Azuree 41Hochwertiger Performance-Cruiser mit breiter Ausrichtung

Michael Good

 · 08.09.2023

Mit Ecken und Schrägen. Die Optik ist markant und spannend. Der Bugspriet dient auch als Ankerhalterung und freischwebender Tritt
Foto: YACHT/M. Strauch
Mit der Azuree 41 bringen die Yachtbauer aus der Türkei das Gute aus zwei Welten in unvergleichlicher Weise zur funktionierenden Kombination. Der Performance-Cruiser im Test

So richtig will das nicht zusam­menpassen. Einerseits liegt da ein Boot mit augenscheinlich überaus sport­licher, leistungsorientierter Grundausrichtung. Andererseits überspannt achtern ein ganz und gar unsport­liches Bimini-Sonnendach die Steuer­stände, wie es zum Beispiel bei den Fahrtenbooten in Karibik-Charter oft üblich ist. Gutes aus zwei Welten freilich, allerdings in einer etwas befremdlichen Kombination.

Auch wenn es in diesem konkreten Fall nur der Kunde so haben möchte: Die Synthese von Anforderungen an uneingeschränktes und kompromissloses Fahrten­segeln mit einer guten Portion Sportlichkeit und Leistungsstärke liegt wieder mehr im Trend. Einige Werften bemühen dafür statt der Bezeichnung Performance-Cruiser nun den Begriff Fast-Cruiser.

Die Azuree 41 kommt als Nachfolgerin der Azuree 40, mit welcher die Werft Sirena Marine 2011 Jahren auf dem Markt debütierte, damals zusammen mit der kleineren Azuree 33. Zwischenzeitlich hat die Werft die Linie mit der Azuree 46 weiter nach oben ausgebaut und sich dafür die Dienste von Konstrukteur Rob Hum­phreys gesichert. Der Brite hat in optisch starker Übereinstimmung jetzt auch die 41er gezeichnet. Die Unterschiede zeigen sich fast ausschließlich unter Deck.

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Konkurrenz der Azuree 41

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Der Test unter Segeln steht leider unter keinem guten Stern. Das Wetter in Cannes an der Côte d’Azur verspricht für den Testtag zwar viel Sonne, aber kaum Wind. Nachmittags kommt eine leichte Thermik auf, mehr als 5 Knoten Wind sind aber nicht drin. Trotzdem kann die Azuree selbst bei diesen Bedingungen bereits eine beachtliche Kostprobe ihres Leistungsvermögens abgeben.

Das mit einem Gesamtgewicht von 8,6 Tonnen nicht ausgesprochen leichte Boot setzt den wenigen Druck sofort in gute Geschwindigkeit um und kommt auch nach den Wenden zügig wieder in Fahrt. Hart am Wind werden 4,7 Knoten Speed auf einem Winkel von 45 Grad zur Windrichtung ermittelt. Sehr aussagekräftig sind diese Werte aus dem Leichtwindtest natürlich nicht. Die größere Azuree 46 mit ihrer fast identischen Rumpfform und ähnlichem Rigg-Konzept hat dagegen im Starkwindtest bei hohem Wellengang überzeugt. Die kleinere 41er wird es ihr bei mehr Wind mutmaßlich gleichtun können.

Das Steuern am Wind ist jedenfalls ein Genuss. Die fein abgestimmte Jefa-Anlage arbeitet mit getrennten Kabelzügen von den Rädern direkt auf die jeweiligen Quadranten, welche unter Deck wiederum mit einer Schubstange verbunden sind. Diese Installation ist zwar aufwändig und kostenintensiv, sorgt aber dank der sehr kurzen Ansteue­rungen für sehr viel Gefühl am Rad.

Dazu ist die Anlage doppelt sicher, weil die Kabelzüge getrennt sind. Sollte eine der Steuereinheiten ausfallen, lässt sich das Boot immer noch uneingeschränkt vom zweiten Rad aus dirigieren. Obendrein ist die gesamte Steueranlage durch die Achterkabinen sehr gut zugänglich. Gerade bei Booten mit doppelten Rudern muss die Anstellung der Steuerflossen für eine optimale Performance wiederholt geprüft und gegebenenfalls neu eingestellt werden.

