp) und einer kurz überlappenden Genua für eine gute Leistung, zudem der relativ schlanke T-Kiel mit bis zwei Meter Tiefgang und Bleibombe. Bei nur knapp zwei Windstärken schafft die S8 hart am Wind zirka 4,4 Knoten Speed, die Wendewinkel liegen bei etwa 90 Grad.

Sarch S8 hat noch Verbesserungspotenzial

Der Rudergänger hat es trotzdem nicht ganz leicht, und er braucht Kraft, um die Steuerung zu bewältigen. Denn die Pinne ist ohne Not deutlich zu kurz geraten und vermittelt deshalb nur wenig Steuergefühl. Dazu gibt es sowohl in der Steueranlage selbst als auch in den Führungen der Ruderblätter sehr viel Spiel, was unangenehm ist. Die Spanier wollen daran noch arbeiten und die Mechanik optimieren.

Und es ist noch mehr Verbesserungs­potenzial vorhanden. Die relativ hohen Relingsstützen sowie der Bug- und der Heckkorb sind auf sehr kleinen Grundplatten nur auf dem Deck aufgeschraubt. Sie stehen äußerst schwach, bieten als Festhaltemöglichkeiten keine Sicherheit und erfüllen so ihren Zweck nicht. Auch am Schiebeluk über dem seitlich versetzten Niedergang muss die Werft noch arbeiten. Die Führungen sind zu lose und der Deckel nicht arretierbar. Weil es auf dem Quasi-Backdecker seitlich kein Laufdeck gibt, ist der Gang nach vorn über den Aufbau und damit über das Schiebeluk unumgänglich. Wer nicht gut aufpasst, kann hier leicht stürzen.

Der Aluminium-Mast kommt vom Hersteller AG+ und steht an Deck. Optional ist eine Mastlegevorrichtung mit einem klappbaren Mastfuß und einem Jüttbaum vorgesehen. Die Einrichtung ist sogar im Alleingang leicht zu bedienen. Speziell ist der Bugspriet. Der Rüssel lässt sich zum Manövrieren im Hafen, für den Transport sowie zum einfachen Anschlagen eines Gennakers oder Code Zeros hochklappen, indem man das Wasserstag fiert – eine gute Idee.

Ungeahntes Platzangebot unter Deck der Sarch S8

Unter Deck überrascht die Sarch S8 mit einem ungeahnten Platzangebot. Und mit einer Stehhöhe von über 1,80 Metern in der Mitte des Salons, was für Boote dieses Formats schon sehr ungewöhnlich ist. Passend zur allgemeinen Eigenart der Sarch ist auch das Layout für den Innenausbau alles andere als konventionell. So ist die Pantry als eine lange Zeile mit großen Arbeitsflächen und vielen Stauräumen seitlich in den Salon gebaut, was sonst nur bei Schiffen von 40 Fuß Länge und mehr der Fall ist. Dafür ist der Sitzbereich auf einen kleinen etwa quadratischen Salontisch reduziert. Zwei, maximal drei Personen können daran Platz nehmen, mehr aber auch nicht. Dafür gibt es einen geräumigen und komplett abgetrennten Toilettenbereich, sogar mit Duschoption. Auch das ist ein Alleinstellungsmerkmal innerhalb der Klasse um acht Meter Rumpflänge.

Jeweils zwei Erwachsene schlafen im offenen Vorschiff oder in der achtern unter dem Cockpitboden quer eingebauten Doppelkoje sehr komfortabel und mit genügend Platz. Zudem lässt sich der kleine Salontisch absenken und die Fläche zusätzlich als Koje nutzen, etwa für ein Kind. In der Summe sind der Ausbau unter Deck und das Layout sehr spannend, weil selten und anders. Und innen ist es dank flächigen Aufbaufenstern und einer großen Decks­luke auch sehr hell, freundlich und einladend. Das gefällt.

Die Ausbauqualität lässt aber in einigen Bereichen noch zu wünschen übrig. Die Oberflächen sind partiell unschön verarbeitet, es gibt teilweise große Fugen zwischen den Komponenten. Und bei der Montage der technischen Bordinstallationen lässt sich ebenfalls viel Potenzial für Verbesserungen im Detail finden.

Der Reiz der Sarch S8 liegt in ihrem ex­travaganten Konzept, weitab vom Main­stream. Trotz seiner Eigenartigkeit funktioniert das Boot aus Spanien recht gut und noch besser, wenn die Werft die noch vorhandenen Mängel ausmerzen kann. Und auch der Preis stimmt, wenn man die gute Grundausstattung und die aufwändige Bauweise in Betracht zieht.


Die Messwerte zum Test der Sarch S8

Bild 1

Technische Daten Sarch S8

yacht/image_a3fe18b98326e94c996e6e18c0b3a4a6Foto: YACHT
  • Konstrukteur: Axel de la Hidalga
  • CE-Entwurfskategorie: B
  • Rumpflänge: 7,95 m
  • Gesamtlänge: 9,20 m
  • Wasserlinienlänge: 7,95 m
  • Breite: 2,49 m
  • Tiefgang (Hubkiel): 0,50–2,00 m
  • Masthöhe über WL: 12,50 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigk.: 6,8 kn
  • Gewicht: 1,2 t
  • Ballast/-anteil: 0,32 t/27 %
  • Großsegel: 24,3 m²
  • Rollgenua (106 %): 16,4 m²
  • Gennaker: 60,0 m²
  • Maschine (Außenborder): 8 PS
  • Batterien: 12 V/90 Ah
  • Frischwassertank (Sack): 80 l

Rumpf- und Decks­bauweise

Rumpf gebaut aus Sperrholz im Knickspant mit Verstärkungen aus Kohlefaser (außen) und Glasfaser (innen). Deck GFK-Sandwichkon­struktion mit PVC-Schaumkern, gefertigt per Vakuum-Infusion. Der Kiel besteht aus Aluminium, die Ballastbombe aus Blei

Rigg und Segel

Der Aluminium-Mast kommt vom Hersteller AG+ in Frankreich. Das Rigg steht an Deck und ist optional über eine Mastlege-Vorrichtung klappbar. Im Standard ab Werft ist ein einfacher Satz Segel aus Dacron (Groß und Rollgenua) enthalten

Motorisierung

Außenborder Benzin oder elek­trisch, Einbaudiesel oder Pod-Elektromotor. Für die Motorisierung stehen zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung. Alle Varianten sind nur optional erhältlich

Ausstattung und Preise

  • Grundpreis ab Werft: 118.900 €
  • Preis segelfertig: 124.820 €
  • Allgemeine Garantie: 2 Jahre

Stand 9/2023, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!

Werft und Vertrieb

Sarch Composites SL; 03780 Pego (Spanien); www.sarch.es


YACHT-Bewertung der Sarch S8

Kompaktkreuzer aus Spanien mit einer extravaganten Kon­struktion und einem außergewöhnlichen Konzept. Auch optisch ist das Boot sehr speziell. Preislich gemäßigt

Konstruktion und Konzept

  • + Polyvalente Ausrichtung
  • + Aufwändige, robuste Bauweise
  • - Gewöhnungsbedürftige Optik

Segelleistung und Trimm

  • + Lebhafte Segeleigenschaften
  • + Einhandtauglichkeit
  • - Kurioses Krängungsverhalten

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Hell und wohnlich innen
  • + Große, abgetrennte Nasszelle
  • - Unschönheiten beim Ausbau

Ausrüstung und Technik

  • + Gute Grundausstattung
  • + Hub- und Schwenkkiel möglich
  • - Pinne deutlich zu kurz

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