PorträtÉric Tabarly, König der Herzen. Er starb vor 25 Jahren

YACHT-Redaktion

 · 30.09.2023

Segelikone Éric Tabarly
Foto: Yacht-Archiv/A. Black
Éric Tabarly, einer der größten Segler der Geschichte, starb vor 25 Jahren auf furchtbar banale Weise den Seemannstod. Sein Mythos aber lebt fort

von Volker J. Bürck

In der Nacht vom 12. auf den 13. Juni 1998 ging Éric Tabarly bei einem tragischen Unfall auf dem vielleicht schönsten seiner Schiffe über Bord, dem 1898 von William Fife III. jr. entworfenen Gaffelkutter „Pen Duick“. Bei einem Allerweltsmanöver. So unfassbar banal! Die See holte einen der unstreitig bedeutsamsten Segler der Geschichte nicht beim Rennen am Kap Hoorn oder beim Sturm im Südpolarmeer, sondern auf einem ganz gewöhnlichen Überführungstörn mit Freunden. Éric Tabarly ertrank nahe der südwalisischen Stadt Milford Haven in der Keltischen See.

Sein Unfall erschütterte die Nation. Das staatliche Fernsehen unterbrach sogar die Live-Übertragungen der laufenden Fußballweltmeisterschaft und brachte Sondersendungen über den Stand der Suche. Politiker wie der damalige Staatspräsident Jacques Chirac oder Premierminister Lionel Jospin würdigten in bewegenden Ansprachen die außergewöhnlichen Verdienste Tabarlys. Das Land verfiel in kollektive Trauer.

Auch 25 Jahre danach ist der kantige Bretone nicht vergessen. Und sie haben ihm ein würdiges Denkmal gesetzt. Im April 2008, rechtzeitig zum zehnten Jahrestag der Tragödie, eröffnete im südbretonischen Lorient die „Cité de la Voile Éric Tabarly“. In dieser als modernes Erlebnismuseum konzipierten „Stadt des Segelns“ bestaunten Besucher Tabarlys maritimes Erbe, eindrucksvoll dargestellt mit Hilfe von multi­medial aufbereitetem Doku-Material. Und außerhalb des futuristischen, direkt am Wasser gelegenen Museumsbaus liegt am eigens eingerichteten Ponton fast immer eine seiner Yachten mit dem magischen Namen „Pen Duick“.

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Tabarly wächst in das Segeln hinein

Nach Lorient war Tabarly auf Umwegen gelangt, mit 32 Jahren. Seine seglerische Initiation hatte der 1931 in Nantes Geborene schon im Kindesalter auf der Familienyacht „Annie“ erhalten. „Ich kann nicht sagen, wann genau“, schreibt er in seinen 1997 erschienenen Lebenserinnerungen „Mémoires du Large“. Das älteste erhaltene Foto zeigt ihn im Alter von drei Jahren im Strampelanzug an der Pinne der kleinen Holzyacht. Bei den Tabarlys wird gesegelt. Der Patenonkel besitzt eine Internationale Meterklasse, der Vater gehört im Vorkriegsfrankreich zu den wenigen Bürgern der Mittelklasse, die mit eigenem Boot an der bretonischen Küste Regatten segeln. Éric wächst auf ganz natürliche Weise in diese Welt hinein.

An Bord der neuen väterlichen Yacht „Pen Duick“ entwickelt sich kurz vor dem Zweiten Weltkrieg dann das, was Tabarly selbst als „lebenslange Liebesbeziehung“ bezeichnet. Als sein Vater ab 1947 angesichts der schlechten Finanzlage nach dem Krieg einen Verkauf des in den Vorjahren arg in Mitleidenschaft gezogenen 54 Jahre alten Boots erwägt, will der Junior die schlanke Fife-Yacht mit allen Mitteln erhalten. An der Art, wie er diese Aufgabe angeht und schließlich bewältigt, werden seine herausragenden Charakterzüge sichtbar: eisenharter Wille, gepaart mit Opfer­bereitschaft und unbedingter Zielstrebigkeit.

Tabarly will die Familienyacht retten

Als Tabarly 1952 Besitzer der „Pen Duick“ wird – der 13., wie ihm der Vater beim Notar augenzwinkernd mitteilt –, ordnet er sofort seine Berufswünsche dem Ziel der Rettung des Boots unter. Er gibt seinen Plan auf, mit der Kriegsmarine zur See zu fahren, und mustert stattdessen ohne zu zögern bei den Marinefliegern an – weil „es dafür eine ganze Stange mehr Sold gab“, wie er schreibt. Er braucht es. Nicht für sich, nur für sein Schiff.