Viel Umlenkung, viel Friktion

Das Layout im Cockpit entspricht der vielfach bewährten Anordnung für sportliche Yachten dieser Art. Die Fallen und Trimm­leinen werden seitlich an den Niedergang geführt und dort über Batterien von Fallenstoppern abgeklemmt. Für die Groß- und Genuaschot stehen auf dem Cockpitsüll primäre und sekundäre Schotwinschen zur Verfügung. Die meist unter Deck geführten Leinen sind wegen der vielen Umlenkungen und der zusätzlichen Reibung in den Ka­nälen aber oft schwergängig. Vor allem die Großschot klemmt und muss beim Fieren von Hand nachgezogen werden.

Klar, das Bimini-Dach über dem Steuercockpit muss man nicht haben, es schützt den Steuermann aber trotzdem gut gegen Sonne oder Regen. Ebenfalls ein Extra sind die flexiblen Steuermannssitze im Heck. Diese lassen sich abbauen und können am Steg verbleiben. Insgesamt 1500 Liter Inhalt misst die große Segellast im Vorschiff. Hier können Raumwindsegel wie Gennaker oder Code Zero lagern, dazu Fender und Fest­macher. Der vom Ankerkasten separierte Segelstauraum im Bug ist ungewöhnlich für ein Boot dieser Größe, aber auch äußerst willkommen. Denn die Backskisten im Cockpit fallen wegen der Achterkabinen darunter recht flach aus.

Das Zweisalings-Rigg von Seldén ist durchgesteckt und steht auf der sehr solide ausgeführten Bodengruppe. Wie schon das Deck und der Rumpf ist auch sie im Vakuum-Infusionsverfahren mit Vinylesterharz gebaut. Zusätzliche Verstärkungen aus Kohlefaser laminiert die Werft im erweiterten Bereich von Kielflansch und Wantenaufnahmen ein. Die Püttingplatten sind außen an den Rumpf gebolzt.

Zweites Bad nur als Option

Für den Innenausbau kann der Kunde wählen zwischen heller Eiche (Standard), dem gleichmäßig gemaserten Mahagoni oder dem eher dunklen und unruhig strukturierten Walnussholz. Die Güte der Verarbeitung und die Qualität des Handwerks sind bemerkenswert, und dies bis ins kleinste Detail. Bei Sirena Marine werden nicht nur alle GFK-Teile inklusive Rumpf und Deck im Haus gebaut, sondern auch das komplette Interieur von A bis Z.

Bei der Aufteilung unter Deck bleibt es bei zwei identisch großen Achterkabinen und einer Vorschiffskabine. Das Standardlayout sieht nur eine Nasszelle im Vorschiff vor. Ein zweites Bad, wie sonst in der Längenklasse üblich, gibt es nur gegen Aufpreis. Zudem fallen die Toilettenräume recht klein aus.

Im Vorschiff ist die Koje seitlich längs eingebaut, was prima ist, wenn man dort allein schläft – zu zweit wird es doch etwas eng: Die Liegefläche ist auf Höhe der Schultern gerade mal 1,25 Meter breit. Als Alter­native dazu bietet die Werft eine breitere Koje in Dreiecksform an.

In den Achterkabinen sind die Kojen mit einer Breite von 1,28 Metern ebenfalls zu schmal für zwei Erwachsene. Grund dafür ist der 70 Zentimeter breite Servicekanal zwischen den beiden Kammern. Neben der Yanmar-Einbaumaschine, dem Boiler, der Heizung und den elektrischen Installationen hätte dort auch ein Generator Platz. Die technischen Einbauten sind durch die Achterkabinen zudem leicht erreichbar.