Während einer knochenharten Grundausbildung im damals noch französischen Khouribga – in Marokko nahe Casablanca gelegen – hortet er jeden nicht benötigten Franc für die spätere Restaurierung seines „schwimmenden Holzhaufens“. Nach bestandener Pilotenprüfung fliegt Tabarly 1954 in Vietnam für doppelten Sold während der letzten Kriegseinsätze im Indochinakonflikt, gibt auch dort „kaum Geld aus“, sondern bereitet sich „im stickigen Saigon“ auf seine Eingangsprüfung als Offiziersanwärter an der Marineschule Brest vor, wohin er 1956 zurückkehrt.

Endlich ist so viel Geld zusammen, dass Tabarly mit den Arbeiten am Schiff beginnen kann. Er geht damit zu Freunden nach Trinité-sur-Mer, zu den Werftbesitzern Nino und Gilles Constantini, mit denen er in der Jugend oft zusammen gesegelt hat. Die alte Rennyacht befindet sich in jämmerlichem Zustand. Als sie zum ersten Mal seit Jahren am Kran aus dem Wasser kommt, wird das ganze Ausmaß der Schäden sichtbar. Balkweger, Decksbalken und Kimmstringer sind durchgefault, im Unterwasserschiff ist der Sponungsbereich ebenfalls morsch geworden. Constantini sagt es Tabarly ins Gesicht: „Dein Schiff ist hinüber!“

Dessen Reaktion auf dieses vernichtende Urteil ist ebenfalls charakteristisch. Erstens: Ein Tabarly gibt niemals auf. Zweitens: Ein Tabarly hat immer den Mut zu ungewöhnlichen Lösungen.

Tabarly fertigt eine Kopie an

Er schlägt dem Schiffsbauer vor, den vergammelten Rumpf als Positivform zu nutzen, um darauf einen neuen Rumpf aus GFK zu laminieren. Gilles Constantini stimmt zu. Zwei Jahre später ist es vollbracht. Die Polyesterhülle wird zum neuen Rumpf, unzählige Wochenenden und Urlaube hat Tabarly am Boot gewerkelt, mit der großen Flex im Glasfiberstaub geschuftet, bis zum Oberkörper im brackigen Hafenwasser stehend auf den umgedrehten Holzrumpf Glasfasermatten auflaminiert. Und dabei seine gesamten Ersparnisse aufgebraucht. Als Resultat seiner Mühen hat er Anfang 1959 zum ersten Mal ein eigenes seetüchtiges und schnelles Schiff in Händen. Jetzt hätte Tabarly sich damit begnügen können, die bei der Restaurierung angefallenen Schulden mit dem Gehalt aus dem sicheren Militärjob zurückzuzahlen und als sehr athletischer, instinktsicherer und reviererfahrener Segler mit der alten neuen Yacht Sommer für Sommer in der Gaffelszene das Silber abzuräumen. Dann wäre die Geschichte hier zu Ende.

Tabarly wäre damit immer noch ein bemerkenswerter Segler gewesen, einer der Ersten in Frankreich, die sich intensiv um alte Yachten kümmern und dabei bereit sind, neue Wege zu gehen. Zunächst sieht es denn auch so aus, als ob er mit dem Erreichten zufrieden sei.

Vom Offizier zum Segel-„Profi“

Als er aber im Juni 1962 in einem Segelmagazin die Ausschreibung zum zweiten Transat, der britischen Einhandregatta, entdeckt, ändert Tabarly seinen Lebensweg und erwirkt eine Versetzung nach Lorient. „Éric kam zum ersten Mal im September 1963 hier zu mir nach Armor-Plage (bei Lorient, d. Red.), in Begleitung von Gilles Constantini, der mich ihm empfohlen hatte. Er steckte damals schon voll in seinem ,Pen Duick II‘-Projekt“, erinnert sich Victor Tonnerre, Tabarlys ehemaliger Segelmacher. Tonnerre, in der Rigg- und Segelmacherei des Vaters für den Regattabereich zuständig, ist von Tabarlys Fachkenntnissen und Zielstrebigkeit überrascht. „Er hatte ungefähr zehn verschiedene Segelsets, alle etwas unterdimensioniert, für die Ketsch geplant und sich genauestens überlegt, wie sie am besten einhand zu bedienen wären“, sagt er.

Tabarly weiß ganz genau, wie seine Einhandyacht für Ozeanrennen auszusehen hat. So sind etwa kleinere Segel für den Solisten leichter zu wechseln, zu reffen, zu fieren und zu holen. „Vielleicht war er einer der Ersten, der ein für ein einziges Rennen, eine einzige Route optimiertes Schiff entwirft“, sagt Tonnerre. Heute ist das gängige Praxis. Tabarlys Grundüberlegung ist, dass eine Einhandyacht in Leichtbauweise entstehen muss. Leicht genug, um schon mit wenig Segelfläche schnell zu sein. Seine 13,60 Meter lange „Pen Duick II“ wiegt mit 6,5 Tonnen nur die Hälfte der einen Meter kürzeren „Gipsy Moth“ von Englands Segelstar Francis Chichester.

Éric erfindet neue Details

Auch das Handling der Yacht auf See muss auf den Einhandbetrieb abgestimmt sein. Schon für die Sperrholzketsch findet Tabarly Detaillösungen, die er teilweise auf späteren „Pen Duick“-Yachten übernimmt: ein kleiner, kardanisch aufgehängter Tisch für die Kartenarbeit bei starkem Seegang, ein alter Harley-Davidson-Sitz fürs Kochen, eine aus einem Jagdbomber ausgebaute Plexiglaskuppel, die besonders nachts eine schnelle Segelkontrolle erlaubt, ohne dafür an Deck zu müssen.

Viele dieser „Erfindungen“ entstammten einer profunden, schon in jungen Jahren in zahlreichen Regatten und Sturmfahrten gewonnenen Seemannschaft sowie seiner fast enzyklopädischen Kenntnis weltweiter Bootsbaukunst. „Vom polynesischen Ausleger bis zum amerikanischen Sandbagger kannte Éric viele Konstruktionen im Detail. Er sammelte Segelmagazine, kopierte aus Büchern, archivierte … Bis er dann eines Tages aus diesem großen Haufen genau das hervorzog, was ihm zur Lösung seines aktuellen Problems geeignet erschien“, sagt Gérard Petipas, von 1967 an zunächst Navigator, später Geschäftspartner und lebenslang enger Freund. „Er war mehr genialer Kombinierer als Erfinder im eigentlichen Sinn.“

Tabarly ist auch begeisterter Sportler

Ein perfekt ausgerüstetes Schiff allein ist für Tabarly aber noch keine Garantie für den Sieg. „Auf einer solchen Regatta (offshore einhand, d. Red.) ist die physische Leistungsfähigkeit eine Grundvoraussetzung“, schreibt er in seinen Erinnerungen. Von Haus aus bringt der wuchtige Bretone mit der Figur eines Kunstturners schon einiges mit. Außerdem nutzt er beim Militär die zahlreichen Sportgelegenheiten wie ein Besessener: 400-Meter-Lauf und Kraftsport werden zu seinen Lieblingsbeschäftigungen.

Und er härtet sich extrem ab. „Wenn wir Ende November noch vor Quiberon und Belle Ile bis spät abends draußen waren, hatte ich schon meist eine Jacke über meinen zweiten Pulli gezogen. Éric dagegen stand im Ringelpulli da wie ein Granitblock“, sagt sein Jugendfreund Michel Vanek. Und Jean Michel Barrault, einer der bekanntesten Yachtjournalisten Frankreichs, schildert, wie er Tabarly im Winter 1963/64 bei Frost lediglich mit Hemd und leichtem Jackett bekleidet vor einem Restaurant am Meer antraf: „Er sagte es nicht, aber ich wusste, er trainierte hier schon für die eisige Kälte, die ihn vor Neufundland erwarten würde.“

Éric wird zur Segelikone

Am 19. Juni 1964 verblüfft der 34-jährige, bis dahin international völlig unbekannte Franzose dann die Segelwelt. Seine „Pen Duick II“ erreicht mit drei Tagen Vorsprung vor Chichesters „Gipsy Moth“ die Ziellinie vor Newport und gewinnt die zweite Auflage des Transat.

Einige hatten das geahnt, etwa der Kapitän zur See DeKerviler, den es schon beim Auslaufen in Plymouth verblüfft hatte, wie „spielend leicht“ Tabarly sein Schiff mit gesetztem 80-Quadratmeter-Spi beherrschte. DeKerviler hatte, als Leiter der Marinesportabteilung, ihm zuvor die Versetzung nach Tunesien erspart und ihm eine Stelle in Lorient bewilligt.