Gewollte Abgrenzung

Eine weitere Besonderheit der Azuree 41 ist die lange, seitlich installierte Küchenzeile im Salon. Dieses Arrangement ist zwar generell etwas aus der Mode gekommen, findet aber immer noch seine Freunde und Anhänger, insbesondere bei Eignerschiffen und im Fahrtenbereich. Auf Performance-Booten dagegen ist die lange Pantry selten. So ge­sehen kann die Azuree 41 im Konkurrenz­umfeld mit einem weiteren Alleinstellungsmerkmal punkten. Der Vorteil der Küchenzeile sind ihre große Arbeitsfläche und die vielen, gut zugänglichen Stauräume. Ge­opfert werden muss dafür das sonst übliche zweite Salon-Sofa. Bei einer Vollbelegung aller Kabinen mit insgesamt sechs Personen würde es zum Essen am Salontisch recht eng werden.

Der Preis für die Azuree 41 ist im Vergleich mit dem Wettbewerb attraktiv, vor allem, wenn man sich an den Basispreisen orientiert: Gut 220000 Euro kostet das Schiff ab Werft. Wie in der Klasse der Performance- Boote gängig, sind die Segel nicht mit dabei. Der Deutschland-Vertrieb von Nordic Yachting in Neustadt rechnet für die einfache Garderobe (Groß und Genua) Mehrkosten von mindestens 11000 Euro vor, je nach Qualität und Ausführung.

Käufer mit einem hohen Anspruch ans Fahrtensegeln müssen sich zudem Annehmlichkeiten wie etwa die klappbare Badeplattform oder den Cockpittisch dazukaufen.

Die Azuree 41 bietet dank ihrer vielen Besonderheiten und Exklusivität eine wohltuende Abgrenzung zum übrigen Markt­angebot im Bereich von sportlichen Tourenschiffen. Der Kompromiss ist sehr spannend, weil selten.

Die Messwerte zum Test der Azuree 41

Bild 1

Die Azuree 41 im Detail

Sportliche Attitüde: Hoher Mast, T-Kiel und zwei Ruderblätter. Der Bugspriet ist eine Option, die zweite Nasszelle auch | Zeichnung: N. CampeSportliche Attitüde: Hoher Mast, T-Kiel und zwei Ruderblätter. Der Bugspriet ist eine Option, die zweite Nasszelle auch | Zeichnung: N. Campe

Technische Daten der Azuree 41

  • Konstrukteur: Rob Humphreys
  • CE-Entwurfskategorie: A
  • Rumpflänge: 12,50 m
  • Breite: 3,93 m
  • Tiefgang/alternativ: 2,40/2,00 m
  • Gewicht: 8,6 t
  • Ballast/-anteil: 3,14 t/37 %
  • Großsegel: 55,8 m2
  • Rollgenua (106 %): 44,2 m2
  • Maschine (Yanmar): 29 kW/39 PS

Rumpf- und Decks­bauweise

GFK-Sandwich mit PVC-Schaumkern und Vinylesterharz. Gebaut im Vakuum-Infusionsverfahren

Preis und Ausstattung

  • Grundpreis ab Werft: 235.620 Euro ohne Segel
  • Garantie/gegen Osmose: 2/2 Jahre

Preise Stand 09/2023, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!

Werft

Sirena Marine, Orhangazi-Bursa (Türkei); https://sirenamarine.com.tr/azuree/

Vertrieb

YACHT-Bewertung der Azuree 41

Schicker und leistungsstarker Per­formance-Cruiser aus der Türkei mit einer sehr breiten Ausrichtung. Sehr schön und hochwertig gebaut, vor allem unter Deck. Innenlayout mit langer Küchenzeile seitlich. Ansprechender Basispreis

Konstruktion und Konzept

  • + Gelungener Kompromiss
  • + Solide, hochwertige Bauausführung
  • + Segellast im Vorschiff

Segelleistung und Trimm

  • + Agile Segeleigenschaften
  • + Gut abgestimmte Ruderanlage

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Handwerklich schöne Ausbauarbeit
  • - Zweite Nasszelle nur als Option
  • - Schmale Kojen vorn und achtern

Ausrüstung und Technik

  • + Gute Grundausstattung
  • + Lenkmechanik sehr gut erreichbar
  • - Badeplattform nur als Extra

Dieser Artikel erschien erstmals in YACHT 02/2017 und wurde für diese Online-Version überarbeitet.

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