Frankreich steht Kopf. Endlich gibt es einen Landsmann, der es den Engländern in Sachen Hochseesegeln gezeigt hat. Durch seinen Sieg bleiben Tabarly neben frischem Ruhm zwar vor allem frische Schulden, doch er ist wie infiziert, findet Gefallen an seinem „Doppelleben“ als Marineoffizier und Rennsegler. Jetzt beginnt seine vielleicht produktivste Schaffensphase.

Tabarly arbeitet wie besessen

Unermüdlich auf der Suche nach neuen Rennkonzepten, verwirklicht er in einem atemberaubenden Rhythmus zwischen 1967 und 1969 drei neue Boote, die in Frankreich Yachtgeschichte schreiben werden. „Vor allem mit dem Trimaran ‚Pen Duick IV‘ hat er der Segelwelt 1968 etwas völlig Neues präsentiert“, erzählt Victor Tonnerre.

Angeblich soll Tabarly schon 1966 die Idee zu einem Dreirumpfer gekommen sein. Er habe als Erster begriffen, dass Booten, die mit minimal benetzter Wasserfläche nicht durch Ballast, sondern durch Breite ihre Stabilität behalten, die Zukunft auf dem Wasser gehöre, schreibt die französische Segelpresse. „Auch den Spi-Strumpf, seine vielleicht bekannteste Erfindung, probierten wir zuerst auf der ,Pen Duick IV‘ aus. Denn Éric wusste, dass er sich auf diesem Boot allein auf See ganz anders bewegen musste als auf einem Einrumpfboot“, sagt Tonnerre, der von Anfang an dabei war, als Tabarly mit Metallringen und Ballonseide experimentierte, um etwas zusammenzubasteln, das das kontrollierte Setzen oder Bergen seines Spis vom Cockpit aus ermöglichte. Auch das ist heute eine Selbstverständlichkeit.

Am Start zum dritten Transat 1968 sieht Tabarlys von der Konkurrenz als „Sea Spider“, Seespinne, tituliertes Dreirumpfgeschoss aus Alu dann zwar verwegen aus, versagt aber schon zu Beginn, als es aufgrund einer fehlerhaften Steuerung im Ärmelkanal mit einem Frachter kollidiert. „Es ist merkwürdig“, sagt Victor Tonnerre. „Zwar wird die ,PD IV‘ immer als Meilenstein zitiert, sportlich war sie aber anfangs erfolglos, im Gegensatz zur Vorgängerin ,Pen Duick III‘.“

Tonnerre war seinerzeit für die riesige, hochgeschnittene Genua und das durchgelattete Groß des ebenfalls aus Alu im Mai 1967 fertiggestellten 17,45-Meter-Schoners verantwortlich. Mit dem Zweimaster, der als erstes seiner Schiffe einer internationalen Vermessungsformel (RORC) entspricht, beherrscht Tabarly in den Folgejahren den weltweiten Regattazirkus nach Belieben. Nicht allein, sondern mit Crew. „Wie uns die Australier nach dem Sydney–Hobart gratulierten, machte uns unheimlich stolz, denn diese Burschen genossen damals in Seglerkreisen einen fast mythischen Status“, erinnert sich Michel Vanek, der Anfang 1968 zur achtköpfigen Stammbesatzung gehörte.

Tabarly vermittelt Segelsport

Zeitlebens war Tabarly bestrebt, Kindern und Jugendlichen den Zauber des Segelns nahezubringen, ganz wie es der Vater bei ihm getan hatte. Sein Neffe Charles Vieillard-Baron etwa durfte schon als Achtjähriger mitsegeln und erlebte 1981/82 auf der in „Euromarché“ umgetauften „Pen Duick VI“ die Weltregatta Whitbread, das heutige Volvo Ocean Race.

Er war ein großartiger Mentor. Einige seiner Eleven sind später als „Generation Tabarly“ in die Geschichte ihres Sports eingegangen. „Éric hat nie jemandem das Segeln beigebracht, aber eine ganze Generation von Seglern geprägt“, sagt Olivier de Kersauson, neben Loïck Peyron, Titouan Lamazou, Jean LeCam und Marc Pajot einer der bekanntesten einstigen Mitsegler Tabarlys.

1969 nimmt sich der von seiner Crew liebevoll „Pépé“ getaufte Skipper dann noch einmal eine Auszeit und gewinnt einhand mit der ebenfalls in Lorient gebauten 35-Fuß-Slup „Pen Duick V“ im Pazifik die Regatta Los Angeles–Tokio, unter anderem gegen den Deutschen Klaus Hehner auf seiner „Tina“. Das laut Tabarly „federleichte“ Boot hat erstmals zwei je 500 Liter fassende Wasserballasttanks an Bord und nimmt mit seinem ultraflachen Rumpf die Entwicklung der später nachfolgenden Open-60-Monos 25 Jahre vorweg – die nächste Pioniertat.

Tabarly hat nicht immer Erfolg

Doch dem zwischen 1969 und 1972 mit allen drei Booten segelnden Tabarly gelingt nicht jedes Projekt. Neue Vorhaben drohen am – allen sportlichen Erfolgen zum Trotz – chronischen Geldmangel zu scheitern. Fast unfreiwillig wird er so zusammen mit Gérard Petipas zum Erfinder des Yachtsponsorings, als er, stets auf der Suche nach Mitteln für den Bau immer teurerer Rennyachten, irgendwann anfängt, seinen Namen zu vermarkten und die Boote durch ihre Geldgeber bewerben zu lassen. Mit dem neuen Geld entsteht 1973 sein bislang größtes Schiff, der 22,25 Meter lange Zweimaster „Pen Duick VI“.

Mit diesem ersten französischen Maxi gibt es neben glanzvollen Siegesserien auch bittere Niederlagen. Auf dem ersten Whitbread Round the World Race 1973 vor Rio und Sydney zweimal entmastet, muss Tabarly aufgeben. Für einen Mann mit seiner Mentalität fast unerträglich. Aber auf demselben Schiff erlangt er drei Jahre später endgültig Legendenstatus. Erneut einhand, erneut bei einem Transat, taucht der zwischenzeitlich als vermisst geltende Tabarly mit defektem Funk, ausgefallener Selbststeuerung und drei Nächten ohne Schlaf am 29. Juni 1976 aus dem Nebel vor Newport auf – als Sieger! Hunderttausende feiern ihn nach seiner Rückkehr beim Autokorso auf den Champs-Elysées.

In der nachfolgenden Dekade stellt er zwar 1980 mit der „Paul Ricard“ in zehn Tagen und fünf Stunden einen fantastischen Transatlantikrekord auf, doch allzu oft bleiben sportliche Erfolge sowohl mit diesem Tragflächen-Trimaran (später „Côte d’Or II“) als auch dem Orma-Tri „Bottin Entreprise“ aus – technische Probleme, Kenterungen, man sieht es dem berühmtesten lebenden Segler nach. Auch auf Einrumpfyachten wie „La Poste“ (1994) bleiben ihm die ganz großen Siege verwehrt. Seglerisch scheint Tabarlys Stern im Sinken begriffen, aber im Oktober 1997 straft er noch einmal alle Kritiker Lügen. Er gewinnt, 66 Jahre alt, zusammen mit Yves Parlier das Transat en double von Le Havre nach Cartagena in Kolumbien.

Wohl auch deshalb freut sich im Juni 1998 ganz Segel-Frankreich, als „Pépé“ zum 100. seiner Ur-„Pen Duick“ zur großen Fete in die Bretagne lädt. Aus ganz Europa kommen Yachten in die Bucht von Benodet. Hier besitzt Tabarly inzwischen ein altes bretonisches Bauernhaus, in dem er mit Frau Jacqueline und Tochter Marie seit Anfang der Neunziger lebt. Kurz nach dem Fest bricht er nach Fairlie in Schottland auf, um seine Yacht erneut, diesmal im Kreise von anderen Fife-Eignern, bei der dortigen Celebration Week zu feiern.

An diesem Ziel ist er nie angekommen. Viel zu früh habe ihn die See geholt, wie Charles Vieillard-Baron sagt. „Éric war endlich an einem Punkt angelangt, wo Geldbeschaffung nicht mehr im Vordergrund stand. Er hatte noch so viel vor. Einer seiner größten Wünsche war es, auf seinen restaurierten Schiffen jungen Leuten die Möglichkeit zu geben, von seinen Erfahrungen zu profitieren.“

Mit dem Museum und mit dem Einsatz seiner Originalyachten als Schulschiffe haben andere diese Pläne für ihn verwirklicht. Tabarly, seine Ideen und Ideale bleiben unvergessen.


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